Wirtschaft und Weiterbildung 11/12 2020
menschen 14 wirtschaft + weiterbildung 11/12_2020 INTERVIEW. Die Software AG (SAG) in Darmstadt ist bekannt für ihre Datenbanksysteme. Seit einem Jahr ist Dr. Elke Frank als Personalvorständin an Bord von Deutschlands zweitgrößtem Softwarekonzern. Ein Gespräch über Führungskräftetraining und Führungskultur. Im Zuge eines Kulturwandels soll die SAG, ein mittelständisch geprägtes Unternehmen, mehr wie ein Start-up agieren. Ist das nicht illusorisch? Dr. Elke Frank: Natürlich muss man realistisch bleiben. In einem mittelständischen Konzern wird es nicht in jeder Ecke Start-up-Mentalität geben. Trotzdem brauchen wir das in der IT-Branche. Das funktioniert in unserem R&D-Bereich schon sehr gut, zum Beispiel mit dem Wettbewerb „Techinterrupt“. Da kann man sich mit innovativen Technologie-Ideen bewer- ben und durchläuft das Auswahlverfahren einer Jury. Am Ende gibt es Preise für die „Tech Stars“. Außerdem setzen wir auch auf agile Methoden und Graswurzelinitiativen. Was sind das für Graswurzelinitiativen? Frank: Eine Kulturveränderung funktioniert immer bottom- up und top-down. Der Vorstand muss dahinterstehen, aber es braucht auch Initiativen aus der Mitarbeiterschaft. Zum Bei- spiel haben wir vor Kurzem ein „Change Network“ etabliert. Das sind 100 Mitarbeiter verschiedenster Hierarchiestufen und Nationalitäten, die sich in Calls direkt mit dem Vorstand aus- tauschen und uns ganz unverblümt Feedback geben. Wenn wir sagen, als Vorstand kommunizieren wir gut, muss das auch bei den Mitarbeitern ankommen. Da brauchen wir die Stimmen des Change Networks. Sie sagen uns, wie die Beschäftigten die Strategie „Helix“ verstehen und was sie noch brauchen. Auch ich habe da schon klares Feedback bekommen. „Keine Führungskraft zur Weiterbildung zwingen“ Zum Beispiel? Frank: Der Vorstand macht alle acht Wochen einen Webcast mit allen 5.000 Mitarbeitern. Als ich vor einem Jahr hier gestar- tet bin, wurde viel mit Powerpoint gearbeitet. Da hieß es, das ist vielleicht gut gemeint, aber viel zu viel Frontalbeschallung. Die Mitarbeiter haben sich mehr Austausch gewünscht. Jetzt geben wir als Vorstand immer nur mündlich eine Viertelstunde Input, damit viel Zeit für Fragen bleibt. Ein wichtiges Thema, zu dem wir immer wieder Rückmeldung bekommen, ist die Vereinfachung von Prozessen. Die Mitarbeiter sollen ja spüren, dass wir ihnen die Arbeit erleichtern – sei es bei der Geneh- migung von Reisekosten oder der Bestellung eines Headsets. Das haben wir dank der Change-Network-Teams schon sehr verbessert. Ohne diese Initiative würden wir solche Dinge zwar mitbekommen, aber könnten gegebenenfalls erst sehr spät re- agieren. Das bringt Geschwindigkeit, da plötzlich keine Hierar- chien mehr dazwischenstehen, die „weichspülen“. Ihr Vorstand ist bezüglich Herkunft divers besetzt, aber Sie sind neben vier Männern die einzige Frau. Wie ist die Geschlechterverteilung ansonsten in den Führungspositionen? Frank: Über alle Mitarbeiter hinweg liegt die Frauenquote bei 30 Prozent – das ist über Benchmark. SAP liegt zum Beispiel mit 33 Prozent vor uns. Bei 700 Führungskräften haben wir eine Frauenquote von 25 Prozent. Insgesamt nicht schlecht, aber da ist noch Luft nach oben. Foto: Evelyn Dragan
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