Wirtschaft + Weiterbildung 4/2020
training und coaching 36 wirtschaft + weiterbildung 04_2020 treffen, die grenzüberschreitend oder gar weltweit agieren. So berichtete mir zum Beispiel ein be- kanntes, namhaftes Trainingsunterneh- men, dessen Spezialität internationale Roll-outs von Trainingskonzepten zum Beispiel im Bereich Führung und insbe- sondere Vertrieb sind: Unsere Trainings- und Qualifizierungsmaßnahmen wurden – soweit sie nicht online stattfinden – fast ausnahmslos storniert. Nicht nur wegen des erhöhten Infektionsrisikos, das mit Fernreisen und wenn Menschen aus meh- reren Ländern sich zum gemeinsamen Lernen und Arbeiten treffen verbunden ist, sondern auch aufgrund der (Ein-)Rei- sebeschränkungen, die für immer mehr Länder auf der Welt gelten. Dessen ungeachtet sind die Aussagen des Inhabers des Trainingsinstituts eigent- lich typisch für die aktuelle Situation im Trainings- und Beratungsmarkt: Fast alle Anbieter berichten von einer verstärkten Nachfrage, inwieweit sie ihre Leistung auch computer- und netzgestützt erbrin- gen könnten – zum Beispiel in Form von Webinaren, virtuellen Klassenräumen, Video- und Telefonkonferenzen oder On- line-Coachings. Die geringsten Umsatzeinbußen und geringste Zukunftsangst bzw. Angst, Stammkunden zu verlieren, haben denn auch die Anbieter, die in der Vergangen- heit schon bei ihrer Produktentwicklung recht stark auf reine Onlineberatungen und Blended-Learning-Angebote setzten, die Präsenzveranstaltungen mit einem Online-Lernen verknüpfen, denn sie können, wenn ein Kunde einen Auftrags- storno ins Spiel bringt, sagen: „Dann las- sen Sie uns die Trainingsmaßnahme doch als Webinar mit vielen aktivierenden Ele- menten und mit einem anschließenden Online-Coaching durchführen. Die nötige Infrastruktur und die nötige Erfahrung hierfür haben wir ja schon.“ Der Markt formiert sich im Zuge der Krise neu Diese Anbieter sehen in der Corona- Epidemie sogar eine Chance zu wach- sen, also bei neuen Kunden einen Fuß in die Tür zu bekommen und mittelfristig deren angestammte Trainingspartner zu verdrängen, denn klar ist für sie: Zwar galt auch schon in den zurückliegenden Jahren die Maxime „Die digitale Transfor- mation macht vor der betrieblichen Per- sonalarbeit und -entwicklung nicht Halt – doch manche HRler und viele Trainer zogen hieraus nicht die nötigen Schlüsse. Im Zuge der Corona-Epidemie wird sich jedoch auch eine Bewusstseinsverände- rung bei ihnen und ein Paradigmenwech- sel in ihren Unternehmen vollziehen. Die Epidemie wird wie ein Brandbeschleu- niger wirken in dem Prozess, der sich eigentlich schon seit Jahren vollzieht, nämlich dass die Unternehmen bei ihrer Personalentwicklung immer stärker auf Online- bzw. Blended-Learning-Konzepte setzen. Insofern macht die aktuelle Corona-Epi- demie auch die Versäumnisse mancher Beratungs- und Trainingsanbieter beim Entwickeln und Weiterentwickeln ihrer Produkte in der Vergangenheit sichtbar. Und klar ist schon heute: Die Epidemie wird zu Strukturveränderungen im Wei- terbildungsmarkt führen. So werden zum Beispiel in naher Zukunft viele etablierte Beratungs- und Traineranbieter mit ganz neuen, innovativen Mitbewerbern zu kämpfen haben, die sie heute noch gar nicht auf dem Monitor haben – ähnlich wie dies in den zurückliegenden Jahren unter anderem im Handel und in der Fi- nanzwirtschaft schon der Fall war. Denn wie lautet eine alte Beraterweisheit? In der Krise formiert sich der Markt neu! Sabine Prohaska R Webtalk. Albrecht Kresse, Chef der Edutrainment Com- pany (www.edutrainment.com) in Berlin reagierte als einer der ersten auf die Virus-Krise und lud bereits am 6. März Personalentwickler zu demWebtalk „Corona meets PE“ ein. Er forderte die PE‘ler dazu auf, jetzt die digitalen Lernfor- mate aktiv zu promoten. Die notwendigen Tools seien bei vielen schon auf der Lernplattform. Jetzt biete sich eine rie- sige Chance für die Personalentwicklung, mehr Akzeptanz zu bekommen. Man dürfe sich nicht in die Rolle zurückdrän- gen lassen, PE sei die Abteilung, die sich darum kümmere, dass alles ordentlich storniert werde. Kresse nennt „Webi- nare“ jetzt „Live Online Trainings“, um zu zeigen, dass sie interaktiv und emotional sind und sich mehr an TV-Quiz- shows und Teamspielen orientieren als an Expertenmono- logen. Ganz gezielt sollten PE‘ler jetzt in ihren Unternehmen auch den „Homeoffice & Remote-Führerschein“ einführen. Nur über „Führerscheinprüfungen“ könne sichergestellt werden, dass die Home Office Tools richtig genutzt würden. „Die Tools sind doch da“ Albrecht Kresse (links). Mit „Lern- futurist“ Gernot Kühn erklärtet er im Webtalk digitale Lernformate.
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