Wirtschaft + Weiterbildung 4/2020
titelthema 22 wirtschaft + weiterbildung 04_2020 den Transfer nachweislich steigern. Der Manager darf Antworten ankreuzen und kann dann „sein“ Ergebnis nachlesen. Im schlimmsten Fall macht ihm die Aus- wertung klar, dass das Seminar seinem Mitarbeiter und dem Unternehmen nichts bringt, weil nichts für den Transfer getan wird … (Es lohnt sich, den kompletten Selbstcheck wörtlich mit allen Auswer- tungen zu lesen. Er steht auf Seite 23 in diesem Heft). Den direkten Vorgesetzten wird durch die Fragen des Selbstchecks indirekt beigebracht, wie wichtig sie sind und worauf sie als vorbildlicher Trans- ferunterstützer achten sollten – und wie einfach das sein kann. Selbst wenn die PE-Abteilung, externe Weiterbildungsinstitute oder Trainer keinen entsprechenden Zugriff auf die Führungskräfte haben sollten, dann hat Weinbauer-Heidel doch eine Idee: Die Teilnehmer des Führungskräfteentwick- lungsprogramms erhalten (einige Tage bevor es losgeht) Leitfragen mit der Auf- gabe, diese doch bitte mit der direkten Führungskraft zu besprechen. In diesem Fragebogen steht dann zum Beispiel: „Ich nehme nächste Woche am Training ... teil, in dem es um die Themen ... und ... geht. Um möglichst viel für uns als Ab- teilung herauszuholen, habe ich mir fol- gende Punkte überlegt und bitte um Ihr Feedback: 1. Konkret erwarte ich mir vom Training, dass … und dann erwarte ich für mich bei meiner täglichen Arbeit … für das Team, mit dem ich zusammenarbeite, erwarte ich darüber hinaus … und für die Kunden und für Sie als Führungs- kraft erwarte ich ...! 2. Welchen ergänzenden Nutzen erwar- ten Sie als meine Führungskraft von meiner Teilnahme am anstehenden Training? Was gilt es aus Ihrer Sicht, mithilfe des Trainings ganz konkret zu verbessern? 3. Was wäre das effektivste Vorgehen für Sie, um die Wirksamkeit/Nutzen des Trainings zu evaluieren? Woran wollen wir den Erfolg konkret festmachen? Mein Vorschlag dazu lautet … Wie sehen Sie das? 4. Dazu würde ich Ihnen gern gleich nach dem Training ein kurzes Update geben. Darf ich da auf Sie zukommen? Ter- min? 5. Um aus der Investition in das Training am meisten herauszuholen, habe ich mir überlegt, welche Rahmenbedin- gungen und Maßnahmen den Umset- zungserfolg vereinfachen und fördern würden. Ich könnte folgende Aufgabe anpacken, bei der das Gelernte unmit- telbar eingesetzt werden kann. Wie sehen Sie das? Es werden sich nicht alle jungen Nach- wuchskräfte trauen, ihrem Vorgesetzten einen Termin für eine Seminarnachbe- sprechung aus den Rippen zu leiern, aber, so Weinbauer-Heidel: „Jeder, des es tut, ist ein Gewinn und kann als Vorbild für andere dienen.“ Die Österreicherin will die beiden vorge- stellten Tools nur als Beispiele für eine mögliche Aktivierung der Führungskräfte verstanden wissen. „Es kommt immer darauf an, dass die Tools zur Unterneh- menskultur passen.“ Bei einer modernen New-Work-Kultur werden zum Beispiel eher die Kollegen als Transferunterstützer (zum Beispiel via Veränderungsbeobach- ter) infrage kommen als Führungskräfte. Für ihren Verzicht auf Patentlösungen er- hält Weinbauer-Heidel immer wieder Ap- plaus auf offener Bühne. Zur Praxisnähe (mit wissenschaftlichem Hintergrund) gehört eben auch, dass ein Tool zur Un- ternehmenskultur passen muss. Manchmal melden sich Führungskräfte, die mit ihren Mitarbeitern mehrere Trans- ferfragebögen durchgearbeitet haben, persönlich beim Institut für Transfer- wirksamkeit und wollen sich aus eige- nem Antrieb zum Transferunterstützer ausbilden lassen. So viel Eigeninitiative muss belohnt werden. Es gibt entspre- R R Transferplanung. Ein „Transfergeheimnis“ besteht darin, dass keiner von einem Training nach Hause fahren sollte, der nicht bereits im Seminar mindestens einen kleinen Umsetzungsschritt geplant hat. Weinbauer-Heidel empfiehlt Trainern, dafür im Seminar zehn Prozent der Trainingszeit zu investieren. Denn die Forschung zeigt: Wenn die Teilnehmer ihre Umsetzungs- schritte nicht im Lernsetting planen, dann tun sie es in der Hektik des Alltags bestimmt nicht mehr. Es geht hierbei nicht um Ziele, sondern um ganz konkrete Handlungen, die zu planen sind – am besten in Form von Mini-Stepps. Oft reicht es, wenn Menschen auf einer kleinen Karte den Satz aufschreiben: „Ich werde amMontag nach der Arbeit zu Fuß nach Hause gehen, statt mit der Straßenbahn zu fahren“. Solche kleinen Implementierungs-Interventionen helfen den Menschen mehr als alles andere. „Die Umsetzungs- wahrscheinlichkeit steigt auf das Doppelte bis Dreifache, wenn der Transfer im Training vorbereitet wird“, verspricht Weinbauer-Heidel. „Was also ist Ihr nächster Mini-Schritt für mehr Transferwirksamkeit?“ „Gleich am Montag werde ich ...“ Tipp. Ina Weinbauer-Heidel: „Was Trainings wirklich wirksam macht: 12 Stellhebel der Transferwirksamkeit“, Verlag Tredition, Hamburg 2017, 332 Seiten, 36,90 Euro
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