Wirtschaft und Weiterbildung 11/12 2020
R wirtschaft + weiterbildung 11/12_2020 43 schmeichelhaften Ergebnis, der Präsident sei womöglich Legastheniker. Die Spra- che sei abgehackt, mäandernd und auf dem Niveau eines Sechstklässlers. Seine Ausdrucksweise egozentrisch, grammati- kalisch oft falsch und vulgär. Trump sei kaum in der Lage, zusammenhängende Sätze zu formen. Unfair, trickreich und di- rekt in der Konfrontation, das sind schon immer die Mittel des Donald Trump. Niemand weiß, wie man Trump begegnen sollte Dass sich seine Gegner über sein unmög- liches Verhalten beklagen und sich ihm so zumindest moralisch überlegen füh- len, ändert nichts an den Tatsachen sei- ner offenbar erfolgreichen Kommunika- tion. Als würden sich die Soldaten einer mit Schwertern und Lanzen bewaffneten Armee zunächst darüber beschweren, dass der Feind den Zweikampf verweigert und mit Gewehren und Pistolen antritt. Dann aber kämpfen die Soldaten ehren- voll mit der veralteten Bewaffnung wei- ter. Über das Ergebnis dieser ungleichen Auseinandersetzung darf man sich dann nicht wundern. „Die Linke braucht eine Sprache, die stark genug ist, um Trump zu begegnen“, findet beispielsweise der angesehene Journalist George Packer. Trumps Populismus könne nur mit einer gleichen und entgegengesetzten Kraft be- siegt werden. Maximale Vereinfachung zeigt ihre Wirkung Was ist grundsätzlich schlimm an einer Sprache auf Pennälerniveau? Sie stellt sicher, dass Menschen auf jedem Bil- dungslevel die Aussagen verstehen – das ist wichtig, denn selbst in Deutschland hat fast ein Fünftel der Fünfzehnjährigen keine ausreichenden Lesefähigkeiten und über sechs Millionen Menschen gelten als gering literalisiert. In den USA kann sogar jeder Fünfte nicht richtig lesen und schreiben. Die maximale Vereinfachung zur Teilhabe möglichst vieler Menschen am demokratischen Dis- kurs könnte man daher sogar als durch- aus geboten betrachten, zumal die Welt ja noch dazu in Informationen ertrinkt. Eine simple Ausdrucksweise muss aller- dings nicht zwangsläufig mit platten In- halten oder gar Lügen zusammengehen. Die gute, einfache Sprache zeichnet sich durch folgende Merkmale aus: • Klare Satzstruktur, maximal zehn bis elf Worte. • Nur ein Gedanke pro Satz. • Vermeidung des Passivs. • Die Gegenwartsform muss sein. • Auf allgemein bekannte Wörter setzen anstelle eines trockenen Fachjargons (zum Beispiel „Geld“ sagen, statt „Zah- lungsmittel“). Wenn Sie versuchen, Menschen zu über- zeugen, etwas zu tun oder etwas zu kaufen, dann sollten Sie deren Sprache nutzen: Die Sprache, in der sie denken, empfahl schon David Ogilvy, der einst be- rühmteste Werbetexter unseres Planeten. Er (der allerdings anders als Trump hohe moralische Ansprüche hatte) riet seinen Mitarbeitern: „Schreib, wie du sprichst. Nutze kurze Wörter, kurze Sätze und kurze Absätze.“ Es gehe nicht darum, andere mit der eigenen Klugheit zu beein- drucken, sondern zu überzeugen. Dabei nutzt Trump vor allem fiese Spitz- namen mit abwertenden Adjektiven, wie man sie von den Schulhöfen kennt. Nordkoreas Diktator wird abwertend zum „kleinen Raketenmann“, Kontrahent Joe Biden zum „schläfrigen Joe“, Hillary Clin- ton zur „betrügerischen Hillary“ und De- Sebastian Callies studierte Politik-, Medien- und Kom munikationswis senschaft und startete eine Laufbahn als Journa- list und Werbetexter. Heute berät er mit seiner Kommunikationsagentur einige der größten Unternehmen der Welt. Sein Thema ist Markenführung im digitalen Zeitalter. Callies & Schewe Kommunikation Mollstraße 40, 68165 Mannheim Tel. 0621 40547960 www.calliesundschewe.de AUTOR Donald Trump. Im Wahlkampf 2020 wurde aggressiver ausgeteilt als je zuvor.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==