wohnungspolitische informationen 49/2019

BUNDES- UND LANDESPOLITIK Fortsetzung von Seite 1 Bundesrat fordert härteres Vorgehen gegen Mietwucher Berlin – Der Bundesrat hat am 29. November 2019 beschlossen, in Zukunft härter gegen Mietwucher vorzugehen und den geltenden Bußgeldrahmen zu erhöhen. der Ausstattung der jeweiligen Wohnung. Bei der Wiedervermietung von Wohnun- gen soll höchstens die am 18. Juni 2019 wirksam vereinbarte Miete aus dem vorhe- rigen Mietverhältnis verlangt werden dür- fen. Liegt diese über der Mietobergrenze, ist sie darauf zu senken. Liegt die Miete einer modern ausgestatten Wohnung besonders niedrig – unter 5,02 Euro pro Quadratme- ter – darf diese bei Wiedervermietung um höchstens einen Euro pro Quadratmeter auf maximal 5,02 Euro pro Quadratmeter angehoben werden. In bestehenden Miet- verhältnissen sollen Mieterhaushalte neun Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes die Kappung einer überhöhten Miete bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen beantragen können. Voraus- setzung ist, dass die Miete um mehr als 20 Prozent über der zulässigen Mietober- grenze liegt. Zur Berechnung der zulässigen Mietobergrenze sollen Ab- und Zuschläge zur Anwendung kommen: Für die einfache Wohnlage ein Abschlag von 0,28 Euro pro Quadratmeter, für die mittlere Wohnlage ein Abschlag von 0,09 Euro pro Quadratme- ter und für die gute Wohnlage ein Zuschlag von 0,74 Euro pro Quadratmeter monatlich. Axel Gedaschko , Präsident des Spitzen- verbandes der Wohnungswirtschaft GdW, hält den Mietendeckel für das falsche Ins- trument, um bestehende Schwierigkei- ten am Wohnungsmarkt aufzulösen. Das Gesetz werde zu einem Anwendungs- chaos zwischen Vermietern und Mietern führen. Deshalb müsse schnell Klarheit vor dem Bundesverfassungsgericht geschaf- fen werden, ob der Berliner Mietendeckel überhaupt verfassungsgemäß ist. „Es ist im Übrigen völlig normal, dass man mit neuen Gesetzen das viel beschworene juristische Neuland betritt. Nicht normal ist es aller- dings, wenn staatliche Organe sehendes Auges gegen die Verfassung verstoßen und staatspolitisches Neuland betreten. Und das ist ein Unding. Ähnlich abstrus erscheint es, dass der Senat mit dem nun beschlossenen Gesetzentwurf gegen sein eigenes Rechts- gutachten agiert. Denn der renommierte Jurist Prof. Ulrich Battis ist ebenfalls zu der Ansicht gekommen, dass der Entwurf des Senats gegen die Verfassung verstößt”, kri- tisierte Gedaschko den Beschluss. Zu einem ähnlichen Schluss ist außerdem zuvor bereits der Präsident des Bundesver- fassungsgerichts a.D. Hans Jürgen Papier gekommen. Die Auswirkungen eines Mie- tendeckels hatte das Institut der Deutschen Wirtschaft in einem von der CDU-Fraktion Berlin in Auftrag gegebenen Gutachten analysiert. Danach wirke sich der Mieten- deckel negativ auf Mieter und Vermie- ter sowie den Wirtschaftsstandort Berlin aus. Nach Ansicht des Instituts der Deut- schen Wirtschaft werde die Wohnungs- knappheit in Berlin zunehmen. Aufgrund der eingefrorenen Mieten werden noch mehr Menschen in Berlin eine Wohnung suchen. Profitieren werden davon Men- schen mit höherem Einkommen. Ähnlich massiv sind die Folgen für diejenigen, die sich am Standort Berlin für mehr bezahl- baren Wohnraum einsetzen. Gelder für die Instandhaltung, Modernisierung oder sozi- ale Projekte werden künftig nicht mehr in bisherigem Ausmaß vorhanden sein. Gedaschko warnte außerdem davor, dass der Mietendeckel die Zukunftsfähigkeit des Wohnstandortes Deutschlands aufs Spiel setze. „Umso mehr appellieren wir gemein- sam mit dem BBU an das Berliner