Wirtschaft + Weiterbildung 6/2020

R wirtschaft + weiterbildung 06_2020 33 Eckdaten können wir bei unseren strate- gischen Planungen bauen?“ zunehmend klären und sich aufgrund des verbesser- ten Wissensstands zum Beispiel ein gro- ßer Teil der obigen Fragen mit einer rela- tiven Sicherheit beantworten lässt. Auch deshalb können die Entscheider in den Unternehmen bei der Strategieentwick- lung und Maßnahmenplanung zurzeit nur agil agieren. Sie können sozusagen so lange nur auf Sicht fahren, bis der Nebel sich verzogen oder zumindest gelichtet hat. Bei der Strategieentwicklung mit der Szenariotechnik werden in der Regel mehrere Phasen unterschieden. Die typi- schen seien nachfolgend kurz beschrie- ben. Die 6 Schritte der Strategie- entwicklung mit Szenarien Schritt 1: Aufgaben-/Problemanalyse; Zieldefinition Im ersten Schritt werden der Untersu- chungsgegenstand beschrieben sowie ein vorläufiges Ziel der Strategiearbeit definiert. Also zum Beispiel: „Wir wollen eine Strategie formulieren, wie unser Un- ternehmen gestärkt aus der Krise hervor- geht und langfristig erfolgreich in seinem Markt agiert.“ Danach wird konkretisiert, was die Vokabeln „gestärkt“, „langfristig“ und „erfolgreich“ heißen. Anschließend werden die Faktoren ermittelt, die den Markt des Unternehmens und dessen Erfolg beeinflussen. Das Ergebnis dieser Phase sind eine konkrete Aufgaben- und Zielbeschreibung sowie Auflistung der Einflussfaktoren. Schritt 2: Analyse der Einflussfaktoren und deren Wechselwirkungen Nun wird untersucht, wie die Einflussfak- toren zusammenhängen und sich wech- selseitig beeinflussen. Dies kann in Form einer Vernetzungstabelle geschehen. In ihr werden die Einflussfaktoren einander gegenübergestellt. Danach wird analy- siert, welchen Einfluss die einzelnen Fak- toren aufeinander haben (keine, mittlere oder hohe Wirkung) – zum Beispiel: Wie wirkt sich eine erschwerte Beschaffung aufgrund höherer Handelsbarrieren auf unsere Produktivität und unsere Preise und diese wiederum auf unseren Umsatz und Gewinn aus? Danach werden die Ein- flussfaktoren gemäß ihrer Relevanz für das Erreichen des übergeordneten Ziels gerankt. Das Ergebnis dieser Phase ist eine Übersicht über die Einflussfaktoren und deren Wechselwirkungen sowie ihre Relevanz für das Erreichen der Unterneh- mensziele. Dies verhindert, dass wich- tige Einflussfaktoren vergessen werden. Zudem ermöglicht es, sich bei der weite- ren Strategiearbeit auf die relevantesten Einflussfaktoren zu fokussieren. Dies beugt gerade in so diffusen Situationen wie der aktuellen einem Sich-verzetteln vor. Schritt 3: Ermittlung möglicher Szenarien Diese Aufgabe wird momentan dadurch erschwert, dass in der aktuellen Situation vieles im Bereich des Möglichen liegt, was vor der Krise unmöglich schien. So zum Beispiel, dass Staaten aufgrund der „Systemrelevanz“ gewisser Güter einen generellen Import-Stopp von diesen be- schließen und diese künftig selbst pro- duzieren. Oder dass ganze Märkte wie die Touristikbranche über Jahre zusam- menbrechen. Oder dass der Nachschub Szenariotrichter in normalen Zeiten Grafik 1. Ein Szenario kann sich in „normalen“ Zeiten auf viele bekannte Daten stützen und dann schlüssige Bilder möglicher Zukünfte entwickeln. Quelle: Dr. Kraus & Partner Positives Extremszenario Trendszenario Negatives Extremszenario Gegenwart Möglichkeitsraum nahe Zukunft ferne Zukunft Zeit Möglicher Szenariotrichter in der aktuellen Krisensituation Grafik 2. Wer in einer schweren Krise Szenarien für die Zukunft ent- wickeln will, hat so gut wie keine Daten, auf die er sich stützen kann. Erst in der „nahen Zukunft“ darf er auf brauchbare Daten hoffen. Quelle: Dr. Kraus & Partner Negatives Extremszenario Positives Extremszenario Trendszenario Gegenwart Möglichkeitsraum nahe Zukunft ferne Zukunft Zeit

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