Wirtschaft und Weiterbildung 11/12 2020

24 wirtschaft + weiterbildung 11/12_2020 schiede bei der Bereitschaft, (Selbst-)Ver- antwortung zu übernehmen, erklären? Wirkfaktor 1: Interne oder externe Kontrollüberzeugung? Eine erste Antwort auf diese Frage lieferte der US-amerikanische Psychologe Julian B. Rotter in seiner 1966 erschienenen Mo- nografie zum Thema „Locus of Control“. In ihr unterscheidet er zwischen Men- schen mit einer internen und einer exter- nen Kontrollüberzeugung. Menschen mit einer internen Kontroll­ überzeugung glauben, dass sie durch ihr Denken und Handeln ihr Leben be- einflussen können. Menschen mit einer externen Kontrollüberzeugung hingegen sind überzeugt, ihr Leben werde primär von Umständen, die außerhalb ihres Einflussbereichs liegen, bestimmt. „Das bringt nichts“ und „Da kann man nichts machen“ sind typische Formulierungen von Menschen mit einer externen Kon- trollüberzeugung. „Das muss irgendwie gehen“ und „Lass es uns mal probieren“ hingegen sind typische Sätze von Men- schen mit einer internen Kontrollüberzeu- gung. Sätze, aus denen eine externe Kontroll- überzeugung spricht, hört man in unse- rem Kulturkreis oft. Schon kleinen Kin- dern wird beigebracht, dass sie gehorsam bzw. folgsam sein und möglichst keine Fehler machen sollten. Deshalb entwi- ckeln viele Menschen früh Denk- und Verhaltensmuster, die ihnen später eine verantwortungsvolle Haltung erschwe- ren. Dabei brauchen wir in unserer von rascher Veränderung geprägten (Arbeits-) Welt zunehmend Gestalter, die trotz der damit verbundenen Risiken bereit sind, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen – also Menschen mit einer internen Kontrollüberzeugung. Das gilt insbesondere für die Führungs- kräfte in den Unternehmen. Sie dürfen In unserer vernetzten Arbeitswelt wer- den schwierige Aufgaben verstärkt von bereichsübergreifenden Teams erbracht. Deshalb müssen die Führungskräfte ihre Mitarbeiter zunehmend an der langen Leine führen. Das bedeutet aber auch, dass die Mitarbeiter mehr Selbstverant- wortung zeigen müssen. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Deshalb zielen letztlich alle Managementsysteme, die in den letzten Jahrzehnten entwickelt wurden bzw. in Mode waren, darauf ab, mehr Handlungs- und Entscheidungsbe- fugnisse auf die operative Ebene zu ver- lagern – unabhängig davon, ob sie Lean Management, TQM oder OKR heißen. Auch beim Thema Agilität spielt dieses Bestreben eine zentrale Rolle. Unbeant- wortet blieben hierbei jedoch oft folgende Fragen: Welche psychologischen Dispo- sitionen und Muster führen dazu, dass Menschen selbstverantwortlich handeln? Wie lassen sich die individuellen Unter- FÜHRUNG. Warum zeigen manche Mitarbeiter mehr Selbstverantwortung als ihre Kollegen? Warum sind sie eher bereit, Verantwortung zu überneh- men? Diese Fragen beschäftigen viele Unternehmen nicht erst seit sie die Agilität ihrer Organisation erhöhen möchten. personal- und organisationsentwicklung

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