wirtschaft und weiterbildung 9/2019
personal- und organisationsentwicklung 32 wirtschaft + weiterbildung 09_2019 Entwicklung bestärkt wurden. „Im Eng- lischen gibt es den treffenden Begriff ‚Growth Mindset‘: Gemeint ist der Glaube an das Potenzial und die Stärken – von sich selbst, aber insbesondere der an- deren“, sagt Bittlingmaier. Die Smile- Teilnehmer betonten, wie sehr ihnen allein die Teilnahme an dem Projekt einen persönlichen Entwicklungsschub verabreichte: Dies lag nach Meinung der Haufe-Beobachter weniger an der Mög- lichkeit, nach Herzenslust Seminare bu- chen zu können und einen Coach zur Seite zu haben, sondern an der schlich- ten Tatsache, dass jemand sie ausgewählt hatte, bei diesem Projekt dabei zu sein. „Ein Arbeitskollege, ein Freund, ein di- rekter Vorgesetzter hatte etwas in ihnen entdeckt, was Chancen für eine neue be- rufliche Zukunft eröffnet.“ Entscheidend war für viele Teilnehmer zudem die direkte Interaktion unterei nander bei gemeinsamen Veranstaltun- gen. Der Erfahrung von Gemeinschaft schrieben letztlich sowohl die Teilneh- mer als auch ihre Coaches eine wesent- liche Bedeutung für den Projekterfolg zu. „Viele Beteiligte waren fasziniert, was es bewirken kann, wenn Menschen sich als Teil einer Community erleben, die trotz vielfältigstem Hintergrund ähnliche Werte und Vorstellungen verbindet“, resümiert Torsten Bittlingmaier. Coaching braucht Vertrauen und Nähe Während in puncto Kursangebot die komplette Bandbreite von Zugriffen und Buchungen zu beobachten war, verzich- tete nur eine Teilnehmerin auf einen per- sönlichen Coach – eine junge Mutter aus Syrien, die sich auf Deutschunterricht fokussieren wollte. Alle anderen gingen in den Coachingprozess und die meisten erlebten darin den größten Pluspunkt des Projekts. „Sich selbst positionieren und die persönlichen wie beruflichen Ziele festlegen – dabei spielten die Coaches fast durchweg eine entscheidende Rolle“, ist sich Bittlingmaier sicher. Sparringspartner, Orientierungsgeber, Lernbegleiter – die Rollen, die die Coa- ches einnahmen, waren vielfältig. Oft reichte schon ein geschützter Raum jen- seits von Arbeitsplatz und Familie sowie wenige Impulse zur Anregung, um die Selbstreflexion in Gang zu setzen. Dies gelang allerdings nur, wenn die Chemie stimmte. Manche Coachees legten auch Wert auf einen ähnlichen persönlichen Hintergrund. In wenigen Fällen kam es anfangs deswegen zu einem Coach- Wechsel. Die meisten Teilnehmer bevor- zugten die räumliche Nähe zu den Coa- ches. Zwar bestand die Möglichkeit zum Telefoncoaching, doch die Teilnehmer erlebten den persönlichen Austausch in- tensiver. Der Coachingerfolg hängt laut den Pro- jektverantwortlichen sehr von der Hal- tung des Coachees dem Coaching gegen- über ab: „Die Teilnehmer, die sich wirk- lich öffnen konnten, kamen am besten an ihre Potenziale heran“, so der Headcoach. Ansonsten blieb Coaching auf der Bera- tungsebene. „Welches Lerninstrument wann am besten greift, hat viel mit der persönlichen Lernreise des Lernens zu tun: Geht es darum, sich persönlich wei- terzuentwickeln und neue berufliche Ho- rizonte aufzutun, ist Coaching als Anlei- tung zum Selbstlernen ideal.“ Turbulent ist das neue Normal Das Projekt Smile veranschaulicht zudem, wie massiv private Entwicklun- gen die berufliche beeinflussen. Geburt R Buchtipp. Mehr über das Projekt erfahren Neugierige im Buch „S.mile. Mit Sinn und Selbststeuerung zur neuen Lernkultur“, herausgegeben von Mario Kestler und Jutta Rump, das im Sommer 2019 im Frei- burger Haufe Verlag erschien. Zusammenfassung. Weiterbildungsprofis, die „Smile“ begleiteten, berichten von diesen Learnings: Vor Ort: Präsenzseminare schaffen Ruheinseln im täglichen Arbeitswahnsinn und somit Raum für Entwicklung. Digital: E-Learnings bieten mehr Flexibilität, setzen aber einen hohen Grad an Selbstorganisation voraus. Community: Motivation für Entwicklung entsteht über Gemeinschaftserlebnisse mit anderen Lernern. Growth Mindset: Wenn Führungskräfte an die Entwicklung der Mitarbeiter glauben, versetzt das Berge. Work-Life-Balance: Arbeitnehmer brauchen mehr Arbeits- zeitflexibilität, aber auch männliche Role-Models in Teilzeit. New Work: Jahresziele und klassische Reportings bringen nichts: Der Maßstab für Entwicklung ist, immer mehr das zu tun, was zu einem passt. Personal Why: Entwicklung, etwa mithilfe von Coaching, gelingt, wenn Menschen sich für Veränderung öffnen und Entwicklung Zeit einräumen. Shared Why: Wenn Mensch und Organisation sich auf Augenhöhe begegnen, können gemeinsame Zukunftspers pektiven gelingen. Learnings für Personaler
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