Wirtschaft und Weiterbildung 10/2020

54 wirtschaft + weiterbildung 10_2020 hot from the US Mary L. Trump ist die einzige Nichte des aktu- ellen US-Präsidenten Donald Trump. Sie schildert in ihrem Buch die ausgesprochen unglückliche Kindheit und das Heranwachsen von Donald zum „größten Angeber New Yorks“. Der eigentliche Böse- wicht des Buchs ist aber Fred Trump, der Vater von Donald Trump. Mary Trump ist promovierte Psychologin und ver- sucht, das Wesen ihres Onkels Donald mit dessen früher Kindheit zu erklären: Der Vater war ein „im klinischen Sinn“ eiskalter und skrupelloser Psycho- path und die kränkelnde Mutter hatte keine Kraft, ihre Kinder mit Zuwendung, Interesse und Mitgefühl zu versorgen. Laut Mary hat Donald eine Kindheit in „niederschmetternder Einsamkeit“ erlebt. Er überlebte, weil er sich zu einem Mann entwickelte, der zu prahlen, zu blenden und zu lügen lernte. Nur so konnte er es schaffen, seinem Vater zu gefal- len. Dem Wesen von Donald Trump liegt offenbar eine „tiefe, womöglich unheilbare Verzweiflung“ zugrunde, urteilt Mary. Fred verdiente sehr viel Geld mit dem (staatlich geförderten) Wohnungsbau in New York. Sein Sohn Donald wird vom ihm ab einem bestimmten Zeitpunkt als Nachfolger des Familien- imperiums aufgebaut. Donald bekommt von seinem Vater Hilfe, Protektion, Verbindungen und „unfass- bar viel Geld“, von dem Donald später behaupten wird, er habe es selbst verdient. Entscheidend für das künftige Verhalten von Donald dürfte jedoch sein, dass er für seine Lügen und seine Betrüge- reien nie bestraft wird, weil ihn sein Vater immer irgendwie „rettet“. So habe es Donald auch nie nötig gehabt, die Kontrolle seiner Impulse zu lernen. Auf der anderen Seite muss die Autorin aber auch zugeben: Wie Donald Banken einseift und Gläubiger hinhält und wie er ständig Niederlagen als Siege verkauft – das ist schon außergewöhnlich. Wenn es um ihn selbst geht, dann ist Donald nicht zu unter- schätzen. Das Buch ist sehr lesenswert, weil es anhand vieler Beispiele zeigt, wie die Kommunikationsmuster in einer (Unternehmer-)Familie die psychischen Entwicklungen der Kinder stark behindern können. Fritz B. Simon, Pionier der systemischen Organisati- onsberatung und Experte für Familienunternehmen, entdeckte in seinem Blog (www.carl-auer.de/maga- zin/kehrwoche/mary-trumps-familienunternehmen) übrigens einen bemerkenswerten Kritikpunkt am Buch von Mary Trump. Die Autorin sei viel zu sehr am Individuum orientiert. Sie betrachte ihren Großvater Fred als den Dreh- und Angelpunkt der Entwicklung von Donald Trump. Simon: „Ein erfolgreicher Unternehmer, wie es Fred Trump war (mit den geschilderten soziopathischen Persönlichkeits- merkmalen), ist ganz klar eine Herausforderung für seine Familie.“ Aber der Untertitel des Buchs „Wie meine Familie den gefährlichsten Mann der Welt erschuf“ lege eine zu simple Ursache-Wirkungs- Kette nahe. Es sei für Donald Trump nicht unver- meidbar gewesen, so zu werden, wie er heute ist. Familienunternehmen Der Einfluss des Vaters Mary L. Trump: „Too Much and Never Enough: How My Family Created the World‘s Most Dangerous Man“, Simon & Schuster, New York 2020, 240 Seiten, 23,70 Euro Gudrun Porath Nur durch prahlen, tricksen, lügen konnte er dem Vater gefallen. „ „ Die freie Journalistin Gudrun Porath hat sich auf die zentralen Themen der Personalentwicklung und der Organisationsentwicklung spezialisiert. Sie ist E-Learning- Kolumnistin für www.haufe.de/personal un d Mitglied des Programmbeirats „Corporate Digital Learning Experience“ der Messe „Zukunft Personal Europe“ in Köln. Außerdem schreibt sie regelmäßig für das „Personalmagazin“ und „Wirtschaft + Weiterbildung“.

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