wirtschaft und weiterbildung 10/2019
messen und kongresse 52 wirtschaft + weiterbildung 10_2019 baubranchen werden überlagert von der Strukturkrise, die von der Digitalisierung getrieben wird. Reinhart plädierte des- halb dafür, den begonnenen Umbau fort- zusetzen und die Krise dafür zu nutzen, die Qualifizierung der Mitarbeiter in Rich- tung zukunftsorientierter Geschäftsfelder voranzutreiben. Basis für die Qualifizierungsmaßnahmen sei die strategische Personalplanung des Unternehmens, aus der die Qualifikatio- nen abgeleitet werden, die das Unterneh- men künftig brauche. Ein großer Fehler von Unternehmen sei es, Schulungen für Kompetenzen zu finanzieren, die nicht gebraucht werden. Das sei Geldver- schwendung, so Reinhart. Mit Leadership durch die Krise Unter den versammelten HR-Managern ist Führung nach wie vor eines der drei Topthemen. Die Gefahr sei derzeit groß, dass angesichts der schwierigen wirt- schaftlichen Lage wieder auf autori- täre Führungskonzepte zurückgegriffen werde, warnte Reinhart. Gleichzeitig warb sie dafür, auch Kostenprogramme und unangenehme Maßnahmen mit den Instrumenten partizipativer Führung zu entwickeln und durchzusetzen. Heike Bruch, DGFP-Vorstandsmitglied und Professorin an der Universität Sankt Gal- len, warnte in ihrer Rede vor dem „Dar- winismus der Eliten“ und plädierte für eine „Werte- und Zielgemeinschaft von Unternehmen und Mitarbeitern“. Bei den Forschungen für ihre neue Studie „People Management 2025“ beobachtete sie, dass an die Führungskräfte derzeit paradoxe Anforderungen gerichtet würden. So sol- len sie unter bürokratischen Bedingungen agil führen. Das Bashing gegen Führungs- kräfte führe derzeit dazu, dass es eine breite Versicherung in der Führung gebe. Dialog mit dem Minister Mit Spannung wurde der Auftritt von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil am zweiten Kongresstag erwartet. Bereits in der Eröffnungsrede hatte sich Reinhart lo- bend zum Qualifizierungschancengesetz und dem „Gute Arbeit von Morgen-Ge- setz“ geäußert. Gut gelaunt präsentierte Hubertus Heil seine Sicht auf die bevor- stehenden Umwälzungen. Laut Fachkräf- temonitoring des BMAS werden bis zum Jahr 2025 rund 1,3 Millionen bestehende Arbeitsplätze wegfallen, gleichzeitig aber 2,1 Millionen neue Arbeitsplätze entste- hen. So sieht er Deutschland für künftige Transformationen am Arbeitsmarkt gut gerüstet. Die gute wirtschaftliche Entwicklung und die gute Lage am Arbeitsmarkt hätten dazu beigetragen, dass die Bundesagen- tur für Arbeit ausreichende Rücklagen bil- den konnte. In Krisenzeiten könne man bei Bedarf darauf zurückgreifen, ohne den Haushalt zu belasten. „Die Schick- salsfrage für den Arbeitsmarkt ist das Thema Qualifizierung“, sagte Heil und wies in diesem Zusammenhang auf das neue „Qualifizierungschancengesetz“ hin, das Unternehmen Anreize liefern soll, Mitarbeiter zu qualifizieren. So ist es seit Anfang dieses Jahres möglich, Un- ternehmen, die sich im Strukturwandel befinden oder bei denen es einen Fach- Über ein Jahrzehnt lang ging es mit der deutschen Wirtschaft nur bergauf. Wachsende Budgets erlaubten es den HR-Verantwortlichen, in Recruiting und Talentmanagement zu investieren und zahlreiche New-Work-Initiativen zu star- ten. Folglich beschäftigten sich auch die meisten HR-Veranstaltungen damit. Ari- ane Reinhart, die Vorstandsvorsitzende der DGFP, und ihre neue Geschäftsführe- rin Norma Schöwe setzten nun erstmals die aufziehende Wirtschaftskrise auf die Agenda – ohne diese zum Monothema zu machen. Damit bewiesen sie ein feines Gespür für Timing und Gewichtung. Vorbereitung auf die Krise Während sich in der Öffentlichkeit der- zeit noch viele Manager vor dem Begriff „Krise“ drücken, sprach es Reinhart gleich auf dem ersten Podium des Kon- gresses an: „Die Automobilbranche be- findet sich mitten in der Krise.“ In der Schlüsselbranche der deutschen Wirt- schaft geht das Auftragsvolumen seit Monaten zurück, vielfach laufen bereits Kostenprogramme, zu denen Arbeitszeit- reduzierungen und Kurzarbeit gehören. „Wir brauchen die Instrumente aus dem Krisenkoffer“, erinnerte Norma Schöwe an Maßnahmen, die während der letz- ten Wirtschaftskrise entwickelt wurden. Doch viele HR-Manager, die heute an Deck stehen, sind nicht krisenerprobt. Das zeigte eine spontane Umfrage im Saal: Weniger als die Hälfte der Anwesen- den gab an, über entsprechende Erfah- rungen zu verfügen. Die wirtschaftlichen Probleme der Auto- oder Maschinen- Mit Optimismus durch die Krise DGFP-KONGRESS 2019. Eine ehemalige Lagerhalle im Berliner Hafen bildete diesmal die Kulisse für den Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP). Es kamen 350 Teilnehmer, um über die aktuellen HR-Trends zu diskutieren.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==