wirtschaft und weiterbildung 10/2019

62 wirtschaft + weiterbildung 10_2019 Stefanie Hornung hot from the US In der Arbeitswelt gibt es viele anscheinend „ewige“ Wahrheiten: Mitarbeiter brauchen Ziele, wünschen sich ständig Feedback und wollen möglichst viele Entscheidungen selbst treffen. Marcus Bucking- ham, Leiter des ADP Research Institute, nimmt sich mit Ashley Goodall, Senior Vice President Leader- ship and Team Intelligence bei Cisco, im Buch „Nine Lies about Work“ scheinbar unverrückbare Wahr- heiten vor. Konkret geht es zum Beispiel um die Annahme (die Kompetenzmodellen zugrunde liegt), dass die besten Mitarbeiter einem Idealprofil am nächsten kommen. Doch keine zwei Menschen, die die gleiche Arbeit gut machten, kämen wirklich auf die gleiche Weise zu ihrer Exzellenz. Diese erreich- ten sie vielmehr durch „Stacheligkeit“, indem sie ihre einzigartigen Stärken ausspielten. Auch dass Menschen ständig ehrliches Feed- back bräuchten, stimme nicht. Menschen wollten vielmehr positive Aufmerksamkeit, die viel häu- figer zu hoher Leistung führe als Feedback. Ein weiterer Irrglaube ist, Menschen könnten andere zuverlässig bewerten. Jeder zeige sein eigenes Bewertungsmuster und somit sage die Bewertung mehr über den Bewerter als den Bewerteten aus. Und schließlich sei auch vieles Nonsens, was als Führungskräfteentwicklung angeboten werde, weil es einfach keine Kriterien für gute Führung gebe. Marcus Buckingham hat bereits mit seinem Buch „First, Break All The Rules: What The Worlds Greatest Managers Do Differently” im Jahr 1999 den Spruch geprägt, dass Menschen ihre Vorge- setzten verlassen und nicht ihre Unternehmen. Jetzt heißt es in seinem neuen Buch: Menschen sei es egal, für welches Unternehmen sie arbeiteten, es komme auf das Team an, in dem sie sich befänden. Das Buch „Nine lies“ ist erhellend, weil es den Autoren gelingt, verkrustetes Denken auf- zubrechen und scheinbar Unverrückbares infrage zu stellen. Bei weit verbreiteten Überzeugungen von „Lügen“ zu sprechen, ist allerdings irreführend. Es handelt sich schließlich nicht um aktive Täuschungsversuche, sondern um Konventionen, die im verwendeten Kontext nicht immer viel oder sogar gar keinen Sinn machen. Die Autoren begründen ihre Sichtweisen mit einer Masse an Daten aus den Archiven von Gal- lup, ADP und Cisco. Nach der Lektüre des Buchs sollten sich professio- nelle Personaler unbedingt einige spannende Fra- gen stellen. Beispielsweise: Können wir Menschen in einer komplexen Arbeitswelt wirklich immer in eine Rolle bringen, in der ihre Schwächen egal sind? Spielt die Unternehmenskultur im Vergleich zum Team für das Commitment der Beschäftigten wirklich keine Rolle? Kann ein schlechter Manager in einer guten Kultur nicht deutlich mehr erreichen als ein guter Manager in einer schlechten Kultur? Statt Polaritäten zwischen alter und neuer Arbeit zu pflegen, sollten sich Personaler gemeinsam an verschiedenen Sichtweisen reiben. Dafür bietet das Buch eine gute Vorlage. Neues über die Arbeitswelt Mehr Irrtümer als Lügen ... Die freie Journalistin/Reporterin Stefanie Hornung hat sich auf die Themen New Work, Personalmanagement und Diversity spezialisiert. Sie gehörte viele Jahre als Pressesprecherin zum Team der größten deutschen Personalfachmessen „Zukunft Personal“, „Personal Nord“ und „Personal Süd“. Außerdem war sie Chefre- dakteurin des Onlineportals „HRM.de “. Mail: s.hornung.ma@gmail.com Foto: Ines Meier Marcus Buckingham, Ashley Goodall: „Nine Lies about Work: A Freethinking Leader‘s Guide to the Real World, Harvard Business Review Press, Boston, Massachusetts 2019, 256 Seiten, 20 Euro Keine zwei Menschen kommen auf die gleiche Weise zu ihrem Erfolg. „ „

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