wirtschaft und weiterbildung 9/2019
menschen 16 wirtschaft + weiterbildung 09_2019 enger Zusammenarbeit mit dem CEO den Kulturwandel vo- rantreibt, der Firma ein Start-up-Image einpflanzt und sie so auf dem Arbeitsmarkt positioniert. In der kriselnden Branche agiert die Konzern-Personalleiterin pragmatisch, offen und zu- packend. Die Mutige: Valerie Holsboer (Bundesagentur für Arbeit) Als die Juristin vor einem Jahr als erste Frau in den dreiköp- figen Vorstand der Bundesagentur für Arbeit berufen wurde, wusste sie, dass die Aufgabe in einem politischen Minenfeld angesiedelt ist. Gleichwohl machte sie sich daran, die verkrus tete Führungskultur der Behörde aufzubrechen. Doch ihre Stra- tegie, mit der sie mehr Offenheit schaffen wollte, erzeugt in der Behörde mit fast 100.000 Mitarbeitern Widerstand. In kurzer Zeit hat Holsboer viele Anhänger gefunden – aber auch mäch- tige Gegner, die am 12. Juli 2019 ihren Sturz herbeiführten. Der Kulturveränderer: Christoph Kübel (Bosch) Kübel hat die individuellen Boni konzernweit abgeschafft und war damit ein Vorreiter unter den Konzernen. Auch bei der In- itiative „Working Out Loud“, die er als Schirmherr unterstützt, spielte Bosch eine treibende Rolle. Nach dem BWL-Studium in Pforzheim stieg Kübel als Trainee bei Bosch ein und kam in der alten, von hierarchischer Weisung geprägten Kultur nach oben. Inzwischen lebt er die neue Arbeitswelt. Er probiert neue Me- thoden aus, hat an einem Reverse-Mentoring-Programm teilge- nommen. Er duzt seine Mitarbeiter und beteiligt sich am Social Networking. Die neuen Grundsätze zu Führung und Zusam- menarbeit, „We lead Bosch“ genannt, tragen seine Handschrift und richten sich nicht mehr nur an Führungskräfte, sondern an alle Mitarbeiter. Der Popstar: Janina Kugel (Siemens) Kugel ist ein Social-Media-Star, nur wenige Vorstände beherr- schen dieses Medium so gut wie sie. Ihre Aktivitäten sind nicht aufgesetzt, sondern Ausdruck ihres eleganten Kommunikati- onsstils: Sie kann zuhören, ist schlagfertig und empathisch. Sie möchte ermutigen. Ideen und Kompetenzen sind ihr wichtiger als Macht und Status. Kugel kann aber auch die harte Perso- nalarbeit. Sie hat in ihren 17 Jahren bei Siemens schon etliche Restrukturierungen durchgezogen. Zur größten Bewährungs- probe wurde jüngst die geplante Werksschließung in Görlitz, die der Vorstand beschlossen hatte. Angesichts von Demonstra- tionen und dem Druck aus der Politik vollzog der Vorstand eine Kehrtwende, das Werk bleibt erhalten. Kugel, die als glänzende Verhandlerin gilt, hatte mit dem Betriebsrat Kostensenkungen ausgehandelt, die das möglich machten. Bei Siemens hat die Arbeitsdirektorin zahlreiche HR-Initiativen vorangebracht, die den Wandel in der Arbeitswelt fördern. Zusammen mit den Sozialpartnern hat sie beispielsweise ein Weiterbildungspaket über 100 Millionen Euro vereinbart. Auch ihre Projekte zum agilen Workforce Planning oder im Recruiting sind wegwei- send. Das „Managermagazin“ zählte sie 2018 zu den 100 ein- flussreichsten Akteurinnen der deutschen Wirtschaft („Topfrau des Jahres“). Überraschend gab der Aufsichtsrat von Siemens Ende Juli 2019 bekannt, dass der Fünf-Jahres-Vertag von Kugel nicht verlängert werde (siehe auch Seite 9 in diesem Heft). Die Ambitionierte: Ariane Reinhart (Conti) Die promovierte Juristin, die eine Bilderbuchkarriere vorzu- weisen hat, ist seit fünf Jahren im Vorstand der Continental AG. Gerade in jüngster Zeit drückt sie mächtig aufs Gaspedal. Beispielsweise hat sie im Vorstand Zielvorgaben für mehr Di- versity in den Führungsetagen durchgesetzt. Die Qualifizierung der Mitarbeiter sieht Reinhart als Schlüssel, um den Wandel der Arbeitswelt human gestalten zu können. Dabei nimmt sie besonders die Fabrikarbeiter in den Blick. Der Gestaltungswille der 49-Jährigen reicht jedoch über das eigene Unternehmen hinaus, sie nimmt auch politisch Einfluss. Zusammen mit dem IG-Metall-Chef Jörg Hofmann macht sie sich für eine bessere Bildungspolitik stark. Der Verantwortungsvolle: Uwe Tigges (Innogy) Als der ehemalige Innogy-CEO hinwarf, weil der Konzern zer- schlagen werden sollte, brauchte man einen, der den Laden noch für ein paar Jahre zusammenhalten konnte. Personalchef Tigges wurde gefragt und sagte zu. Jetzt macht er als CEO aus dieser Situation das Beste. „Wir werden übernommen, weil wir gut sind“, so formulierte es der Ruhrgebietsmensch Tigges auf der vergangenen Hauptversammlung von Innogy. Er kämpft dafür, dass „unsere Kultur und unsere Köpfe“ in größtmög- lichem Umfang auf die Energieriesen Eon und RWE, die Innogy unter sich aufteilen wollen, übertragen werden. Dass Tigges zu den besten HR-Managern gehört, hat er bereits bei RWE unter R Elke Eller. Den HR-Bereich grundlegend modernisiert. Roland Hehn. Prozesse wurden vorbildlich digitalisiert.
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