Wirtschaft und Weiterbildung 11-12/2019

personal- und organisationsentwicklung 28 wirtschaft + weiterbildung 11/12_2019 „Wir wollen kundenorientierter, innovati- ver, agiler werden.“ Solche Entwicklungs- ziele verkünden Unternehmen immer wieder. Dahinter stecken stets unterneh- merische Ziele – zum Beispiel eine hö- here Rendite oder das langfristige Über- leben in einer komplexen Umwelt. Also gestalten die Unternehmen ihre Organi- sation entsprechend um. Zudem schu- len sie ihre Mitarbeiter top-down in den Arbeitsweisen, die aus ihrer Warte zum Erreichen der Ziele nötig sind. Angesagt ist zum Beispiel das „Design Thinking“. Doch nach einiger Zeit stellen die Chefs oft frustriert fest: In unserer Organisation hat sich zwar viel bewegt, doch unser Renditeziel haben wir nicht erreicht. Und schon gar nicht erreichten wir das über- geordnete Ziel, die Existenz unseres Un- ternehmens langfristig zu sichern. Dafür, dass dies recht oft geschieht, gibt es viele Gründe. So verändern sich zum Beispiel in der VUKA-Welt • die Rahmenbedingungen des wirt- schaftlichen Handelns sowie • die (technischen) Möglichkeiten, Pro­ bleme zu lösen, und somit auch • die Kundenbedürfnisse so rasch, dass die (Handlungs-)Strategien der Un- ternehmen eigentlich permanent auf dem Prüfstand stehen. Das heißt: Die Unternehmen hinken – zu- mindest gefühlt – stets der Entwicklung hinterher. Zugleich resultiert jedoch aus der raschen Veränderung ein so großer Change- und Lernbedarf auf allen Ebe- nen, dass er top-down immer weniger erfasst und befriedigt werden kann. Hierauf haben die Unternehmen in der Vergangenheit durchaus reagiert. So lau- tete zum Beispiel bei allen Management- systemen, die in den letzten Jahrzehnten en vogue waren – unabhängig davon, ob diese KVP, TQM, Kaizen, Six Sigma oder Lean Management hießen – stets ein zentrales Ziel: Die Projekt- und Alltagsar- beit soll sich stärker an den Bedürfnissen der Kunden orientieren. Und um dieses Ziel zu erreichen, wurde auch stets pro- pagiert, mehr Entscheidungsbefugnisse auf die Mitarbeiter- und Teamebene zu verlagern. Und eng damit verknüpft war die Forderung: Die Führung muss sich ändern. Die Führungskräfte müssen sich verstärkt als Ermächtiger ihrer Mitarbeiter verstehen. Plakative Zerrbilder Entsprechend viele Initiativen, um einen solchen Kulturwandel herbeizuführen, wurden in den meisten (größeren) Unter- nehmen schon ergriffen. Deshalb wirkt es auf die Betroffenen absurd, wenn man, wie aktuell manch New-Work-Evangelist, ein Zerrbild von Führung in den Unter- nehmen an die Wand malt, das rein auf dem Befehl-Gehorsam-Prinzip basiert, und betont: „Der Mindset muss sich ra- dikal verändern.“ Ähnlich verhält es sich bezogen auf die Zusammenarbeit. Solche Zerrbilder sind plakativ. Sie entsprechen heute aber zumeist nicht mehr der be- trieblichen Realität – zumindest wenn es um die Kernbereiche der Unterneh- men geht. Sie sind zudem, wenn es um einen Kulturwandel geht, nicht zielfüh- rend, denn sie desavouieren die Leistung sowie die in der Vergangenheit gezeigte Veränderungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeiter. Deshalb produzieren sie (unnötigen) Widerstand. Change: Mehr Eigenverantwortung zulassen FÜHRUNG. „Unsere Mitarbeiter sollen eigenverantwortlicher arbeiten“, fordern viele Unternehmen schon seit Jahrzehnten und starteten dementsprechend bereits zahlreiche Initiativen gestartet. Doch dieses zeigten in der VUKA-Welt oft nicht die gewünschte Wirkung. Woran es lag, analysiert der Change-Experte Uwe Reusche.

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