wirtschaft und weiterbildung 9/2019
personal- und organisationsentwicklung 26 wirtschaft + weiterbildung 09_2019 Inkremente – also (Teil-)Lösungen – ausgeliefert werden, die diese bereits nutzen und somit auch ein Feedback über sie geben können; 5. ein iteratives Vorgehen, bei dem in den Gesamtprozess immer wieder Re- flexionsschleifen eingebaut sind, um aus den gewonnenen Erfahrungen Schlüsse für das weitere Vorgehen zu ziehen. Dies sind die zentralen Säulen einer agi- len Arbeitsweise beziehungsweise eines agilen Projektmanagements. Wenn die „Agilen Evangelisten“ betonen, „der Mindset in einem Unternehmen muss sich grundsätzlich ändern, bevor es mit der Agilität klappt“, dann malen sie oft ein Zerrbild von Führung an die Wand, das rein auf dem Befehl-Gehorsam-Prin- zip basiert. Diese Übertreibung birgt die Gefahr, dass die Adressaten denken: „Was soll die- ser Quatsch? Das entspricht doch nicht der betrieblichen Realität.“ Solche Zerr- bilder von Führung sind zwar plakativ, jedoch nicht zielführend, wenn es um das Thema Kulturwandel geht, denn sie desavouieren neben der Leistung, auch die in der Vergangenheit bereits gezeigte Veränderungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeiter (inklusive ihrer Führungs- kräfte). Und wie sieht es mit der bereichs- und funktionsübergreifenden Zusammen- und Teamarbeit aus, um das übergeordnete Ziel zu erreichen? Dass diesbezüglich noch oft ein großes Manko in den Unter- nehmen besteht, belegen viele Studien. Zwar wird eine solche Kooperation bei manchen Managementsystemen wie Hoshin Kanri beziehungsweise Policy Deployment gefordert, in den meisten Unternehmen wurde jedoch primär die Teamarbeit in den einzelnen Bereichen optimiert. Bereichs- und funktionsüber- greifend wurden aus den vielen Schnitt- stellen immer noch keine Nahtstellen. Sie blieben Schnittstellen und das Silodenken wurde selten durchbrochen. Gerade in der bereichsübergreifenden und crossfunktionalen Zusammenar- beit ruhen denn auch noch zahlreiche ungenutzte Potenziale, wenn es um das Steigern der Agilität, also Reaktionsge- schwindigkeit und Effektivität der Unter- nehmen geht. Diesbezüglich sollten viele Unternehmen neben ihrer Struktur und In der Beraterszene wird unter dem Stich- wort „Agile Skalierung“ gerade lebhaft darüber diskutiert, inwieweit sich die agilen Arbeitsweisen und -methoden, die ihre Wurzeln eigentlich in der Soft- wareentwicklung haben, auch auf andere Tätigkeitsfelder oder gar ganze Unterneh- men übertragen lassen. Doch ist ein Übertragen der agilen Me- thoden und Arbeitsweisen auf weite Teile einer Organisation oder gar die ganze Organisation überhaupt möglich und sinnvoll? Um diese Frage zu beantwor- ten, sollte man sich zunächst vor Augen führen, was die zentralen Elemente be- ziehungsweise Prinzipien der agilen Me- thoden sind: 1. eine konsequente Ausrichtung der Pro- jekt- und Alltagsarbeit auf die Bedürf- nisse der Kunden; 2. eine weitgehende Übertragung der Ent- scheidungsbefugnisse auf die Mitarbei- ter beziehungsweise (interdisziplinäre) Teams; 3. eine bereichs- und funktionsübergrei- fende Zusammenarbeit in Scrum- oder Entwicklerteams, in denen alle nötigen Kompetenzen vertreten sind, um ein übergeordnetes Ziel zu erreichen; 4. eine inkrementelle Arbeitsweise, bei der größere und komplexere Projekte und Vorhaben, geleitet von einer Vi- sion, nicht vorab im Detail, sondern schrittweise, in sogenannten Sprints, geplant werden und den Kunden im Prozessverlauf regelmäßig sogenannte Agile Strategie umsetzung UNTERNEHMENSFÜHRUNG. Agile Prinzipien und Methoden sind kein Allheilmittel, um die Herausforde rungen einer immer komplexer werdenden Arbeitswelt zu bewältigen. Manchmal verhindert Agilität ein unterneh mens- und branchenspezifisches Vorgehen. Unsere Autorin fordert, die Funktion der einzelnen Organisationsbereiche besser zu beachten. Foto: Adobe Systems, Inc.
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