Wirtschaft und Weiterbildung 11/12 2020

grundls grundgesetz Boris Grundl 56 wirtschaft + weiterbildung 11/12_2020 Im Radio habe ich folgende Szene gehört: Eine Mutter wurde gefragt, warum sie morgens in der Dunkelheit ihr Kind nicht zwingt, das Licht am Fahrrad einzuschalten. Ihre Antwort: „Das Kind hat es wegen Corona schon schwer genug. Ich will es nicht noch mehr bevormunden.“ Natürlich ist das Quatsch. Sein Leben besser zu schützen, hat nichts mit Belastung zu tun. Wir erkennen, hier macht sich jemand zum Opfer. Doch erkennen wir auch, wo wir uns selbst zum Opfer machen? Wo wir Ausreden bemühen, die lächerlich wirken? Was sind Sie eher für ein Typ? Setzen Sie sich immer klare Ziele und gestalten Sie Ihr Leben selbst? Oder lassen Sie sich von den Umständen treiben? Ob Opfer oder Schöpfer – beide Haltungen besetzen extreme Positionen. Das Opfer gibt bei den kleinsten Schwierigkeiten innerlich auf. Der Schöpfer dagegen sieht sich als Macher und Akteur. Auf welcher Seite wir stehen, können wir selbst bestimmen. Das Leben stellt uns jeden Tag Fragen in Form von Aufgaben. Durch unser Denken, Entscheiden und Handeln münden diese Aufgaben in unseren Lebensergebnissen. So wird unser Leben zum besten Lehrer. Unsere Ergebnisse bilden ab, wie wir auf die Fragen des Alltags antworten. Wer sich als Erschaffer seiner Umstände betrachtet, sieht Chancen und ergreift das Zepter. Beide Sichtweisen kommen in jedem Leben vor. Beide Verhaltenswei- sen sind in Ordnung. Vor jeder Situation können wir neu entscheiden: Was will uns die Herausforderung mitteilen? Für welche Sichtweise entscheide ich mich? Den verborgenen Schatz der Erkenntnis aus diesen Optionen hebt jeder für sich selbst. Wer sich immer mehr für die erschaffende Sichtweise entscheidet, wird stark. Dabei gilt es, andere Men- schen zu respektieren, die ebenfalls um diese Per- spektive kämpfen. Auch wenn die Mühe sich lohnt: Das Leben als Erschaffer zu führen, ist nicht immer leicht. Die Kunst ist es, Ego-Fallen zu umschiffen: Wer wirklich Neues schaffen und sein Leben selbst- bestimmt gestalten will, muss lernen, Ergebnisse mehr zu lieben, als die Anerkennung, die er dafür bekommt. Sonst folgen wir schnell falschen Idealen. Dass Ergebnisse wichtiger sind als die Bestätigung für sie, ist eine Lebenserkenntnis, ein Meilenstein in jeder persönlichen Entwicklung. Als Menschen sind wir es gewohnt, uns an unserem Umfeld auszu- richten. Von Kind an orientieren wir uns an anderen, seien es die Eltern, der Freundeskreis, Mitarbeiter, Vorgesetzte oder die Gesellschaft. Egal, ob wir gefallen wollen oder nicht. Wir tun Dinge in der Hoff- nung auf Anerkennung. Jeder kann sich bei seinem Schöpfertum mit fol- genden Fragen überprüfen: Wie wichtig ist mir bei meinem Handeln das Lob anderer? Wie sehr liebe ich das Ergebnis? Was muss passieren, dass meine Liebe zu Ergeb- nissen größer wird als der Wunsch nach Anerkennung? Wer nur agiert, um anderen zu gefallen, löst sich mehr und mehr auf. Auch er ist Opfer seiner Umstände. Wer aus wirk- licher Liebe zu Ergebnissen, aus wahrer Lust an Wir- kung und intrinsisch motiviert handelt (ungeachtet der Anerkennung anderer), nur der agiert wirklich souverän und stark. Und ist wahrer Schöpfer sei- nes Lebens. Er erzielt Ergebnisse aus sich selbst heraus. Er erschafft sich selbst. Das ist eine große Kunst und eine Lebensaufgabe. Paragraf 90 Erkenne, wo Du noch Opfer bist! Boris Grundl ist Managementtrainer und Inhaber des Grundl Leadership Instituts, das Unternehmen befähigt, ihrer Führungsverantwortung gerecht zu werden. Er gilt bei Managern und Medien als „der Menschenentwickler“ (Süddeutsche Zeitung). Sein jüngstes Buch heißt „Verstehen heißt nicht einverstanden sein“ (Econ Verlag, Oktober 2017). Boris Grundl zeigt, wie wir uns von oberflächlichem Schwarz-Weiß-Denken verabschieden. Wie wir lernen, klug hinzuhören, differenzierter zu bewerten, die Perspektiven zu wechseln und unsere Sicht zu erweitern. www.borisgrundl.de Was muss passieren, dass meine Liebe zu Ergebnissen größer wird als der Wunsch nach Anerkennung? „ „

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