Wirtschaft und Weiterbildung 11-12/2019

personal- und organisationsentwicklung 30 wirtschaft + weiterbildung 11/12_2019 men ihrer Initiativen, die Unternehmens- kultur zu verändern, ihren Mitarbeitern zwar viel Methodenwissen, wie dies ak- tuell zum Beispiel in den Design-Thin- king- und OKR-Schulungen oft geschieht. Zu kurz kam hierbei aber nicht selten das Vermitteln, warum ein weitgehend selbst- bestimmtes Arbeiten überhaupt nötig ist, das auf eine Änderung des Mindset, also der Einstellungen der Mitarbeiter, abzielt. Den Führungskräften das Rückgrat stärken Auch die Führungskräfte sind in vielen Unternehmen hochgradig verunsichert. Weniger weil sie inzwischen seit Jahr- zehnten mit der Forderung konfrontiert werden „Führung muss sich ändern“, sondern weil sie zunehmend nicht wis- sen, inwieweit Führung in ihren Unter- nehmen künftig überhaupt noch benötigt wird. Statt an ihre Führungskräfte die klare Botschaft zu senden „Führung wird im digitalen Zeitalter und in der VUKA- Welt immer wichtiger, denn wer oder was soll den Mitarbeitern in einem Unterneh- menskontext, in dem alles auf dem Prüf- stand steht, sonst den gewünschten Halt und die benötigte Orientierung geben?“ wurde nicht selten eine holokratische Organisationsform als die Organisations- form der Zukunft apostrophiert. Statt in Zeiten, in denen fast alles im Umbruch ist, die Weiterbildung der Führungskräfte zu forcieren, wurden in vielen Unterneh- men die Führungskräfteentwicklungspro- gramme auf Eis gelegt – auch weil ihnen selbst unklar war, wohin die Reise beim Führen geht. Entsprechend wichtig wäre es aktuell in vielen Unternehmen, den Führungskräften mit Nachdruck wieder zu vermitteln, wie wichtig sie und ihre Arbeit für den Unternehmenserfolg sind. Es gilt: Ohne starke – das heißt überzeu- gende und Mitarbeiter mitnehmende – Führungskräfte wird die digitale Transfor- mation nur schwer gelingen. Hohe Verhaltensflexibilität Entsprechende Initiativen sind auch nötig, weil Führungskräfte gerade in einem von starker Veränderung gepräg- ten Umfeld eine sehr hohe Selbstreflexi- onsfähigkeit und eine hohe Kompetenz zur Selbstführung brauchen. Denn in ihm stehen sie im Betriebsalltag stets vor der Herausforderung, ihr Führungsverhalten immer wieder neu bzw. flexibel und agil der Entwicklung des jeweiligen Mitarbei- ters beziehungsweise Teams sowie der jeweiligen Situation anzupassen. Konkret heißt dies: Selbst wenn eine Führungs- kraft einen Mitarbeiter beim Erfüllen einer Aufgabe agil führte, kann es nötig sein, dass sie, wenn dieser eine andere Aufgabe wahrnimmt, einen scheinbar konträren Führungsstil, also ein stark dirigistisches und unterstützendes Füh- rungsverhalten, zeigt – auch um den Mit- arbeiter in seiner Entwicklung zu fördern. Dasselbe gilt bezogen auf die Teams. Entsprechend hoch muss neben der Sen- sibilität für die Ist-Situation die Verhal- tensflexibilität sowie Selbstreflexionsfä- higkeit der Führungskräfte sein. Und hier- für gilt es, sie zu qualifizieren – und zwar ähnlich wie sie dies selbst im Rahmen ihrer Funktion bezogen auf ihre Mitarbei- ter tun sollten. Das heißt: Die Führungs- kräfteentwicklungsmaßnahmen sollten, wie bei den Mitarbeitern, stets dem Ent- wicklungsstand der Führungskräfte sowie ihrer aktuellen oder künftigen Funktion in der Organisation entsprechen. Sie soll- ten zudem diese zwar fordern, aber nicht überfordern, denn nur dann reifen sie mit der Zeit zu den selbstbewussten Persön- lichkeiten heran, die die Unternehmen in der VUKA-Welt und im digitalen Zeitalter auf allen Ebenen brauchen. Uwe Reusche R Die wichtigsten agilen Prinzipien 1. Kundenorientierung: eine konsequente Ausrichtung der Projekt- und Alltagsarbeit auf die Bedürfnisse der Kun- den. 2. Eigenverantwortlichkeit: eine weitgehende Übertragung der für ihre Arbeit relevanten Entscheidungsbefugnisse auf die Mitarbeiter beziehungsweise auf (interdiszipli- näre) Teams, sodass diese eigenverantwortlich handeln können. 3. Führung: eine Führung, die weitgehend die (Zusammen-) Arbeit moderiert und die erforderlichen Rahmenbedin- gungen hierfür schafft. 4. Kooperation: eine bereichs- und funktionsübergreifende Zusammenarbeit zum Beispiel in Scrum- oder Entwick- lerteams, in denen alle nötigen Kompetenzen oder Kom- Überblick. Uwe Reusche hat sechs wichtige Prinzipien des agilen Arbeitens identifiziert und praxis- nah zusammengefasst: petenzbereiche vertreten sind, um das übergeordnete Ziel zu erreichen. 5. Arbeitsweise: eine inkrementelle Arbeitsweise, bei der größere und komplexere Vorhaben (geleitet von einer Vision) schrittweise, in sogenannten Sprints, geplant werden und den Kunden im Prozessverlauf regelmäßig sogenannte „Inkremente“ – also (Teil-)Lösungen – aus- geliefert werden. Diese Teillösungen kann der Kunde bereits nutzen und somit auch ein Feedback über sie geben. 6. Qualitätssicherung: ein iteratives Vorgehen, bei dem in den Gesamtprozess immer wieder Reflexionsschleifen eingebaut sind, um aus den gewonnenen Erfahrungen Schlüsse für das weitere Vorgehen zu ziehen.

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==