Wirtschaft und Weiterbildung 11/12 2020
aktuell 12 wirtschaft + weiterbildung 11/12_2020 Zu Zeiten des Lockdowns war das Arbeiten unter Corona-Bedingungen noch weitgehend ein Provi- sorium, doch zunehmend entwickelt es sich zum Normalzustand. Wird jetzt anders geführt? Hierzu sieben Thesen. These 1: Aufgrund der Corona-Krise wurden viele bereits bestehende Probleme und Konflikte offen- sichtlich. Das heißt, die Pandemie war nicht ihre Ursache. Sie wirkte nur wie ein Brennglas, das die Defizite oder Vers umnisse st rker sichtbar machte. These 2: Die meisten Herausforderungen, vor denen Führungskr fte heute stehen, bestanden schon vor der Pandemie. Nur stellten sich die Führungskr fte ihnen oft nicht, aus den unter- schiedlichsten Gründen. Sei es, weil sie an ihrer Belastungsgrenze arbeiteten. Oder weil sie nicht die nötige Unterstützung von oben erhielten. Oder weil dies erfordert h tte, lieb gewonnene Routinen über Bord zu werfen und mit den Mitarbeitern in einen die Innovation fördernden Konflikt zu gehen. These 3: So manche Ver nderung w re auch schon vor der Krise sinnvoll und nötig gewesen. So zum Beispiel das Weiterentwickeln des eigenen Füh- rungsstils aufgrund der ver nderten Rahmenbe- dingungen in der Vuka-Welt. Oder das Digitalisieren eines Teils der Serviceleistungen. Oder ein Über- denken der Personalentwicklungskonzepte auch aufgrund des seit Jahren bestehenden Fachkr f- temangels. These 4: Die Vers umnisse waren möglich, weil manche Unternehmen und ihre Führungskr fte sich das Nichtlösen von Problemen durch anderweitigen Mehraufwand leisten konnten. Zum Beispiel, weil die Auftragsbücher und Kassen trotz des Wandels der Marktstrukturen und Kundenbedürfnisse (noch) voll waren und bei den Ressourcen nicht gespart werden musste. Oder weil es in ihrer Marktnische seinerzeit gerade kaum ernstzunehmende Mitbe- werber gab. These 5: Die Unternehmen, die sich schon vor Corona den Herausforderungen und zukunftsrele- vanten Themen stellten, stehen aktuell besser da. Sie können schneller auf die neuen Rahmenbedin- gungen reagieren – auch weil ihre Mannschaft „top- down“ den Mindset „Leben heißt sich ver ndern“, verinnerlicht und schon Erfahrungen darin gesam- melt hat, wie man neue, komplexe Herausforde- rungen angeht und meistert. These 6: Der beste Zeitpunkt, um nötige Ver nde- rungen zu starten, ist jetzt! Auch weil man aktuell den Mitarbeitern leicht vermitteln kann: „Es muss sich etwas ndern, weil … .“ Dabei gilt es jedoch zu überlegen und zu entscheiden: Greife ich (wieder) recht undifferenziert so scheinbar einfache Heilsversprechen wie die „agile Transformation“ auf oder suche ich mei- nen eigenen individuellen Weg und nehme ich es künftig in Kauf, beim Waschen auch nass zu werden? These 7: Sich beim Waschen nass zu machen, sorgt in der Regel für mehr Sauberkeit. Das gilt auch für den Bereich Führung. Führungskr fte, die regelm - ßig ihr Denken und Handeln reflektieren und che- cken „Entspricht es noch den aktuellen und künf- tigen Rahmenbedingungen und Anforderungen?“ entwickeln sich auch als Führungspersönlichkeiten weiter. Außerdem sind sie für ihre Mitarbeiter echte und glaubhafte Vorbilder, da sie sich – für diese erkennbar – auch als Lernende begreifen. Gastkommentar Den eigenen Führungsstil jetzt weiterentwickeln Klaus Doll Klaus Doll ist Inhaber der Klaus Doll Organisationsberatung, Neustadt an der Weinstraße. Der Führungskräftetrainer und Businesscoach berät Unternehmen und ihre Führungskräfte in Umbruchsituationen. Regelmäßig führt er in Neustadt den offenen Workshop „Werkstatt für Führung und Veränderung“ durch (www.doll-beratung.de). So manche Veränderung wäre auch schon vor der Krise sinnvoll und nötig gewesen. „ „
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