Wirtschaft und Weiterbildung 11/12 2020

R wirtschaft + weiterbildung 11/12_2020 25 Mehr Selbstverantwortung im Unternehmen aufgrund ihrer internen Kontrollüberzeu- gung aber nicht in einen Kontrollwahn verfallen. Das heißt, sie müssen damit leben können, dass es immer wieder „Schicksalsschläge“ geben kann, die ihre Planungen und Vorhaben über den Haufen werfen. Das hat uns gerade das Corona-Virus gezeigt. In unserer Kultur gibt es viele Texte und Sprüche, die das Spannungsfeld zwischen interner Kontrollüberzeugung und – nen- nen wir es – „Schicksal“ thematisieren. Hierzu zählt das Gebet: „Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu un- terscheiden.“ Als sein Urheber gilt der Theologe Reinhold Niebuhr (1892–1971). Neueren Datums ist folgender Spruch: „Relax. Nothing is under control.“ Er wird dem Autor Adi Da zugeschrieben. Ihn konnte man nach dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie oft in den Social Media lesen. Er besagt: Es ist eine Wahn- vorstellung, zu glauben, wir könnten in unserem Leben alles planen, steuern und kontrollieren. Auch selbstverantwortlich handelnde Menschen sollten folglich damit rechnen, dass sie aufgrund unvor- hergesehener Ereignisse entweder die Pri- oritäten neu setzen oder sich sogar einge- stehen müssen: „Darauf habe ich keinen Einfluss“ oder „Das überfordert mich.“ Ohne dieses Bewusstsein schlägt eine in- terne Kontrollüberzeugung zuweilen in einen Kontrollwahn um, der letztlich auf Allmachtsfantasien basiert. In den 1930er-Jahren sagte Henry Ford sinngemäß: „Mein Problem ist, dass ich zu den beiden Händen meiner Arbeiter stets noch ein Gehirn dazubekomme.“ Heute hört man von Managern eher die Klage: Die Mitarbeiter denken nicht „rich- tig“ nach oder mit. Das Problem hierbei ist: Menschen brauchen, um zum Mit- denken motiviert zu sein, eine interne Kontrollüberzeugung – also die Überzeu- gung, dass es möglich ist, den Lauf der Dinge zu beeinflussen. Deshalb sollten Personalverantwortliche schon beim Ein- stellen von Mitarbeitern – jobabhängig – darauf achten, wie ausgeprägt deren interne Kontrollüberzeugung ist. Dies zeigen oft schon ihre Biografien: Hat ein Bewerber sein Leben aktiv gestaltet, Dinge ausprobiert und vorangetrieben, oder wartete er eher reaktiv ab, was pas- siert? Das lässt sich in Bewerbungsgesprä- chen auch mit Fragen erkunden: Wie ging der Bewerber mit Rückschlägen um und was lernte er daraus? Gab es in seinem Leben Momente des Scheiterns und wo­ rauf führt er diese zurück? Menschen mit einer hohen internen Kontrollüberzeu- gung geben sich in der Regel eine Mit- verantwortung am Scheitern und zogen hieraus Lehren. Menschen mit einer ex- ternen Kontrollüberzeugung hingegen

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