Wirtschaft und Weiterbildung 10/2020

Auf was sollten Unternehmen achten, wenn sie einen Master in Wirtschaftspsy- chologie einstellen? Kanning: Also zuerst muss ich mir erst darüber klarwerden, was ich brauche. Ist der Bewerber tatsächlich jemand, der em- pirisch fundiert Personalarbeit betreiben kann? Wenn er einen Master hat, muss ich darauf achten, ob es ein konsekuti- ver Studiengang ist, der einen Bachelor in Wirtschaftspsychologie voraussetzt. Sonst wäre es vielleicht sogar sinnvoller, einen Bachelor in Wirtschaftspsychologie einzustellen. Denn ich darf mich nicht darauf verlassen, dass ein Master auto- matisch höher qualifiziert ist als ein Ba- chelor in Wirtschaftspsychologie. Warum boomt Wirtschaftspsychologie eigentlich so? Kanning: Psychologische Inhalte sind heute wesentlich präsenter in der Gesell- schaft und der Wirtschaft, als das vor 30 Jahren noch der Fall war. Es ist einfach ein spannendes Fach. Es wird mehr über Psychologie gesprochen, selbst wenn es dabei nicht selten um Scharlatanerie geht. Aber das ist für den Laien oft erst mal nicht zu unterscheiden. Die Nach- frage nach einem Studienplatz ist schon seit Jahrzehnten sehr hoch und hat zu einem sehr hohen Numerus clausus ge- führt. Auch an den staatlichen Fachhoch- schulen liegt er teils schon bei 1,5. Hier bieten die privaten Fachhochschulen für viele eine Lösung. Da gibt es oft keinen Numerus clausus. Es geht eher darum, ob ich das Geld dafür aufbringen kann. Denn die Kosten liegen meist deutlich über 10.000 Euro. Die Berufsbezeichnung „Wirtschaftspsy- chologe“ ist nicht geschützt. 2016 hatte das Oberlandesgericht München nichts dagegen, das sich jemand Wirtschafts- psychologe nennt, der Philosophie mit dem zweiten Hauptfach Psychologie stu- diert hatte. Fördert das nicht Verwirrung? Kanning: Ich würde mir wünschen, dass es hier einen Schutz gäbe so wie früher beim Diplompsychologen, einfach weil das eine Qualitätssicherung wäre. Dann gäbe es auch für die Hochschulen eine klare Orientierung, was in einem solchen Studiengang gelehrt werden sollte. Es gibt doch auch nicht 30 verschiedene Medi- zinstudiengänge, bei denen sich 30 Hoch- schulen irgendetwas ausdenken können, wenn eine private Akkreditierungsgesell- schaft das gut findet. In anderen Berufen wie etwa Physik und Jura ist es völlig selbstverständlich, dass es eine klare Definition für einen entspre- chenden Studiengang gibt. Davon würde auch die Wirtschaftspsychologie sehr profitieren. Wenn die Studieninhalte klar definiert und die Bezeichnung gesetzlich geschützt wäre, täten sich alle – Studien- interessierte und Unternehmen – wesent- lich leichter zu entscheiden, wie gut ein Masterangebot ist. Interview: Bärbel Schwertfeger

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