Wirtschaft + Weiterbildung 4/2020
wirtschaft + weiterbildung 04_2020 53 nauer an, so findet man eher jüngere Coachs, die überdurchschnittlich häufig privat bezahlt werden. Jüngere Coachs sehen also eher die Notwendigkeit, dass der Coaching-Markt nicht durch schlecht oder gar nicht ausgebildete Coachs und unseriöse Anbieter unter Druck gerät. Hier könnten Zugangsregeln zum Coa- ching-Markt den Coachs einen Vorteil bieten, die gut ausgebildet sind, aber sich erst noch etablieren müssen. Wer sollte mit dem Staat das Coaching-Gesetz aushandeln? Spitzt man die Frage zu und fragt nach dem Wunsch einer gesetzlichen Grund- lage für das Coaching, ergibt sich ein ähnliches Bild: Fast die Hälfte der Coachs (49,2 Prozent) befürwortet ein Coaching- Gesetz, während nur circa 18 Prozent ein solches Gesetz ablehnen und fast 33 Pro- zent noch unentschieden sind. Es stellt sich die Frage, wer den Wunsch nach mehr Regulation aufgreifen und die In- halte einer solchen Regulation mit dem Staat aushandeln soll. Hier ergibt sich aus den letzten drei Befragungen zu die- sem Thema ein recht einheitliches Bild: In erster Linie sollen die Fach- und Be- rufsverbände, in denen ausschließlich (!) Coachs organisiert sind (2019: 39,3 Pro- zent), die Regulierung inhaltlich prägen. Als gewünschte Gestalter der Regulierung kamen dieses und letztes Jahr noch der Roundtable der Coachingverbände (2019 36,8 Prozent) sowie Fach- und Berufsver- bände, in denen unter anderem auch (!) Coachs organisiert sind (2019 24,2 Pro- zent), hinzu. Erst danach wird die Wis- senschaft, sprich die Hochschulen, oder gar der Gesetzgeber genannt. Die meis- ten einzelnen Coaching-Verbände vertre- ten oft weniger als hundert Coachs, die etwas größeren Verbände vielleicht vier- bis etwas mehr als fünfhundert Coachs. Aktuell versammelt der RTC weit mehr professionelle Coachs hinter sich als jeder andere Zusammenschluss von Coachs in Deutschland. Nach dem im Jahr 2015 gemeinsam ver- öffentlichten Positionspapier zu zentra- len Fragen im Coaching haben sich die im RTC vertretenen Verbände bereits auf einheitliche ethische Grundlagen für das Coaching und Mindeststandards für Coachs verständigt. Unabhängig von der eigenen Verbandszugehörigkeit wird dem RTC von den meisten der befragten Coachs die höchste Bedeutung für die Professionalisierung der Coaching-Pro- fession zugesprochen. Damit ergibt sich zum ersten Mal für potenzielle Coaching- Klienten und Auftraggeber für Coaching- Leistungen (vornehmlich Unternehmen) die Möglichkeit, sich an verbandsüber- greifenden Standards zu orientieren und diese zum Maßstab für professionelles Coaching zu machen. Hier gehen das Bedürfnis der Coaching- Kunden nach mehr Klarheit und Transpa- renz sowie der Wunsch vieler Coachs und einiger Coaching-Verbände nach gemein- samer Professionsentwicklung und Qua- litätssicherung in die gleiche Richtung. Weg von der Kleinstaaterei einer zersplit- terten Verbandslandschaft und hin zu einer übergreifenden Professionalisierung und gemeinsamen Qualitätsstandards der Profession Coaching. Fragt man nun die Coachs, was eine mögliche Regulierung im Detail umfassen soll, so sind es vor allem Mindeststandards für die Ausbil- dung von Coachs, Ethikrichtlinien und Qualitätskriterien, an denen sich Coachs und ihre Arbeit messen lassen müssen. Kritisch stehen die Teilnehmer der Um- frage bislang einer Regulierung zulässiger Themen, Methoden, Anwendungsfelder und einer Honorarordnung im Coaching gegenüber. Mit diesem differenzierten Wunsch wird deutlich, dass es den Teil- nehmenden bei einer möglichen Regulie- rung nicht um eine Vereinheitlichung der aktuell bunten Coaching-Landschaft geht. Vielmehr soll die Vielfalt gegen Fehlent- wicklungen geschützt werden, die ein Problem für die Klienten werden könn- ten. Daher wollen viele Coachs die Qua- litätsgrundlagen des Coachings, das heißt die Ausbildung, die ethischen Grundla- gen und die Qualitätsmaßstäbe, gemein- schaftlich weiterentwickeln. Martin Pichler, Jörg Middendorf Persönliche Eigenschaften Der männliche Durch- schnitts-Coach (44,9 Prozent der Befragten)* Der weibliche Durch- schnitts-Coach (55,1 Prozent der Befragten)* Altersdurchschnitt 54,4 (54,3) Jahre 49,04 (50,7) Jahre Berufserfahrung 17,8 (16,9) Jahre 16,4 (15,9) Jahre Coaching-Erfahrung 12,3 (13,6) Jahre 8,5 (10,8) Jahre Anteil Coaching an allen Tätig- keiten 34 (31,7) Prozent 38,8 (33,2) Prozent Anzahl Coaching-Prozesse 23,4 (23,5) Prozesse 25,7 (22,8) Prozesse Stunden pro Coaching-Prozess 14,4 (12,9) Stunden 11,2 (10,7) Stunden Anteil der beruflichen Themen während des Coachings 74,6 (82) Prozent 75,0 (78,3) Prozent Durchschnittlicher Stundensatz (unternehmensbezahlt) 181,55 (191,52) Euro 169,68 (185,94) Euro Durchschnittlicher Stundensatz (privat bezahlt) 128,43 (133,43) Euro 125,07 (119,78) Euro Der statistische Coach 2019 Coaching-Umfrage Deutschland. Diese Umfrage ist die älteste Langzeitstudie zum Coaching-Markt in Deutschland. Alle bisherigen Ergebnisse stehen auf www.coaching-umfrage.de. *alle Angaben gelten für das Jahr 2019 (in Klammern: 2018)
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