Wirtschaft und Weiterbildung 3/2020

personal- und organisationsentwicklung 26 wirtschaft + weiterbildung 03_2020 men, so ihre Überzeugung, erst gar nicht in eine außerordentliche Existenzkrise geraten. Sanierungskonzept erstellen Liegen die Analyseergebnisse vor, kann ein Sanierungskonzept erstellt werden, in dem die Maßnahmen, mit denen das Unternehmen seine Markt- und Wettbe- werbsfähigkeit wiederherstellen möchte, definiert, quantifiziert, budgetiert und terminiert werden. Dieses Sanierungskon- zept dient dann als Grundlage für das Sa- nierungsgutachten. Mit ihm sollen unter anderem die (potenziellen) Investoren und Kapitalgeber des Unternehmens von dessen Sanierungsfähigkeit überzeugt werden. In dieses Gutachten fließen zahl- reiche in- und externe Faktoren ein, wie zum Beispiel die Attraktivität des Markts des Unternehmens, dessen angestrebtes künftiges Geschäftsmodell und die künf- tigen Geschäftsrisiken. Zudem wird im Sanierungsgutachten geprüft, inwieweit das Sanierungskonzept tatsächlich geeig- net ist, den angestrebten Turnaround zu vollziehen und das Unternehmen wieder in die Erfolgsspur zu führen. Beurteilt werden in diesem Zusammenhang unter anderem die Schlüssigkeit und Finanzier- barkeit der beabsichtigten Maßnahmen sowie deren Wirkungen auf die Vermö- gens-, Finanz- und Ertragslage. Zudem werden für das Gutachten Alternativrech- nungen durchgeführt, die unter anderem die Planungsunsicherheiten berücksich- tigen (zum Beispiel bezüglich der Liqui- dität und der Einhaltung der finanziellen Verpflichtungen und Vereinbarungen). Zudem werden in ihm noch einmal die kritischen Prämissen herausgearbeitet, auf denen die Planungen beruhen (zum Beispiel Markt-/Konjunkturentwicklung, Entwicklung der Rohstoffpreise, Fortbe- stand der Verträge mit wichtigen Groß- kunden). Turnaround ist schmerzhaft Aufgrund des Sanierungsgutachtens tref- fen dann die Kapitalgeber ihre Entschei- dung, ob und wenn ja unter welchen Bedingungen sie dem Unternehmen die für die Sanierung gewünschten oder be- nötigten finanziellen Mittel zur Verfügung stellen. Danach kann im Falle eines po- sitiven Bescheids die eigentliche Sanie- rung beginnen, deren erstes Teilziel das Erreichen des sogenannten Turnarounds ist. Stellt das Management eines Unter- nehmens fest „Wir haben den Turn­ around geschafft“, dann bedeutet dies: Das ehemals in seiner Existenz bedrohte Unternehmen befindet sich wieder in der Erfolgsspur; seine Existenz ist nicht mehr akut bedroht. Der Turnaround ist somit ein zentraler Meilenstein in dem Change­ prozess, der auf die Sanierung des Un- ternehmens und die Wiederherstellung seiner kurz-, mittel- und langfristigen Wettbewerbsfähigkeit abzielt. Um diesen Meilenstein zu erreichen, ist in der Regel ein Bündel von Maßnahmen nötig, die bei vielen Unternehmen zum Beispiel abzielen auf: • eine Senkung der Fixkosten • eine Steigerung der Produktivität, Qua- lität und Kundenorientierung • eine Wiederherstellung der Wettbe- werbs- und Kreditfähigkeit • ein Sicherstellen der Liquidität. Diese Maßnahmen sind zumindest für Teile der Belegschaft oft sehr schmerz- haft, denn mit ihnen geht neben einer Umstrukturierung häufig ein Personal- abbau einher. Sie sind deshalb, wenn nicht mit einem Verlust des Arbeitsplat- zes, so doch oft mit einem Verlust von Privilegien verbunden. Zudem erfordert das Erreichen des Ziels der Maßnahmen meist ein radikales Umdenken sowie das Aufgeben liebgewonnener, nicht selten identitätsstiftender Gewohnheiten sowie Routinen und Verhaltensmuster. Ent- sprechend schwer ist der auf einen Turn­ around abzielende Changeprozess zu managen. Gemessen wird das Erreichen des Turnarounds meist am Erreichen von im Vorfeld im Sanierungskonzept und Sanierungsgutachten definierten Kenn- zahlen – wie zum Beispiel Cashflow, Um- satz, Rendite, Durchlaufzeiten. Werden diese Zahlen erreicht, bedeutet dies aus Change-Management-Warte: Das Unter- nehmen hat das sogenannte Tal der Trä- nen durchschritten. Es kann wieder hoff- nungsfroh in die Zukunft blicken, sofern es den eingeschlagenen Kurs beibehält. Dr. Georg Kraus R Dr. Georg Kraus ist Inhaber der Unternehmens ­ beratung Dr. Kraus & Partner in Bruchsal. Er ist Autor des „Change Management Handbuch“ (Cornelsen Verlag, 2004) sowie zahlreicher Pro- jektmanagement-Bücher. Seit 1994 ist er zudem Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix- en-Provence und der technischen Uni- versität Clausthal. Dr. Kraus & Partner Die Change Berater Werner-von-Siemens-Str. 2-6 76646 Bruchsal Tel. 07251 989034 www.kraus-und-partner.de AUTOR Turnaround vorbereiten Analyse. Eine Sanierung setzt voraus, dass es künftig wenigstens in Teilbereichen gute Marktchancen gibt und dass möglichst schnell erste finanzielle Erfolge erreicht werden können. Quelle: Dr. Kraus & Partner Sanierungsfähigkeit prüfen Attraktivität des Marktes ∙ Wachstums- und Ertragspotenziale ∙ Geschäftsmechanik und Erfolgsfaktoren, Trieb- kräfte des Wettbewerbs ∙ Marktverhalten der Wett- bewerber ∙ Wettbewerbsrelevante Faktoren (Finanzkraft, internationale Vertriebs- stärke ...) ∙ Alleinstellungsmerkmale, Wettbewerbsvorteile nach der Sanierung ∙ Künftige Geschäftsarten und Ertragsquellen ∙ Position der Geschäfte im Produktlebenszyklus ∙ Potenziale der Unterneh- mensressourcen ∙ Kernkompetenzen ∙ Mittel- bis langfristige Perspektiven des Unter- nehmens – Stand-alone-Potenziale – Allianz-Potenziale ∙ Wesentliche Risiken in Markt und Unternehmen – Branchenkonzentra- tion – Management und Human Resources – Finanzielle Ressourcen Geschäftsmodell des Unternehmens Künftige Geschäftsrisiken

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==