Seite 56 - wirtschaft_und_weiterbildung_10_2011

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wirtschaft + weiterbildung
10_2011
petenz aufzubauen, gehe leider vielen
Rednern oder Trainern der Atem aus. Er
selbst müsse zugeben, dass er oft an dem
Punkt gewesen sei, wo er sich verzwei-
felt gefragt habe, was er denn noch alles
lernen solle, um besser zu werden. Am
schlimmsten aber seien die Unreifen, die
sich anmaßten, andere auszubilden. „Was
mir momentan auf den Zeiger geht in un-
serer Branche: Überall laufen Menschen
herum und bieten Train-the-Trainer-Wei-
terbildungen an. Wer wirklich gut ist, hat
so viele Aufträge, dass er gar keine Zeit
hat, andere auszubilden“, ereiferte sich
Grundl und ruderte kurz darauf etwas
zurück: „Das ist aber einfach nur meine
Meinung“.
Noch härter ins Gericht ging der Bußpre-
diger mit dem gespielten Optimismus, den
Trainer und Berater gerne zur Schau trü-
gen. Fast jeder behaupte ständig, es gehe
ihm sehr, sehr gut und er sei wahnsinnig
gut ausgebucht. „Die Menschen bren-
nen immer mehr aus, weil sie glauben,
sie müssten gut drauf sein, sie müssten
so tun, als ob sie Neid, Missgunst und
Gier nicht kennen würden, sondern kurz
vor der Erleuchtung stünden.“ Zu seinen
dunklen Seiten zu stehen, sei auch Teil
der professionellen Authentizität. „Sie
verheizen sich, wenn Sie mehr vorgeben
zu sein, als Sie wirklich sind. Irgend-
wann wird jeder zurückgeworfen auf sich
selbst.“ Wer über einen Tagessatz von
3.000 Euro kommen wolle, so Grundl,
der müsse vom Publikum als Vorbild ak-
zeptiert werden. Und dazu brauche man
eine gewisse Reife. „Es dauert viele, viele
Jahre, bis man in diese Vorbildfunktion
hineingewachsen ist.“
Da sich an die Vorträge im Plenum grund-
sätzlich keine Diskussion mit einem Red-
ner anschloss, war schwer abzuschätzen,
wie Grundls Vortrag bei seinen Speaker-
Kollegen ankam. Er erhielt zwar Standing
Ovations wie viele andere Redner vor
ihm, aber in den Pausen war durchaus
Kritik zu hören. Besonders die Fans der
emotionsgeladenen, inhaltsfreien Motiva-
tionsrede fanden sich von Grundl nicht
genug gewürdigt. Vieles sei zu krass for-
muliert gewesen und führe in letzter Kon-
sequenz nur zu einer Polarisierung in der
Speaker-Profession.
Gleichwohl hatten mehrere Redner un-
abhängig von Grundl die Forderung in
ihre Vorträge mit aufgenommen, dass
ein Speaker immer ein „Lernender“ blei-
ben müsse und die Aufgabe hätte, seine
„Substanz“ zu mehren. „Ihr Erfolg hängt
davon ab, wie viel sie jeden Tag in die
Entwicklung ihrer Fähigkeiten stecken“,
sagte zum Beispiel der US-Profi Jeffrey
Gitomer in seinem Vortrag „Things I have
learned in my last 2.000 speeches“.
Reinhold Messner: „Redner
stiften Sinn“
Und Siegfried Haider, Ehrenpräsident
und Gründer der German Speakers As-
sociation (GSA) und Geschäftsführer von
„experts4events“, stellte in seinem Mar-
ketingvortrag die Überzeugung an den
Anfang, dass sich Redner nur über erst-
klassige Inhalte verkaufen könnten. Nur
guter Content schaffe bei den Einkäufern
das notwendige Vertrauen und deshalb
sei es wichtig, zum Beispiel auf der eige-
nen Homepage wichtige Unterlagen groß-
herzig herzuzeigen.
Die German Speakers Association pflegt
von Anbeginn an eine gewisse Award-
Kultur, die diesmal ihren Höhepunkt
erreichte, als der Bergsteiger Reinhold
Messner, der katholische Pater Dr. Anselm
Grün und der Fernsehjournalist Dr. Franz
Alt in Anerkennung ihrer Leistungen als
Redner in die „Hall of Fame“ der Ger-
man Speakers Association aufgenommen
wurden. Messner hielt eine umjubelte
Dankesrede, die sich mit der Rolle eines
Redners für die Gemeinschaft auseinan-
dersetzte. „Ich erzähle Geschichten. Im
Grunde tue ich nichts anderes, als das,
was die Barden vor Tausenden von Jahren
getan haben, wenn sie von einem Aben-
teuer zurückkamen. Sie setzten sich an
das Feuer und erzählten den Ihrigen was
erlebt worden war“, definierte Messner
seine Rolle. Auch er spreche über primäre
Erfahrungen und versuche, die Zuhörer
emotional zu erreichen. Es gehe um das
Eintauchen in die Gefühle anderer.
„Ich habe mein Wissen nicht aus einer
Universitätsbibliothek. Ich habe meine
Erfahrungen gemacht und heute nehme
ich nun die Möglichkeit wahr, diese Er-
fahrungen zu teilen.“ Er verstehe sich als
Stellvertreter für all jene, die nicht die Zeit
gehabt hätten, auf Berge zu klettern. „Das
Teilen meiner Erfahrungen mittels Bühne
ist mir inzwischen ein Anliegen gewor-
den. Ich mache es allerdings nicht mehr
so oft (vielleicht noch zweimal oder drei-
mal im Monat), weil auch Botschaften
und Erfahrungen platt werden. Sie blei-
ben nur stark, wenn sie selten geteilt wer-
den.“ Nur wenn er als Redner stark sei,
wenn er Kraft habe, habe er das Recht,
eine Bühne zu betreten. Auch wenn er
inzwischen seltener rede, werde er doch
immer wieder auf eine Bühne zurück-
kehren, um in seine Stellvertreterrolle
zu schlüpfen. Es sei ein gutes Gefühl,
wenn seine tiefgehenden Erfahrungen,
die er draußen in der Wildniss gemacht
habe, für andere auch etwas bedeuten.
„Diese Chance, Sinn zu stiften mit seinem
Leben, mit seinem Tun, das ist vielleicht
die größte Aufgabe, die wir haben, wenn
wir als Redner auf der Bühne stehen“,
meinte Reinhold Messner.
Martin Pichler
R
Gaby S. Graupner
, Verkaufs-
trainerin aus München,
wurde als neue Präsidentin
der German Speaker
Association in ihr Amt
eingeführt. Ihr Vorgänger war
Prof. Dr. Lothar Seiwert.