Wirtschaft und Weiterbildung 11-12/2019

wirtschaft + weiterbildung 11/12_2019 45 Berater jedoch auch wenig, wenn die Produkte auf seiner Webseite für seine Zielkunden zwar hochinteressant wären, diese aber kaum Besucher hat – zum Bei- spiel, weil sie bei der Suche im Netz nicht gefunden wird. In beiden Fällen generiert der Anbieter (zumindest über seine Web- seite) keine Anfragen und Aufträge. Das heißt, er ist erfolglos. Also sollten sich Berater, wie alle Unternehmer, überlegen, wie sie ihre Kunden Schritt für Schritt zur Kaufentscheidung führen. Oder anders formuliert: Sie sollten eine Marketing- und Vertriebsstrategie für ihre Unterneh- mung entwerfen, die ihre verschiedenen Off- und Onlinemarketing- und -Vertriebs- aktivitäten zu einem zielführenden Sys- tem zusammenbindet. Trainer und Berater sind Lösungsverkäufer! Was viele Profis an dem aktuellen Sales- Funnel-Geschwätz nervt, ist, dass die On- linemarketer den Trainern und Beratern dreierlei suggerieren. 1. Marketing und Sales Funnel seien der neuste Schrei. Nein, sie sind ein alter Hut. Das Einzige, was neu ist: Einige Online- marketer haben endlich auch entdeckt, dass neben der Webseite auch die sonsti- gen (Online-)Marketing-Aktivitäten ihrer Kunden kein Selbstzweck sind, sondern eine (Teil-)Funktion in deren Marketing- und Vertriebssystem erfüllen müssen. 2. Die Berater müssten in ihre Webseite einen extra Marketing und Sales Funnel integrieren. Dabei ist jede Webseite, die letztlich nicht wie ein Marketing- und Verkaufstrichter funktioniert, also die Zielkunden in ihrem Kaufentscheidungs- prozess zwei, drei Schrittchen weiter- führt, schlicht falsch konzipiert. 3. Wenn Berater in ihre Webseite und in ihr Onlinemarketing einen Sales Funnel integrieren, dann generieren sie automa- tisch Aufträge. Die Aufträge fliegen ihnen dann sozusagen wie gebratene Täubchen in den Mund. Letzteres ist reines Wunschdenken, denn dies ist nur bei Produkten oder Dienstleis- tungen möglich, die mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllen. Die be- stellten Waren können jederzeit, wie zum Beispiel die Schuhe bei Zalando, zurück- gegeben werden. Das ist bei Trainings- und Beratungsleistungen grundsätzlich nicht der Fall. Sie sind aus Kundensicht billig oder extrem preiswert, sodass der Kunde denkt „Macht nix, wenn ich die drei, vier Euro verliere.“ Und ihr Besitz hat für die Kunden wenig Relevanz. Sie denken: „Schadet nix, wenn ich einen Fehlkauf tätige“. Beides ist bei Trainings- und Beratungsleistungen nicht der Fall. Deshalb lässt sich für die meisten Trai- nings- und Beratungsleistungen, geht man von den AIDA-Stufen der Kaufent- scheidung aus, mit der Webseite und den Onlinemarketing-Aktivitäten maximal das Interesse der Zielkunden wecken. Gelingt dies, dann kontaktieren sie den Berater. Und danach beginnt erst der ei- gentliche Verkauf, und zwar im Dialog zwischen dem Anbieter, also Berater, und seinem potenziellen Kunden. Dass sich via Marketing und Sales Funnel viel- leicht Restplätze für Motivationstage für 9,99 Euro vermarkten, aber keine kom- plexen Trainings- und Beratungsleistun- gen verkaufen lassen, ist anscheinend auch den meisten Marketing- und Sales- Funnel-„Spezialisten“ unter den Online- marketern bewusst. Liest man nämlich ihre Werbetexte genauer, dann merkt man rasch: Letztlich geht es stets nur um das Thema Marketing und nicht um das konkrete Verkaufen. Viele der von ihnen konzipierten Marketing und Sales Funnel zielen denn auch letztlich nur darauf ab, dass potenzielle Kunden zum Beispiel einen Newsletter abonnieren. Und die Zahl der neu gewonnenen Abonnenten? Sie wird als Beleg für das Funktionieren des Marketing und Sales Funnel verkauft. Doch verkauft hat der Berater deshalb noch nichts. Bernhard Kuntz Die AIDA-Formel Kaufprozess. Die AIDA-Formel wird auf den Marketingpapst Elmo Lewis zurückgeführt, der sie 1898 entwickelt hat. In einem seiner Artikel über Werbung hat er die Aida-Grundlagen ausführlich beschrieben. Quelle: Profilberater, Darmstadt; Illustration: prabowo / AdobeStock Botschaft Stufen des Kaufent­ scheidungs­ prozesses Attention Interest Desire Action Anbieter/Pro­ dukt existiert Anbieter/Produkt könnte mir einen Nutzen bieten Anbieter/Pro­ dukt bietet mir einen Nutzen Nutzen ist größer als Investition Marketing Verkauf Sales & Marketing Funnel Verkaufstrichter. Ein Funnel (Trichter) repräsentiert eine Serie von logisch aufeinanderfolgenden Marketingschritten, eine Art Filterungsprozess, um Neukunden zu gewinnen. Quelle: Profilberater, Darmstadt; Illustration: prabowo / AdobeStock Stufen des Kaufentscheidungsprozesses Attention Interest Desire Action Marketing Verkauf

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