Wirtschaft und Weiterbildung 10/2020

wirtschaft + weiterbildung 10_2020 45 1. Wie viel Zeit jemand für eine Aufgabe braucht, hängt auch von der zur Ver- fügung stehenden Zeit ab. Sie wird schlicht verbraucht. 2. Menschen investieren ihre Zeit primär in Tätigkeiten, die wahrgenommen sowie belohnt beziehungsweise sank- tioniert werden – und nicht in diejeni- gen, die nötig wären. 3. Macht, Prestige und Anerkennung sind in vielen Unternehmen an die Mitar- beiterzahl gekoppelt. Deshalb streben Führungskräfte stets eine höhere Mit- arbeiterzahl an. 4. Der Führungsnachwuchs schafft neue künstliche Bedarfe an Mitarbeitern und Führungspositionen, um sich selbst bessere Karrierechancen zu eröffnen. Treffen diese Befunde zu, dann stehen Unternehmensführer vor der Heraus­ forderung, gegen diese „natürlichen“ Ef- fekte anzukämpfen. Hierfür lassen sich in Anlehnung an Ringelmann und Parkin- son folgende Handlungsempfehlungen ableiten: • Stellen Sie sicher, dass Ihre Mitarbeiter spüren: Mein Engagement wird regis- triert und meine Leistung lohnt sich – für mich. • Schaffen Sie eine „Erfolgsgemein- schaft“. Jedes Mitglied der Gruppe sollte das Gefühl haben: Wir sitzen alle im selben Boot. Wenn unsere Leistung top ist, profitiere auch ich persönlich davon. Ebenso verhält es sich im um- gekehrten Fall. • Rütteln Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig auf. Sonst verfallen sie in lähmende Routinen. Starten Sie immer wieder neue „aufrüttelnde“ Projekte und Initi- ativen, die Ihre Mitarbeiter motivieren, sich besonders anzustrengen. • Achten Sie darauf, dass sich Vergütung, Karriere und Prestige in Ihrer Organisa- tion nicht an der Zahl der Mitarbeiter orientieren. Fördern Sie Projekt- und Expertenlaufbahnen. • Fragen Sie sich als Führungskraft: Sende ich an die Mitarbeiter die rich- tigen Signale, was (mir) wichtig ist? Wenn Sie zum Beispiel gut gestaltete Powerpoint-Präsentationen honorieren, „züchten“ Sie ganze Stäbe von Mitar- beitern, die vor Sitzungen tagelang Fo- lien „malen“. • Führen Sie regelmäßig Geschäftspro- zessanalysen durch. Jede Organisation neigt dazu, „Speck“ anzusetzen. Des- halb sind alle zwei, drei Jahre „Diät­ kuren“ nötig. • Reduzieren Sie für bestimmte Aufgaben „scheinbar willkürlich“ die Ressourcen. „Zwingen“ Sie Ihre Mitarbeiter, sich so zu organisieren, dass sie mit den ver- bleibenden Ressourcen auskommen. Oft werden so effizienzsteigernde Ideen geboren. Und wenn Ihre Kürzungen sich als übertrieben erweisen? Dann können Sie ja wieder Ressourcen frei- geben. Sich mit dem Phänomen Social Loafing zu befassen, ist insbesondere in Zeiten wie den aktuellen nötig, in denen aus vie- len Teams coronabedingt sozusagen über Nacht virtuelle Teams wurden, weil ein großer Teil der Mitarbeiter nun (partiell) im Homeoffice arbeitet. Damit entfällt auch ein Teil der sozialen Kontrolle, die entsteht, wenn sich die Teammitglieder täglich sehen. Zudem erhöht sich die Gefahr, dass Teammitglieder das Gefühl haben: Meine Leistung wird nicht mehr wahrgenommen. Das kann bei Mitarbei- tern, die zuvor von ihren Kollegen mitge- zogen wurden, dazu führen, dass sie sich hängen lassen. Führungsverhalten neu justieren Und bei Top-Performern, die auch im Homeoffice ein hohes Engagement zei- gen? Bei ihnen kann dies mittelfristig zu einem leistungsmindernden Frust führen, weil sie das Gefühl haben: Mein hohes Engagement wird von meinen Vorgesetz- ten (und Kollegen) nicht wahrgenommen und wertgeschätzt. Deshalb müssen Füh- rungskräfte in dieser veränderten Füh- rungssituation auch ihr Führungsverhal- ten überdenken und gegebenenfalls neu justieren, damit die Teamleistung nicht sinkt. Dr. Georg Kraus Dr. Georg Kraus ist Inhaber der Unternehmens ­ beratung Dr. Kraus & Partner in Bruchsal. Er ist Autor des „Change Management Handbuchs“ (Cornel­ sen Verlag, 2004) sowie zahlreicher Projektmanagementbücher. Zudem ist er seit 1994 Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-Provence und der technischen Universität Clausthal. Dr. Kraus & Partner Die Change Berater Werner-von-Siemens-Str. 2-6 76646 Bruchsal Tel. 07251 989034 www.kraus-und-partner.de AUTOR

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