Wirtschaft und Weiterbildung 3/2020

training und coaching 42 wirtschaft + weiterbildung 03_2020 Schleswig-Holstein und Thüringen ein- schränkende Formulierungen. So ist der Zugang für beruflich Qualifizierte ohne ersten Hochschulabschluss in Berlin für „geeignete weiterbildende“ und in Bran- denburg für „besondere weiterbildende“ Masterstudiengänge gegeben, wobei diese nicht näher definiert werden. Hoch- schulen in Schleswig-Holstein und Thü- ringen können in Ausnahmefällen auch beruflich qualifizierte Studienbewerber ohne ersten Hochschulabschluss zulas- sen. Welche das im Einzelnen sind, ist nicht näher geregelt. In Thüringen müs- sen diese von den Hochschulen selbst de- finiert werden. Kurz: Jedes Bundesland kocht sein eige- nes Süppchen und die in dem CHE-Be- richt von 2017 erfassten Bestimmungen können sich bereits wieder geändert haben. Inzwischen gibt es auch in wei- teren Bundesländern den Direkteinstieg in den Master. Laut der Stipendiendaten- bank „www.mystipendium.de “ blocken nur noch Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachen. Ausschlaggebend ist stets der Sitz der Hochschule. Das ist auch ein Grund, warum die meisten Master- programme mit Direkteinstieg Fernstudi- engänge sind. Denn hier spielt der Wohn- sitz des Studenten keine Rolle. Aber auch wenn der Direkteinstieg in den Master in einem Bundesland prinzipiell möglich ist, bleibt die Frage, welche Hochschule auch die Möglichkeit dazu bietet. Denn nicht alle Hochschulen legen auch großen Wert auf diese Zielgruppe. Eine Ausnahme ist Rheinland-Pfalz, wo jede Hochschule bei einem neuen Studiengang verpflichtet ist, in ihre Prüfungsordnung die Möglichkei- ten für eine Eignungsprüfung zu imple- mentieren. Das Bundesland war auch der Vorreiter für die Öffnung. Dort vertritt das Zfh – Zentrum für Fern- studien im Hochschulverbund in Koblenz rund 20 Fernstudiengänge in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland sowie in einigen anderen Bundesländern. Zu den Angeboten gehören zum Beispiel ein Master of Science in Facility Manage- ment, Logistik oder Elektrotechnik, ein Master of Engineering in Elektrotechnik oder Prozesstechnik, ein Master of Com- puter Science oder ein Master of Arts in Sicherheitsmanagement oder Human Resource Management sowie einige MBA-Programme. Dabei variieren die Zulassungsvoraussetzungen je nach Stu- diengang teils erheblich. So muss man beim Master of Computer Science nicht unbedingt ausgebildeter Fachinformatiker sein, sondern kann sich auch über lang- jährige Berufserfahrung und fundierte Kenntnisse qualifizieren. „Im Prinzip spielt der berufliche Ausbildungshinter- grund in Rheinland-Pfalz keine Rolle für eine Zulassung“, erklärt Annette Honsel, Studienberaterin beim Zfh. Dafür hat es die Eignungsprüfung allerdings in sich. Sie zieht sich über mehrere Monate und umfasst mehrere Prüfungsleistungen wie eine Mathematikklausur, eine Zulas- sungsarbeit und die mündliche Präsen- tation der Arbeit sowie ein Eignungsge- spräch. Beim Master of Engineering Elek- trotechnik an der Hochschule Darmstadt braucht man einen Meister oder Techni- kerabschluss mit anschließender dreijäh- riger Berufserfahrung. Weiter müssen die Studienbewerber einen zweisemestrigen Vorkurs absolvieren. „Gerade bei den technischen Studiengängen gibt es schon ausgefeilte Prüfungen“, so Honsel. Auch beim Master of Arts in Human Resource Management an der Hochschule Koblenz muss man ein mehrteiliges Zulassungs- verfahren durchlaufen, bei dem berufli- che Kenntnisse geprüft werden sowie ein wissenschaftliches Abstract zu einem vorgegebenen Thema verfasst und prä- sentiert werden muss. Auch der Anteil der Studenten mit Mas- terdirekteinstieg unterscheidet sich je nach Studiengang. So nimmt man an der Hochschule Darmstadt zum Beispiel nur maximal zehn Studierende mit beruf- licher Qualifizierung pro Semester auf, weil sonst die intensive Betreuung nicht mehr machbar ist, erklärt Studienbera- terin Honsel. Bei den MBA-Programmen seien es bei 80 bis 90 Studierenden rund 15 Teilnehmer pro Semester. Vor allem die privaten Hochschulen haben beim Direkt- einstieg eine lukrative Lücke entdeckt. So können Interessenten mit abgeschlosse- ner Berufsausbildung, die „anschließend mindestens vier Jahre in einem für den Wunsch-Masterstudiengang einschlä- gigen Beruf gearbeitet haben“, an der Hochschule Fresenius in einen weiter- bildenden Masterfernstudiengang ein- steigen. Allerdings müssen auch sie eine Eignungsprüfung ablegen. Angeboten wird zum Beispiel ein Master of Arts in Change Management & Decision Making, Medien & Kommunikationsmanagement oder Onlinemarketing. Einen Master of Science gibt es in Digital Business Ma- nagement and Engineering. Die Euro FH in Hamburg wirbt mit ihrem neuen sechs- monatigen Mastereinstiegsprogramm für Bewerber ohne Erststudium, mit dem sie sich für ihren „Wunschmaster“ im Fern- studium qualifizieren können. Teilneh- men können Interessenten mit Berufsaus- bildung und mindestens zehn Jahren Be- rufserfahrung (davon mindestens sechs Jahre Führungserfahrung). Insgesamt führt die wissenschaftliche Weiterbildung an den Hochschulen noch immer eine Randexistenz. Der seit 2011 laufende Bund-Länder-Wettbewerb „Auf- stieg durch Bildung: offene Hochschulen“ soll daher dafür sorgen, dass mehr Hoch- schulen in diesem Bereich aktiv werden. An dem staatlichen Förderprogramm haben sich rund 100 Hochschulen in zwei Wettbewerbsrunden beteiligt, immerhin fast ein Viertel aller deutschen Hochschu- len. „Da geht es um innovative wissenschaft- liche Weiterbildungsangebote auch für nicht traditionelle Zielgruppen wie Men- schen mit Berufserfahrung, aber ohne Abitur“, so CHE-Expertin Nickel. Bislang entstanden 359 Weiterbildungsangebote, die seit geraumer Zeit im Regelbetrieb der Hochschulen laufen. Am häufigsten han- delt es sich dabei um Zertifikatskurse/- programme (43,5 Prozent). Danach fol- gen berufsbegleitende Studiengänge auf Bachelor- und Masterniveau (25,6 Pro- zent). Der Anteil der berufsbegleitenden Studiengänge auf Master-Niveau liegt bei der 1. Wettbewerbsrunde bei 17,9 Pro- zent, während der Anteile bei den Projek- R „Die meisten Masterprogramme mit Direkteinstieg sind Fernstudiengänge.“ www.mystipendium.de

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