Abge- ordnetenhaus, sich in den nun anstehen- den parlamentarischen Beratungen äußerst gründlich mit allen Einwänden gegen das Vorhaben auseinanderzusetzen. Bei allen Überlegungen sollte die Grundlage sein: gegen einen angespannten Wohnungs- markt hilft auf Dauer einzig und allein mehr Neubau von günstigen Mietwohnungen. Hierauf sollte deshalb auch das Hauptau- genmerk der Berliner Politik liegen, statt auf gesetzgeberische Experimente”, so Gedaschko weiter. Auch Maren Kern , Vorstand des BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Woh- nungsunternehmen, zweifelt an der Ver- fassungsmäßigkeit des Gesetzes: „Die ver- fassungsrechtlichen Bedenken gegen einen Mietendeckel wiegen schon schwer genug. Nun dokumentiert das renommierte Institut der Deutschen Wirtschaft die darüberhi- nausgehenden enormen volkswirtschaft- lichen und stadtentwicklungspolitischen Verwerfungen, die mit einem solchen Gesetz verbunden wären.” Der Vorsitzende der Berliner Bundestags- abgeordneten Dr. Jan-Marco Luczak , Mietrechtsexperte und stellvertretender rechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, fand klare Worte zur Entscheidung des Berliner Senats: „Der Senat hat sich heute als unbelehrbar und stur erwiesen. Trotz massiver Kritik an der Verfassungsgemäßheit des Mieten- deckels und den Warnungen vor dessen negativen Folgewirkungen für Neubau und Arbeitsplätze haben SPD, Grüne und Linke das Gesetz durchgewunken. Das zeigt die ganze ideologische Verbohrtheit des Senats. Es geht nicht um die Sache, sondern darum, den brüchigen Koalitions- frieden zu wahren. Das ist arm.” Tatsäch- lich helfe der Mietendeckel den Menschen nicht, er schade ihnen. Er verhindere drin- gend benötigten Neubau und verschärfe so das Problem steigender Mieten. Der Mietendeckel sei sozial ungerecht, weil gut situierte Mieter in teuren, sanierten Altbauwohnungen am meisten von ihm profitieren würden. Umgekehrt würden soziale Vermieter wie Genossenschaften in wirtschaftliche Existenznot und private Kleinvermieter um ihre Altersvorsorge gebracht. „Wir als CDU nehmen nicht hin, dass die Linke ihre radikale und ideologi- sche Verbohrtheit auf dem Rücken und zum Schaden der Berliner auslebt. Des- wegen werden wir den Mietendeckel vor dem Bundesverfassungsgericht stoppen. Der Bundesparteitag der CDU hat sich am letzten Wochenende klar positioniert – wir wollen und wir werden gegen den Mie- tendeckel klagen”, kündigte Luczak an. (zeis/schi) Es wurde ein Gesetzentwurf beschlossen, der eine Verdoppelung des derzeit gelten- den Bußgeldrahmens auf 100.000 Euro vorsieht. Das bisher geltende Bußgeld von 50.000 Euro sei angesichts des anhaltend knappen Wohnungsmarktes nicht mehr zeitgemäß, erklärte die Länderkammer. Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sollen außerdem dafür sorgen, dass Miet- wucher leichter anerkannt wird. Danach würde es ausreichen, dass die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um 20 Prozent übersteigt und das Angebot an günstigerem Wohnraum gering ist. Bislang müssen Mieter nachweisen, dass sie sich vergeblich um eine günstigere Woh- nung bemüht haben und der Vermieter diese Zwangslage ausgenutzt hat. Dieses Ausnut- zen lasse sich in der Praxis kaum nachweisen, weshalb die Vorschrift zumMietwucher fak- tisch ins Leere laufe, begründet der Bundes- rat seine Initiative. Der Gesetzentwurf wird nun zunächst der Bundesregierung zugelei- tet, die eine Stellungnahme dazu verfasst. Anschließend legt sie beide Dokumente dem Bundestag zur Entscheidung vor. (lin/zeis) 2 49/2019

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==