wirtschaft und weiterbildung 9/2019

wirtschaft + weiterbildung 09_2019 55 Hans-Jürgen Lenz. Ein Brunnen ist für ihn das Symbol für einen lebendigen, fließenden Geist, den er mit seinem Kongress zur Entfaltung bringen will. ternehmen, die zukunftsfähig bleiben wollen, müssen Antworten liefern auf die tiefe Sehnsucht von Menschen nach Sinnhaftigkeit, Zugehörigkeit und Würde. Die Wirtschaft ist aufgefordert, sowohl unternehmensintern als auch global Ver- antwortung für eine lebenswerte Welt zu übernehmen. Wir möchten aufzeigen, dass scheinbare Gegensätze wie Effizienz und Wertschätzung, Regeln und selbst- bestimmtes Handeln, Teamarbeit und In- dividualität miteinander vereinbar sind. Der Kongress wird viele frische Impulse für diesen wichtigen Prozess bieten. Kommen Sinnfragen inzwischen auf den Führungsetagen an? Lenz: Ich erlebe ein „Sowohl als auch“. Ei- nerseits wird die Sehnsucht nach Sinnhaf- tigkeit, Beziehung und erfülltem Dasein immer deutlicher spürbar. Da ist etwas in Bewegung. Und zwar auf allen ge- sellschaftlichen und unternehmerischen Ebenen. Ich stoße bei vielen Menschen auf enormes Interesse und auch Erleich- terung darüber, dass spirituelle Themen zunehmend in wirtschaftliches Denken und Handeln integriert werden – einen guten Platz im Leben zu haben, schöpfe- risch sein zu dürfen, sich für etwas Sinn- haftes zu engagieren und andere dabei zu unterstützen, ihr höchstes Potenzial zu leben, das ist zutiefst menschlich und lebensbejahend. Aber zugleich ist im klassischen Management der Begriff Spi- ritualität oft noch mit viel Unsicherheit, Ängsten, Unkenntnis und Vorurteilen verbunden. Entsprechend kommen dann Einwände, mitmenschlichere Wege zu beschreiten, sei letztlich nicht wertschöp- fend, bis hin zu Warnungen, ich würde mir meinen guten Namen als Berater, Trainer und Coach mit diesem Ansatz rui- nieren. Doch welcher Mensch möchte am Ende seines Lebens nicht auf einen be- ruflichen Weg zurückschauen, der nicht nur profitabel, sondern auch sinnhaft und erfüllend war? Sie wünschen sich eine mitmenschlichere Unternehmenskultur. Was ist zu tun? Lenz: Niemandem ist damit gedient, wenn Manager während ihrer beruflichen Laufbahn rein effizienzorientiert agieren und nach ihrem Ausscheiden plötzlich als Heilsbringer auftreten und eine mensch- lichere Welt predigen. Wir brauchen jetzt sofort mehr Führungskräfte, die selbst le- bensbejahend und authentisch in Erschei- nung treten, die Neues wagen und Unbe- kanntes ausprobieren, die wissen, dass er zu Weiterentwicklung dazugehört, auch Fehler zu machen. Wir brauchen letztlich Menschen, die selbst Mensch genug sind, um auch scheitern zu dürfen. Wir brau- chen Führungskräfte, die hier und jetzt mutig genug sind, sich zu ihrer Spirituali- tät zu bekennen, sich für eine integrative Kultur zu engagieren und vorzuleben, dass die Verbindung von Spiritualität und Wirtschaft funktionieren kann. Solchen Menschen wird man auf unserem Kon- gress begegnen. Darauf freue ich mich sehr! Wie sorgen Sie für mehr Kontakt und Begegnung zwischen den Teilnehmern, als es bei Business-Kongressen sonst üblich ist? Lenz: Uns ist wichtig, dass es zu einem Austausch von Ideen und Gedanken unter den Teilnehmern kommt – anders als bei klassischen Kongressen mit rei- ner Frontalausrichtung. Daher sind auch immer wieder Runden in kleinen Grup- pen eingeplant, bei denen man die Im- pulse aus den Vorträgen im Gespräch mit Gleichgesinnten weiterspinnen und ver- tiefen kann. Es geht um die gegenseitige Ermutigung, um anschließend Verände- rungen anzugehen und umzusetzen. Wir lernen von den Referenten und auch von- einander, ernsthaft und herzlich, in Ruhe und in Bewegung. Interview: Petra Beier Foto: Pichler

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