Wirtschaft und Weiterbildung 11-12/2019

aktuell 10 wirtschaft + weiterbildung 11/12_2019 SCHLAFTIPPS VOM ARZT „Weniger als sechs Stunden Schlaf kann Folgen haben“ ist. „Von sich zu behaupten, der Job sei der einzige Lebensinhalt und es würde einem reichen, nachts um zwölf oder ein Uhr ins Bett zu gehen, um gegen halb sechs schon wieder aufzustehen, das ist aus schlafme­ dizinischer Sicht völliger Nonsens“, sagte Fietze. Führungskräfte müssten selbst darauf achten, wenn sie Veranstaltungen ansetzten oder besuchten, dass diese um 22.00 Uhr zu Ende seien oder wenn es mal länger dauere, auch den Mut, haben sich früher zu verabschieden. Alle 90 bis 100 Minuten und zusätzlich alle 4 Stunden gebe es Zeitfenster von knapp einer halben Stunde, in denen man mühelos einschlafen könne. Wer das früh erkenne und diese Gelegenheit für ein Nickerchen nutze, der wache frisch und mit neuer Energie auf. „Ein kurzes Schläfchen reicht, um für die nächsten drei bis vier Stunden Konzentra­ tions- und Leistungsfähigkeit zu tanken“, so Fietze. Er empfiehlt, sich ein persön­ liches Einschlafritual anzueignen (Atemü­ bungen oder Entspannungstechniken). Der gesunde Schlaf der Mitarbeiter ist eine Führungsaufgabe. „Schläft man fünf Jahre oder länger dauerhaft schlecht, so steigt das Risiko, an Herz-Kreislauf-Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes oder sogar auch Krebserkrankungen zu erkranken“, betonte Dr. Ingo Fietze in einem Interview mit „Wirtschaftswoche online“ am 18. Sep­ tember 2019. Fietze ist Schlafforscher und Leiter des Interdisziplinären Schlafmedizi­ nischen Zentrums an der Berliner Charité. Demnächst erscheint sein Buch „Deutsch­ land schläft schlecht. Wie Schlafmangel uns alle krank macht und was Sie dagegen tun können“. Die Charité berät Unterneh­ men zum Beispiel, wie sie Pausen organi­ sieren und gestalten sollten, um auf jeden Schlaftyp Rücksicht nehmen zu können. Die Themen Stressbewältigung, Grund­ struktur des Schlafs, innere Uhren und Schlaf-Wach-Regulation besprechen Ärzte in den Personalabteilungen in Form von Seminaren. Führungskräfte sollten als Vor­ bilder bewusst vorleben, wie wichtig Schlaf Bert Hellinger im Alter von 93 Jahren gestorben FAMILIENAUFSTELLUNG Der Begründer der Familien­ aufstellung, Bert Hellinger, ist am 19. September in seinem Privathaus in Bischofswiesen bei Berchtesgaden gestorben. Hellinger war eine der umstrit­ tensten Personen der deutschen Therapeutenszene. Bei der Familienaufstellung nach Hellinger werden von einem Klienten zufällig an­ wesende Seminarteilnehmer stellvertretend für seine Famili­ enmitglieder räumlich so ange­ ordnet, dass die „Beziehungen“ der Familienmitglieder, so wie der Klient sie erlebt, deutlich werden. Laut Hellinger bringen Familienaufstellungen in der Regel etwas „Verborgenes“ ans Licht – zum Beispiel die psy­ chologischen Verstrickungen einer ganzen Familie. Hellin­ gers Ansatz gilt als wissen­ schaftlich nicht belegt und als mit erheblichen Risiken für die Klienten verbunden, da ein „ri­ goroses Deutungsinstrument“ zum Einsatz komme. Hellingers Bild von der Fami­ lie wird als traditionell hierar­ chisch und patriarchal einge­ stuft. Gegenüber den Klienten und bei der Interpretation der Bilder, die sich bei einer Auf­ stellung ergaben, sei er oft respektlos gewesen und als allwissender Guru aufgetre­ scheinenden Norm folgend tun müssten. Simon betonte: „Bei meiner Kritik geht es um Grundwerte von Konstrukti­ vismus und Systemtheorie, die gerade nicht normativ sind und keinem zubilligen, willkürlich Wahrheiten zu verkünden.“ ten. Die „Systemische Gesell­ schaft“ kritisierte insbesondere den Einsatz potenziell demü­ tigender Interventionen und Unterwerfungsrituale und die Vorstellung Hellingers, eine „objektive“ Wahrheit erkennen zu können, die sich ihm bei einer Aufstellung offenbare. Fritz B. Simon, der Pionier der systemischen Organisationsbe­ ratung, warf Hellinger in der „Wirtschaft + Weiterbildung“ (Heft 6/2017) vor, er trete nicht nur extrem autoritär auf, son­ dern verkünde auch noch ver­ meintliche Wahrheiten und sage seinen Klienten, was sie einer „gottgewollt“ er

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