wirtschaft und weiterbildung 10/2019
wirtschaft + weiterbildung 10_2019 51 John Strelecky. Der US-Bestsellerautor brachte die Zuhörer dazu, aufzustehen und über einen sei- ner Ratschläge zu diskutieren. Hubertus Heil (4. von links). Der Bundesarbeitsmi- nister will, dass der techologische Wandel menschlich gestaltet wird. fest“ zum Thema „Zukunft der Arbeit“ vorgestellt werden. „Die Lücke, die wir schließen wollen, ist die Vermittlung konkreter Handlungsempfehlungen“, so Ralf Hocke, Chef des Messeveranstalters „Spring Messe Management“. Mit den folgenden zehn Thesen will die Initiative „Future of Work“ (FoW) in der Persona- lerszene die Diskussion über das geplante Manifest eröffnen: 1. Jeden Arbeitsplatz analysieren. Der Ein- satz von neuen Technologien bringt einen neuen Zuschnitt der Arbeitsprozesse mit sich und verändert die Arbeitsorga- nisation und die Arbeitsplätze in einem Großteil der Betriebe und Verwaltungen. Von der Veränderung sind alle Branchen, Positionen und Funktionen betroffen, von der Assistenz bis zum Vorstand. Den Ri- siken des Job- und Qualifikationsverlusts stehen die Chancen der Entlastung von schwerer Arbeit oder von stupiden Rou- tinearbeiten und neuen zukunftsfähigen Aufgaben gegenüber. 2. Die digitale Employability der Mitarbei- ter fördern. Machen Sie ihren Führungs- kräften und Mitarbeitern klar, dass diese neue Technologien verstehen und sich um ihre digitale Employability kümmern müssen. Schaffen Sie Lernangebote, die zur digitalen Employability beitragen! 3. Das Lernen in der Unternehmenskultur verankern. In den Unternehmen verän- dern sich Berufe und Qualifikationsan- forderungen schneller als in der Vergan- genheit. Neue Berufsfelder entstehen, alte verschwinden. Unternehmen erwarten von den Mitarbeitern die Bereitschaft, jeden Tag dazuzulernen und sich ver- bessern zu wollen. Schaffen Sie Anstöße und Freiräume zum Lernen, Appelle an die Eigenmotivation reichen nicht aus. Vermeiden Sie Lernen auf Vorrat! Veran- kern Sie das Lernen in der Umgebung des Arbeitsplatzes, sodass die Mitarbeiter das Gelernte auch umsetzen können. 4. Eine Arbeitgebermarke schaffen, die le- benslanges Lernen beinhaltet! Unterneh- men sind disruptiven Veränderungen aus- gesetzt. Manche Unternehmensbereiche werden zurückgefahren, während neue entstehen. Managen Sie das offen und transparent! Schaffen Sie Transparenz über interne Arbeitsmärkte und Karrie- rewege. Machen Sie ihr Unternehmen zu einem Ort, in dem lebenslanges Lernen und die Fortentwicklung von Jobs mög- lich sind! 5. Ein Unternehmen sollte über Netzwerke und Hierarchie gesteuert werden. Ergän- zen Sie ihre Hierarchien durch Netz- werke. Komplexe Organisationsstruk- turen können Sie mit Konzepten wie Selbstorganisation, Agilität und Eigenver- antwortung steuern, um die Reaktions- zeiten zu beschleunigen und besser Ent- scheidungen herbeizuführen. Mit neuen Technologien fördern Sie die horizontale Vernetzung und schaffen neue Möglich- keiten der Zusammenarbeit. Für die Un- ternehmenssteuerung bieten sich damit neue Chancen, um neue Ressourcen für das Business zu mobilisieren. Machen Sie Ihr Unternehmen zu einem Ort, in dem lebenslanges Lernen und die Fortentwick- lung von Jobs möglich sind! 6. Führungskräfte sollten zu Enablern und Lotsen werden. In Netzwerkorganisatio- nen verschieben sich die Aufgaben von Führungskräften. Während klassische Führungsaufgaben wie Planung und Kontrolle von Teams und Mitarbeitern an Bedeutung verlieren, wird die Motivation und Befähigung (Enabling) von Mitarbei- tern und Teams wichtiger. 7. Digitale Assistenten und Roboter sind als neue Kollegen zu akzeptieren! Wäh- rend in den Fabriken Roboter zu neuen Kollegen werden, sind das in den Büros die digitalen Assistenten. Schaffen Sie frühzeitig Piloten und Experimentier- räume, so dass Mitarbeiter Ängste ab- bauen und positive Erfahrungen sam- meln können. 8. Arbeitsräume sollten den Menschen und ihrer Tätigkeit angepasst werden. Nutzen Sie für die Gewinnung und die Zusam- menarbeit von Mitarbeitern die neuen technischen Möglichkeiten, die eine zeit- und ortsunabhängige Zusammenarbeit ermöglichen. Virtuelle und augmentative Räume ergänzen im Arbeitsalltag zuneh- mend die physischen Räume. Managen Sie die Gefahren der ständigen Erreich- barkeit offensiv und nutzen die Möglich- keiten der individuellen Gestaltung von Arbeitsort und -zeit. 9. Es gilt, das „Ecosystem“ der Arbeit zu ge- stalten. Die Unternehmensgrenzen wer- den fluider, da die Zusammenarbeit mit Partnern, Dienstleistern und Freelancern an Bedeutung gewinnt (Ecosysteme). Für die meisten Menschen bleibt die „Festan- stellung“ zwar die bevorzugte Form des Arbeitens, doch manche Freelancer lie- ben ihre Selbstständigkeit. 10. Mut zum Experimentieren muss sein. Für die Digitalisierung und Neugestal- tung der Arbeitswelt gibt es kein Muster, sondern jedes Unternehmen muss seinen eigenen Weg finden. In jeder Branche gibt es Pioniere, die als Vorbilder dienen können. Suchen Sie den Austausch mit diesen. Bei der Digitalisierung geht es auch um Geschwindigkeit. Probieren Sie Dinge aus, bevor sie zu lange an einem Masterplan arbeiten. Haben Sie Mut zum Experimentieren! Bundesarbeitsminister Hubertus Heil begrüßte bei der Eröffnung der Messe insbesondere den Ansatz der Initiative, wissenschaftliche Erkenntnisse mit unter- nehmerischer Praxis zu verbinden: „Die Gestaltung der Arbeitswelt ist eine Ge- meinschaftsaufgabe, die mit vielen Chan- cen, aber auch kritischen Fragestellungen einhergeht.“ Gudrun Porath
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