wirtschaft und weiterbildung 10/2019
wirtschaft + weiterbildung 10_2019 23 Her mit den „Magic Moments“ Das Überraschende an Messers Buch ist, dass es zuerst einmal ganz grundsätzliche Gründe liefert, warum Trainings in einem Seminarraum nach wie vor Sinn machen: Trainings können Menschen zu einem anderen Verhalten bewegen, dafür sorgen, dass sie ihre Neugier wiederentdecken und Festgefahrenes infrage stellen. Bahn frei für die „tieferen“ Anliegen Es wird dem Leser aber auch sehr schnell klar, dass Prä- senzseminare nur deshalb nicht aussterben werden, weil es Menschen gibt, die die Methodik und die Didaktik stän- dig verbessern. Messer gehört zweifellos zu diesen Men- schen. Sie will mit ihrem Buch außerdem noch provozieren. In der „recht behäbigen“ Trainingswelt sollen überflüssige Seminare wegfallen und das „tiefe“ Anliegen wieder im Mit- telpunkt stehen. Ohne ein radikales Umdenken wird das nicht gehen. Messer kennt die Szene und weiß: „Trainings, die inhaltlich tagelang an der Oberfläche dümpeln und sich um die allgemeinen Kommunikationsthemen ranken, werden Menschen wohl kaum dazu bringen, grundlegend anders zu denken und zu handeln.“ Die Seminarteilnehmer der Zukunft brauchen also hochka- rätigere Lernprozesse, die ihnen unter anderem Kreativität, kritisches Denken, Kommunikationsstärke und den Willen zur Zusammenarbeit mit anderen vermitteln. Gute Trai- nings bieten genau an diesem Punkt motivierende Impulse von außen, Perspektivenwechsel und Inspiration. Dafür Rezension. Barbara Messer hat sich in ihrem neuen Buch „Wir brauchen andere Trainings“ grund- sätzliche Gedanken über die Trainings und Workshops von morgen gemacht und liefert wertvolle Impulse – auch für die alten Hasen. Die Zukunft gehört den wirklich maßgeschneiderten, nutzer- freundlichen, emotionalisierenden und an der Unternehmensstrategie ausgerichteten Trainings. Zukunft Personal Europe 2019. In der Weiterbildungshalle nutzte Barbara Messer 45 Minuten lang ihre Bühne. brauchen wir aber auch besondere Trainer: Menschen, die als Modell dienen. Deshalb legt Messer in ihrem Buch so viel Wert darauf, die künftigen Kompetenzen von Trainern zu beschreiben. Für die besagten Impulse brauchen wir aber auch besondere Momente in den Trainings. Messer beschreibt zum Glück sehr ausführlich und beispielhaft, wie sie in ihren Trainings „Magic Moments“ inszeniert (Ereignisse, die alle Beteiligten mitnehmen, emotionale Erschütterungen, die im positiven Sinne Spuren hinterlas- sen und die der Anfang einer Transformation sein können). Die Aufmerksamkeit der Teilnehmer gewinnen Eine Inszenierung besteht in der Regel darin, dass Messer (manchmal zusammen mit Co-Trainern) quasi als „Schau- spielerin“ in eine Rolle schlüpft und den Seminarteilneh- mern eine emotionale Szene vorspielt. Das kann ein Mana- ger sein, der sein Scheitern beschreibt, ein Werkstattmei- ster, der einen Mitarbeiter belehren muss und dabei den erhobenen Zeigefinger vermeiden will, oder ein Abteilungs- leiter, der Kündigungen aussprechen soll und einem Kolle- gen seine Schuldgefühle beichtet. Einmal musste Messer für verunsicherte Einzelhändler ein Training zum Thema „Zukunft des Handel“ geben. Sie über- legte, in welchem Laden sie selbst gerne einkauft. Es war ein Outdoor-Laden, der tolle Aktionen veranstaltet, um Kun- den zu gewinnen und zu halten. Messer baute im Seminar- raum ein Zelt auf, schrieb die von ihr beobachteten Erfolgs- faktoren des Outdoor-Ladens auf A4-Zettel und reichte sie aus dem Zelt heraus zu ihrer Co-Trainerin, die diese vorlas und an eine Pinwand klebte, an der auch (um die Illusion perfekt zu machen) einige typische Outdoor-Gegenstände hingen. Man kann sich vorstellen, wie hoch die Aufmerk- samkeit der Seminarteilnehmer war und wie engagiert sie die zur Diskussion gestellten Erfolgsfaktoren auf Relevanz für das eigene Geschäft durchleuchteten. Dieser eindrück- liche Moment wurden mit leicht zu beschaffenden Mitteln und mit viel Fantasie erzeugt. Insgesamt werden acht solcher szenischen Einstiege in ein Trainingsthema vorgestellt. Und natürlich haben bei Mes- ser auch die Teilnehmer ihre Auftritte – wenn zum Beispiel Präsentationen wie TV-Casting-Shows ablaufen. Das klingt nach der guten alten Suggestopädie, wurde aber von einer kreativen Trainerin entscheidend weiterentwickelt. Martin Pichler
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