wirtschaft und weiterbildung 10/2019
personal- und organisationsentwicklung 32 wirtschaft + weiterbildung 10_2019 5. Individuelle Mitarbeiterentwicklung ist wichtiger als Leistungsmessung Als Sinnstifter sollten Führungskräfte ihren Mitarbeitern entsprechend erklä- ren, warum ihre Arbeit für das Unterneh- men wichtig ist. Zudem sollten sie sich als Personalentwickler betrachten und ihnen helfen, sich weiterzuentwickeln sowie wertschätzendes Feedback geben. Jährliche Zielvereinbarungen und die klassische Leistungsbeurteilung passen da nicht mehr so richtig ins System. Bes- ser sind Gespräche zwischen Führungs- kraft und Mitarbeiter über kurzfristige Ziele und die Karriereentwicklung nach Abschluss von Projekten. Diskussionen über die Leistung und deren Bewertung sind zwar sinnvoll, im Vordergrund steht jedoch, wie der Mitarbeiter sich verbes- sern kann. Hierzu muss die Führungskraft verstehen, was den Mitarbeiter tatsächlich antreibt und individuell motiviert. Denn es geht im Wesentlichen darum, die Selbstwirk- samkeit des Mitarbeiters zu unterstützen. Das heißt nicht, keine Kritik zu üben, doch sie muss konstruktiv sein. Stellen Sie eine Atmosphäre von Vertrauen und Akzeptanz her, nicht von Beurteilung. 6. Gute Führungskräfte sind Potenzial- Booster für Talente Talente sind elementar für den Erfolg eines Unternehmens. Aber sie sind knapp. Daher muss auch die Talentent- wicklung in den Unternehmen neue Wege gehen. Sie muss proaktiv und vorausschauend betrieben werden, um die besten Köpfe gewinnen zu können. Viele Talente werden nämlich nicht ent- deckt, da sie durchs Raster fallen. Verset- zen Sie sich außerdem in die Lage Ihrer Topprojektarbeiter: Wie können Sie deren Entwicklung und persönlichen Marktwert am meisten unterstützen und befördern? Wenn Sie die besten Chancen für diese Mitarbeiter vorläufig nicht im eigenen, sondern in anderen Unternehmen sehen, sollten Sie sie darauf aufmerksam ma- chen, den Job vermitteln, in Kontakt blei- ben und in zwei bis drei Jahren wieder eine Stelle anbieten, wenn diese neue Erfahrungen gemacht haben, welche in Ihrem Unternehmen benötigt werden. Das mag verrückt klingen, ist aber ver- nünftiges strategisches Talentmanage- ment. Auf lebenslange Loyalität dürfen Sie speziell bei der Generation der Mille- nials ohnehin nicht hoffen, und überqua- lifizierte Mitarbeiter werden früher oder später von selbst gehen. Im Prinzip geht es darum: Gelingt es Ihnen, Exkollegen an wichtigen Stellen bei Kundenunter- nehmen zu platzieren, erhöhen Sie Ihre Chancen auf neue Aufträge. Helfen Sie Ihren Mitarbeitern, sich ein individuel- les Karrierenetzwerk aufzubauen und si- chern Sie sich so die Kontakte durch ein Ehemaligennetzwerk. 7. Weg mit hierarchischen Entscheidungswegen Da die Entscheidungsbefugnisse für Mit- arbeiter in der digitalen Transformation zunehmen, werden die Hierarchien auto- matisch flacher. Insbesondere für hierar- chisch geprägte multinationale Unterneh- men ist es wichtig, Entscheidungen weit- möglichst auf der Expertenebene fällen zu lassen. Zumindest ist es sinnvoll, dass keine Entscheidung mehr als zwei Ebe- nen über dem Entscheidungsvorbereiter getroffen wird, da so die Agilität oftmals durch überlastete Topmanager und somit durch ständige Verzögerungen von Ter- minen blockiert wird. Unerlässlich hier- für: Vorstände müssen in die Fähigkeiten der Mitarbeiter vertrauen. Ein kompletter Mindset Change weg von Angstkultur ist nötig, um Skandale wie Dieselgate zu vermeiden! 8. Her mit einer Coaching-Kultur Coaching ist einer der entscheidenden Schlüssel, um nachhaltig eine agile und entwicklungsorientierte Unternehmens- kultur zu gestalten, und sollte die typi- sche Haltung der Führungskraft jenseits vom Krisenmodus sein. Bei vielen Füh- rungskräften kollidiert jedoch die not- wendige Coaching-Haltung mit einem althergebrachten Rollenverständnis und dem Performance-Management-Ansatz: Sie wollen und müssen beeinflussen. Und sie sind es gewohnt, Mitarbeiter zu be- urteilen. Insofern fällt es ihnen auch schwer, den Mitarbeiter wertschätzend und mit offe- ner Haltung über ein Set spezifischer Fra- gen zu einer Entscheidung zu bringen. Da sich aber auch die Topmanager im Coa- ching mit ihren weichen Faktoren und mit sich selbst auseinandersetzen (müssen), ist davon auszugehen, dass sich nach und nach eine positive Grundhaltung gegen- über Coaching-Themen etablieren wird. 9. Lernorientierung und Fehlerkultur helfen weiter Vernetzt aufgebaute Unternehmen arbei- ten nicht linear, sondern in iterativen Pro- zessschleifen. Dabei gehören Fehler quasi zum Programm. Eine gesunde Fehlerkul- tur ist essenziell für agiles Arbeiten. Oder anders ausgedrückt: die Überzeugung, dass Erfolg auf vorherigen Erfahrungen aufbaut und wir am besten aus Fehlern lernen. Wenn Scheitern im Innovations- bereich positiv ist, ist dies im Produkti- onsprozess allerdings ein Nachteil. 10. Moderne Office Spaces als Begegnungsräume Das Büro der Zukunft wird mehr und mehr eine offene Plattform und ein inter- disziplinäres Labor für neue Ideen sein. Dennoch ist es für viele Arbeitnehmer wichtig, einen festen Arbeitsplatz mit Tisch und Sitzplatz zu haben. Desk-Sha- ring ist für den Großteil der Mitarbeiter nicht ideal. Wichtig ist vor allem, dass Sie Möglichkeiten schaffen, damit sich die Mitarbeiter abteilungsübergreifend vernetzen können. Begegnungsstätten, um Silodenken zu eliminieren, ist das höchste Gebot für alle modernen Office Spaces. Jan Brecke R Jan Brecke ist Experte für Führung im digita- len Zeitalter. Der Diplom- Psycho - loge, Betriebswirt und systemische Coach berät Konzerne und coacht Senior Executives. In seinem Buch „Singularity Leadership“ gibt er Unter- nehmen ein innovatives Führungsmo- dell an die Hand. Jan Brecke Consulting / Coaching Rümannstraße 68 80804 München Tel. 0172 4547525 www.janbrecke.com AUTOR
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