Wirtschaft + Weiterbildung 4/2020
R wirtschaft + weiterbildung 04_2020 43 Prozent) sieht KI-Systeme als Bedrohung für menschliche Lehrende. In beiden Fällen würde es also entweder zu einer „friedlichen Koexistenz“ beider Lern-/ Lehrformen kommen oder die neuen Systeme würden sich nicht durchsetzen. Doch dass innovative Inhalte-Anbieter wie „Udacity“ traditionellen Bildungs- anbietern große Marktanteile abnehmen werden, kann sich immerhin knapp die Hälfte der Befragten vorstellen (48 Pro- zent). Hier zeichnet sich laut MMB eine disruptive Entwicklung ab, die den Markt der klassischen Weiterbildung grundle- gend verändern könnte. Blended Learning ist nicht mehr die Nummer eins Seit „Blended Learning“ vom MMB In- stitut als Lernform in den Katalog der zukunftsträchtigen Lerntechnologien aufgenommen wurde, stand es stets an der Spitze der Tabelle – im Vorjahr noch mit 97 Prozent der Expertenvotings. Doch dies ist jetzt erstmals nicht mehr der Fall. Zwar sehen immer noch 90 Prozent der Befragten „Blended Learning“ als wich- tiges Lernsetting in den nächsten drei Jahren an, doch Videos und Erklärfilme (94 Prozent) sowie Micro-Learning/Lern nuggets (92 Prozent) werden von noch mehr Experten als zukunftsträchtige Lernform angesehen. Nachdem Web Based Trainings (WBTs) in den vergan- genen Jahren immer seltener als künftig wichtige Lernform angesehen wurden, fällt die Zustimmung in diesem Jahr wie- der etwas höher aus (62 Prozent, Vorjahr 55 Prozent). Es ist für das MMB Institut aber noch zu früh, von einer Trendwende zu sprechen. Rückgänge ergaben sich bei einigen Lernformen des kollaborativen Lernens unter anderem bei „Virtuellen Klassenräumen“ (79 Prozent, Vorjahr 86 Prozent), bei Social Networks (57 Prozent, Vorjahr 66 Prozent). Auch bei relativ jungen Lernformen, die durch KI-Systeme und 3D-Visualisierungen un- terstützt werden, geht die Begeisterung etwas zurück – unter anderem für Adap tive Learning (52 Prozent, Vorjahr 62 Prozent), Chatbots/Lernassistenten (49 Prozent, Vorjahr 60 Prozent) und Lern- umgebungen in virtuellen 3D-Welten (30 Prozent, Vorjahr 37 Prozent). „Mögli- cherweise befinden wir uns hier derzeit in einer gewissen Ernüchterungsphase“, schreibt das MMB Institut und verweist auf „den hohen anfänglichen Hype bei- spielsweise im Blick auf kollaborative oder KI-basierte Anwendungen“. Beson- ders stark verloren haben die „Serious Games“, also an spielerischen Formaten orientierte Lernanwendungen, die jetzt mit 13 Prozent Zustimmung (Vorjahr 22 Prozent) auf dem letzten Platz stehen. Ob das an den hohen Entwicklungskosten für eine Serious-Games-Produktion liegt? „Gewinner“ unter den neueren Lernan- wendungen ist hingegen „Augmented Re- ality“ (49 Prozent, Vorjahr 42 Prozent), das gegenüber einer VR-Anwendung keine künstlich oder fototechnisch auf- wendig generierte Welt benötigt, um in 3D-Räumen Lerninhalte zu vermitteln. Hier reichen eine halbtransparente Brille und entsprechende Marker oder wieder- erkennbare Formen an realen Gegenstän- den, um entsprechende zusätzliche Infor- mationen einzublenden. Wichtigste Lerninhalte der Zukunft? „Wie wichtig werden die folgenden In- halte für das Lernen in den kommenden drei Jahren sein?“, lautete eine weitere Rang Trend Zustimmung 1 Videobasiertes Lernen (Typ „Youtube“) wird eine dominante Rolle im Rahmen der betrieblichen Aus- und Weiterbildung spielen. 84 % 2 Unternehmen werden dazu übergehen, Social-Media-Dienste (wie Slack, Teams) einzuführen – mit dem Ziel eines breiteren, bereichs- und fachübergreifenden Austauschs und Lernens. 71 % 3 Bei Bezahl-Lernangeboten wird in Zukunft eine Bezahlung nach dem Grad der individuellen Betreuung wichtiger als der „Kauf“ von Lerninhalten. 70 % 4 In Zukunft werden große Unternehmen verstärkt auf Learning- Experience-Plattformen (LXP) setzen, die externen Content besser und nutzerorientierter integrieren. Seltener werden sie auf Learning- Management-Systeme (LMS) setzen. 66 % 5 Soziale Lernformen (MOOCs oder Lern-Communities) werden im Cor- porate Learning nicht mehr wegzudenken sein. 61 % 6 In Zukunft werden Mitarbeitende in Unternehmen häufiger gezielt miteinander über ihre Arbeitsweisen und Lernfortschritte reden. 57 % 7 Neue Bildungsanbieter mit innovativem Geschäftsmodell (wie Uda- city) werden traditionellen Bildungsanbietern große Marktanteile abnehmen. 48 % 8 Ethische Aspekte werden künftig bei der Einführung digitaler Lern anwendungen eine größere Rolle spielen. 36 % 9 Automatische Übersetzungsangebote (wie Google Translate, Deep L) verdrängen Fremdsprachenlernen mit digitalen Medien. 33 % 10 Künstliche Intelligenz wird in Zukunft immer mehr menschliche Trai- ner ersetzen. 20 % Die Top-Trends im Corporate Learning Ranking. Die Delphi-Experten nahmen Stellung zu folgender Frage: „Welche Trends werden in drei Jahren das digitale Lernen bestimmen?“
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