Wirtschaft und Weiterbildung 11-12/2019
wirtschaft + weiterbildung 11/12_2019 37 Warum Greta stark begann und schwach endete Dass Benedikt Held als Rhetoriktrainer einiges zu bieten hat, erkennt man, wenn man sich dessen Analyse von Greta Thunbergs Wutrede beim UN-Klimagipfel auf Youtube anschaut. Dort analysiert er den Aufbau der Rede (nicht den Inhalt) folgendermaßen: 1. Starker Einstieg. Greta sagt, sie sollte nicht im UN- Gebäude sein, sondern in Schweden in der Schule. Damit greift sie ein Argument ihrer Gegner auf („Schule ist wichti- ger“) und baut es in ihre Argumentation ein. 2. Starke Emotionen. Ihre Wut wird von ihr wirklich gefühlt. Mit wegbrechender Stimme und schwerer Atmung sagt sie „Ihr habt meine Kindheit gestohlen“. Ihre Emotionen zei- gen, wie relevant das Thema für sie ist. 3. Anapher (Wiederholung eines Wortes am Anfang). Mit der Wiederholung des Satzes „Wie könnt Ihr es wagen“ sorgt sie dafür, dass sich ihre Rede schnell einprägt. 4. Kritik gut verpackt. Sie sagt „Ihr handelt nicht – entwe- der, weil ihr böse seid (was ich nicht glauben will) oder weil ihr uneinsichtig seid. Handelt ab sofort richtig.“ Damit greift sie allerdings die Zuhörer an, statt sie ins Boot zu holen. Auch ihr Vorwurf, die Zuhörer seien wohl nicht reif genug, ist ein deutlicher Angriff auf das vor ihr sitzende Publikum. 5. Emotionen mit Fakten untermauern. Zum Ende der Rede hin werden mit ruhiger Stimme wichtige Zahlen zum Klimawandel vorgetragen. 6. Unklares Ende. Greta verspricht: „Es kommt eine Ver- änderung, ob ihr es wollt oder nicht.“ Das ist laut Held zu schwach, um die Zuhörer (Politiker) zu Verbündeten zu machen. Es fehlt am Ende der „rhetorisch soliden Rede“ eine Vision, etwas Zukunftsweisendes, wo Greta hinwill. Buchtipp/Neuerscheinung. In seinem Buch „Meisterkurs Rhetorik“ bereitet Benedikt Held psychologisch fundiertes Fachwissen für die Praxis auf. Er bietet Tools für einen gelungenen Auftritt, Techniken gegen Lampenfieber und erklärt rhetorische Spezialeffekte: Ein Workbook für alle, die mit Brillanz und Charisma überzeugen wollen. Benedikt Held. Er wurde durch seine Seite www.redefabrik. net. bekannt. Auch Barack Obama, Martin Luther King oder Steve Jobs haben Reden gehalten, über die man anschließend sprach. Durch ihr rhetorisches Talent haben sie sich zu einflussrei- chen Persönlichkeiten entwickelt. In seinem „Meisterkurs Rhetorik“ zeigt der Kommunikationscoach Benedikt Held, wie jeder (und insbesondere Trainer und Berater, die inhalt- lich etwas zu sagen haben) zum Rhetorikprofi werden kann. Gute Vorbereitung ist mehr als die halbe Miete Ganz praktisch beschreibt der Autor zum Beispiel elf Schritte zum erfolgreichen Auftritt. Er zeigt, dass es nicht hilft, sich einfach irgendwelche Tipps zur Körpersprache oder zur Rhetorik aus dem Kontext gerissen anzulesen. Warum? Weil die falsche Vorbereitung das ist, was einem die Zuhörer nie verzeihen werden. Wenn man etwas lauter oder leiser redet, wenn man etwas schüchtern oder nervös ist, vielleicht keine so guten Folien hat, dann werden einem die Zuhörer das mit etwas Wohlwollen verzeihen. Wenn ein Redner allerdings glaubt, er braucht sich nicht vorzubereiten, weil er als Trainer über ein großes Improvi- sationstalent verfügt, dann wird er sich sehr wundern, dass man ihm die fehlende Vorbereitung nicht verzeiht, weil sie auf fehlende Empathie zurückgeführt wird. Die Zuhörer wer- den das Ergebnis der schlechten Vorbereitung also fälsch- licherweise für die fehlende Fähigkeit halten, sich auf sein Publikum einzustellen. Die Vorbereitung ist also essenziell wichtig, weil es der einzige Punkt ist, mit demman sein Pub- likum verlieren kann. Martin Pichler Foto: Redefabrik Buchtipp. Benedikt Held: „Meisterkurs Rhetorik“, Redline, München 2019, 240 Seiten, 24,99 Euro
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