wirtschaft und weiterbildung 9/2019

titelthema 04. Mitarbeiterzahl: Warum hängt die Höhe der Zuschüsse von der Zahl der Mitarbeiter ab ... 05. ... und nicht von der Qualität der strategischen Personal- planung einer Firma? 06. Beratung: Weiß die Agentur wirklich, welche Fähigkeiten fit für die Zukunft machen? R Verbesserungsvorschlägen ein. So war ursprünglich geplant, dass alle Weiter­ bildungen außerhalb der Unternehmen stattfinden sollten. Es dürfe nicht sein, dass nur Weiterbildungen gefördert wür­ den, die außerhalb des Betriebs stattfän­ den, protestierte etwa Ariane Reinhart, Personalvorstand der Continental AG. Ef­ fizientes Lernen funktioniere am besten im Betrieb selbst, weil sich dort die Lern­ erfolge durch den Praxisbezug schneller einstellten und die Mitarbeiter entspre­ chend motiviert seien. Reinhart fand Gehör. Die geförderte Weiterbildung kann vor Ort beim Arbeitgeber stattfinden! Lobende Kritik aus der Wirtschaft Auch die Staffelung der Förderung nach Unternehmensgröße kritisierte Reinhart: „Weiterbildung muss zielgerichtet sein. Nur Unternehmen, die eine strategische Personalplanung für die nächsten fünf Jahre haben und damit genau wissen, wie viele Mitarbeiter mit welchen Kom­ petenzen wann und wo benötigt werden, sollen die Förderung (dann aber unab­ hängig von der Größe) erhalten!“ Nur so sei sichergestellt, dass das Geld der Bei­ tragszahler auch zielführend investiert werde. Eine weitere Kritik lautete: „Wir wissen aus der Vergangenheit, dass die Zertifizie­ rungen für die Träger leicht zu bekommen sind und dass das überhaupt nichts über die Qualität der Anbieter und deren Lehr­ personal aussagt.“ Das betonte Rudolf Kast, ehemaliger Personaler und Gründer von „Die Personalmanufaktur“. Die „rein innerbetriebliche Weiterbildung“ mit in­ ternen Trainern von dem Gesetz auszu­ nehmen, bezeichnete er als „fehlgeleitet“. „Dass der Gesetzgeber sich auf den Weg gemacht hat, das Thema Weiterbildung mit dem Qualifizierungschancengesetz zu forcieren, ist grundsätzlich gut“, er­ klärte David Urban, Senior Vice President Human Resources der Logistikfirma DHL Freight. Aber bei aller staatlicher Initia­ tive gelte es immer wieder zu betonen: „Berufliche Weiterbildung ist ureigene Kernaufgabe von Arbeitgebern und Ar­ beitnehmern.“ Es dürfe nicht dazu kom­ men, dass der Staat ohne Not Menschen von einem gerade aktuellen Engpassberuf zum nächsten umschule. Ähnliche Standpunkte vertreten auch die Verbände der Arbeitgeber und der Weiter­ bildungsanbieter. So befürchtet etwa der Wuppertaler Kreis, ein Zusammenschluss von rund 50 Akademien, dass eine hohe Förderung von nicht arbeitsplatzbezo­ genen Weiterbildungsmaßnahmen den Unternehmen einen Anreiz bieten könne, Investitionen in die reguläre Personalent­ wicklung einzuschränken, um die staatli­ che Förderung in Anspruch zu nehmen. „Es steht zu befürchten, dass gerade bei solchen Unternehmen, die vom Struk­ turwandel wirtschaftlich betroffen sind, durch die Anreizwirkung der Förder­ instrumente die Eigenverantwortung ge­ schwächt wird“, heißt es in einem Posi­ tionspapier des Verbands. Deshalb solle sich der Gesetzgeber lieber „auf solche Fälle begrenzen, in denen die unterneh­ merische Verantwortung objektiv nicht mehr wahrgenommen werden kann“. Eine möglicherweise nicht zielführende Förderung ist auch der Bundesvereini­ gung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ein Dorn im Auge. Sie regte an, Weiterbildungsförderung auf Mittelständ­ ler – also Unternehmen mit bis zu 2.000 Beschäftigten – zu begrenzen. eine Weiterbildung nach dem Qualifizie­ rungschancengesetz fördert: 1. Die Berufsausbildung eines Mitarbei­ ters liegt mindestens vier Jahre zurück. 2. Der Abstand zwischen zwei Weiterbil­ dungen muss mindestens vier Jahre betragen. 3. Das Erlernen von Fähigkeiten, die man für den aktuellen Job braucht, wird nicht gefördert. Es geht schließlich nicht um eine „arbeitsplatzbezogene, kurzfristige Anpassungsfortbildung“, sondern darum, Menschen für die Zu­ kunft fit zu machen. 4. Die Weiterbildung muss von einem von der BA dafür zugelassenen exter­ nen Bildungsanbieter durchgeführt werden. Sie kann im Unternehmen des Arbeitgebers stattfinden – muss aber auch hier von einem externen Bil­ dungsanbieter durchgeführt werden. 5. Die Weiterbildungsmaßnahme muss mehr als 160 Stunden dauern. Das entspricht einem Vollzeitkurs, der vier Wochen dauert. Die Agentur für Arbeit prüft jede Weiter­ bildungsmaßnahme vor Beginn (!) auf die „Zukunftsorientierung“ der zu ver­ mittelnden Inhalte und genehmigt dann jede Weiterbildung individuell. Sie gibt jeweils einen Bildungsgutschein aus, der bei einem zertifizierten Bildungsträger eingelöst werden kann. Ob überhaupt weitergebildet wird, entscheidet der Ar­ beitgeber. Der Mitarbeiter hat kein Recht auf Weiterbildung. Er kann auch nicht hinter dem Rücken seines Arbeitgebers durch das Qualifizierungschancengesetz gefördert werden. Denn der Arbeitgeber muss schließlich einen Teil der Kosten übernehmen. Unternehmensvertreter lobten im Vorfeld das neue Gesetz und brachten sich mit

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