Wirtschaft und Weiterbildung 11/12 2020

personal- und organisationsentwicklung 32 wirtschaft + weiterbildung 11/12_2020 nötig, um Beispiele für das gewünschte Verhalten, um das Verständnis sicherzu- stellen. 5. Schritt: Forderungen priorisieren und aushandeln Danach sollten beide Konfliktparteien mit einem Symbol die Forderungen markie- ren, die ihnen besonders wichtig sind. Außerdem sollten sie mit einem anderen Symbol die Forderungen kennzeichnen, die verhandelbar sind. Anschließend sollen sie sich wechselseitig Angebote machen und mit dem Aushandeln begin- nen. Zum Beispiel könnte ein Streithahn sagen: „Wenn Sie mich zeitnah informie- ren, würde ich dafür ...“ Achten Sie als Moderator darauf, dass das Aushandeln ein echtes Geben und Nehmen ist. 6. Schritt: Absprachen und Protokoll Notieren Sie alle Absprachen. Dass bei diesem Aushandeln der künftigen Ar- beitsbeziehung auch mal die Emotionen hochkochen und „Erlebnisse“ aus der Vergangenheit geschildert werden, ist normal. Das sollten Sie zulassen, damit der Druck aus dem Kessel weicht. Dabei müssen Sie aber Fingerspitzengefühl zei- gen, um zu verhindern, dass sich beim Gegenüber Druck aufbaut. Analysieren Sie nach dem Gefühlsausbruch ruhig, dass dieser zeigt, wie viele Emotionen im Spiel sind, und dass solche Verletzungen sicher auf beiden Seiten existieren. Und schlagen Sie danach vor: „Lassen Sie uns wieder zu den Verhaltensweisen zurück- kehren, die Sie sich beide um eines guten Ergebnisses Willen wünschen.“ 7. Schritt: Abschließen und Folgetermin vereinbaren Die bei Konfliktmoderationen getroffe- nen Vereinbarungen erscheinen Außen- stehenden oft als Kleinigkeiten. Für die Beteiligten sind sie aber wichtig, weil daran Emotionen hängen. Also sollten diese Punkte auch nachhaltig organisiert werden, damit nicht zu einem späteren Zeitpunkt alte Wunden wieder aufge- rissen werden. Vereinbart werden sollte auch, was geschieht, wenn Absprachen nicht eingehalten werden. Dies müssen keine Sanktionen sein. Die Vereinbarung kann auch lauten: „Dann sprechen wir uns künftig darauf an – statt den Ärger hi­ nunterzuschlucken.“ Vereinbaren sollten Sie aber auf alle Fälle einen Folgetermin, um zu überprüfen, ob die Absprachen auch wirklich in der betrieblichen Praxis eingehalten wurden oder eventuell neue Konfliktpunkte entstanden sind, die es zu bearbeiten gilt. Die Nerven werden noch lange angespannt bleiben Wenn Sie gemäß der oben beschriebenen Methodik vorgehen, können Sie als Füh- rungskraft gewiss so manchen zwischen- menschlichen Konflikt lösen, der in der Zeit, in der wir noch mit Corona zu leben lernen müssen, in Ihrem Bereich ent- steht. Denn eines sollten Sie nie verges- sen: Aufgrund der vielen Veränderungen und Ungewissheiten, die Corona mit sich bringt, sind nicht nur die Nerven vieler Führungskräfte angespannt. Ähnlich ver- hält es sich bei ihren Mitarbeitern. Ent- sprechend schnell kochen auch bei ihnen nicht nur die Emotionen hoch, sondern es entstehen zwischen ihnen auch Macht- kämpfe und Konflikte. Sabine Machwürth R Acht Tipps für das Moderieren von Konflikten Praxis. Viele Führungskräfte schauen gerne erst einmal weg, wenn sich Konflikte zwischen Mitarbeitern anbahnen. Das kann durchaus sinnvoll sein, aber es gilt Folgendes zu bedenken: 1 Nicht jede Meinungsverschiedenheit oder jeder Interessengegensatz ist ein Konflikt. Ein Konflikt ist durch folgende Elemente gekennzeichnet: eine gegensei- tige Zielbehinderung, eine wechselseitige Abhängigkeit der Beteiligten und eine Ver- letzung auf der Beziehungsebene. 2 Greifen Sie als Führungskräfte primär in Konflikte ein, die sich negativ auf die Leistung der Mitarbeiter auswirken und den Ablauf der Routinen stören könnten. 3 Wenn Sie in einen Konflikt (emotional) involviert sind, sollte eine neutrale Person zum Beispiel aus der Personalabteilung die Konfliktmoderation übernehmen. 4 Klären Sie vorab, ob bei den Mitarbei- tern überhaupt ein Problembewusstsein besteht und sie zur Konfliktlösung bereit sind. 5 Machen Sie den „Streithähnen“ klar, worum es bei der Konfliktmoderation vor allem geht: die Arbeitsbeziehung neu auszu- handeln und das Verhalten an den Schnitt- stellen zwischen den Jobs so zu regeln, dass beide Mitarbeiter damit leben können. 6 Verhindern Sie, dass sich die Betroffe- nen offen die „persönliche Meinung“ sagen. Dies führt in der Regel zu noch tieferen Ver- letzungen, sodass eine konstruktive Kon- fliktlösung unmöglich wird. 7 Definieren Sie mit den Konfliktpart- nern einfache, aber wirkungsvolle Regeln für die Moderation, die von allen akzeptiert werden. Zum Beispiel, dass die Ziele des Unternehmens nicht verhandelbar sind und dass keine Vereinbarungen zulasten Dritter getroffen werden können. 8 Notieren Sie die getroffenen Abspra- chen schriftlich. Vereinbaren Sie mit den Beteiligten verbindlich einen Folgetermin, um zu prüfen, ob die Absprachen auch wirk- lich vollständig eingehalten wurden. Nutzen Sie das Gespräch auch, um mögliche neue Konfliktpunkte zu erkennen und gezielt zu bearbeiten. Sabine Machwürth

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