wohnungspolitische informationen 46/2019

STUDIE Fortsetzung von Seite 1 lichen Investitionen verbunden, die weit über die derzeitigen punktuellen Lösun- gen der Probleme hinausgehen. Aus Sicht der Wohnungsunternehmen muss an vie- len verschiedenen Stellschrauben gedreht werden, um das Zusammenleben im Quar- tier zu verbessern. Mit dem tiefgreifenden Wandel in der Arbeitswelt, in der die Zahl von Arbeits- plätzen mit zu geringer Einkommenssicher- heit zunimmt, sind in bestimmten Quar- tieren immer mehr Menschen von Armut bedroht. Dadurch entsteht ein hohes Kon- Verteilung der Quartiere nach wahrgenommener Belastung, n = 230. Eigene Darstellung nach eigener Berechnung. Verteilung der Quartiere nach wahrgenommener Segregation, n = 166. Eigene Darstellung nach eigener Berechnung. fliktpotenzial, welches zu überforderten Nachbarschaften führt. Einerseits muss mit qualitativ besseren Angeboten in Bil- dung, Ausbildung und Sozialarbeit reagiert werden, um den höheren Anforderungen gerecht zu werden. Andererseits geht es weit darüber hinaus. „Wir brauchen eine verantwortungsbewusste politische Haltung, sich in den Städten eindeutig gegen Segregationstendenzen zu stellen”, erklärte Dr. Christian Pfeffer-Hoffmann , Geschäftsführer des Forschungsinstituts Minor, anlässlich der Vorstellung der Stu- die am 13. November 2019 in Berlin. Dafür werden erhebliche Investitionen benötigt, die mit einer besseren räumlichen Ver- teilung preiswerten Wohnraums in allen Stadtteilen zusammenhängen. Kein Flächenbrand – aber Anstieg von Gewalt Auch wenn sich im Ergebnis der Studie kein „Flächenbrand” durch Konflikte und Herausforderungen zeigt, stehen besonders die Wohnungsunternehmen in belasteten Quartieren vor Problemen wie Kinderarmut, geringem Bildungsstand, Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit, interkulturellen Konflikten, Perspektivlo- sigkeit, Gewalt in Familien sowie Alkoho- lismus. Diese Ausgangslage schlägt sich im Quelle: Minor Empfehlungen auf allen Ebenen Was sollte die lokale Ebene tun? • Ausbau von schulischen und außerschulischen Bildungsein- richtungen und dem Übergang Schule-Arbeit im Quartier • Gezielte Bekämpfung von Arbeitslosigkeit durch die Stärkung von lokalen Angeboten im Quartier • Gezielte Stärkung von Begegnungsstätten, Nachbarschafts- treffs sowie Jugend- und Freizeitangeboten • Systematische Unterstützung, Begleitung sowie Stärkung von Ehrenamt und Stärkung der Teilhabe und des Engagements von Bewohnerinnen und Bewohnern • Entwicklung und Umsetzung diversitäts- und diskriminie- rungssensibler Angebote • Ausbau von Lotsenprogrammen, wie zum Beispiel „Integra- tionslotsen“ oder „Stadtteilmütter und -väter“ Was sollten Landkreise, Kommunen und Länder tun? Ohne das Engagement der kommunalen Politik im Quartier werden die strukturellen Herausforderungen, die von den Wohnungsunternehmen identifiziert wurden, nicht langfristig gelöst. Sechs Empfehlungen an Landkreise, Kommunen und Länder werden besonders hervorgehoben: • Förderung von Bildungseinrichtungen • Stärkung der Sprach- und Integrationskurse • Öffnung der Schulen als Orte der Begegnung, der Integration und des sozialen Lernens auch am Nachmittag und Abend • Kommunale Stärkung der Kinder- und Jugendarbeit • Honorierung von ehrenamtlicher Tätigkeit • Verstärkte Unterstützung von Initiativen für Demokratie, Toleranz, Vielfalt und gegen Antisemitismus, Extremismus und Rassismus Was sollte die Bundespolitik tun? Mit Blick auf die fortschreitende soziale Polarisierung, die Überalterung und Unterbringung von Geflüchteten und Neu- zugewanderten sowie die Integrationsarbeit besteht auf loka- ler Ebene ein hoher Bedarf an Finanzierung. Entsprechend richten sich die priorisierten Empfehlungen in Richtung Bun- despolitik auf: • Zugängliche Förder- beziehungsweise Zuschussprogramme für die Quartiersarbeit auch für Wohnungsunternehmen • Förderung einer Fachstelle „Zusammenleben im Quartier“ • Flexible Förderprogramme und/oder die Öffnung der Bund- und Länderprogramme für die Wohnungswirtschaft • Unterstützung der Wohnungsunternehmen bei ihrem Enga- gement in der Jugendarbeit • Zukunftsstrategien für schrumpfende Kommunen und Quar- tiere sowie stark belastete Quartiere in Ballungsräumen • Ein Innovationsprogramm zur Finanzierung von Forschung und Modellprojekten zur Stärkung des Zusammenlebens und der Teilhabe im Quartier Wahrgenommene Belastung Wahrgenommene Segregation 2 46/2019 Weiter auf Seite 3

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