Wohnungspolitische Informationen 50/2019

BUNDESPOLITIK EUROPAPOLITIK Foto: DV/offenblende Wohneigentümer und Kleinvermieter für Klimaschutz mobilisieren Berlin – Die Klimaschutzziele im Gebäudebestand können nur erreicht werden, wenn Wohneigentümer und Kleinvermie- ter zu Klimaschützern werden. Dies war die Kernbotschaft von Bundesfinanzminister Olaf Scholz auf dem diesjährigen ifs Wohnungspolitischen Forum des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (DV) Ende November 2019 im Berliner Bausparhaus. „Wir brauchen eine Volksbewegung des Mitmachens von möglichst vielen, damit die ehrgeizigen Klimaziele sozialverträglich für alle erreicht werden können“, so der Finanzminister. Er machte deutlich, dass er dafür eine Politik des Förderns und For- derns verfolgte, die aber niemanden über- fordere – weder die Selbstnutzer, Vermie- ter noch die Mieter. Entsprechend werde die Förderung der energetischen Sanierung deutlich verbessert, gebündelt und verein- facht - allerdings ohne die notwendigen Effizienzstandards abzusenken. Der Bund will mit dem kürzlich verabschie- deten Klimaschutzprogramm eine steuerli- che Förderung für Selbstnutzer einführen, mit der unbürokratisch 20 Prozent der Inves- titionskosten über drei Jahre von der Steuer abgesetzt werden können – bis zu einer Maximalsumme von 40.000 Euro. Gleich- zeitig sollen die vielen bestehenden Förder- programme besser gebündelt und aufeinan- der abgestimmt werden. Ziel ist ein flexibles, auf die Zielgruppe abgestimmtes Angebot aus steuerlicher Förderung, Förderkredi- ten mit Tilgungszuschüssen sowie direkten Zuschüssen für energetische Einzelmaßnah- men und Komplettsanierungen. Auch die Förderung für die Energieberatung wird von 60 auf 80 Prozent erhöht. Entsprechend will der Bund mehr Mittel für die energetische Gebäudesanierung zur Verfügung stellen. Der DV begrüßt mit seinem ifs Institut Wohneigentum diese Neuausrichtung und Verbesserung der Förderung. Um die Klima- schutzziele zu erreichen, brauchen wir nach mehreren Jahren Stillstand in den nächsten zehn Jahren einen Sanierungsschub. Und wenn die neue Förderarchitektur endlich zu mehr Sanierungen führt, muss der Bund das Finanzvolumen dafür konsequent auswei- ten. Für die Breitenwirkung muss die Förde- rung verständlicher und unbürokratischer werden. Sie sollte zudem Anreize nahe am gesetzlichen Effizienzmindeststan- dard setzen. Wir dürfen nicht nur hochambitionierte Leuchtturm- projekte fördern. Bislang gibt die KfW-Förderung dafür mit den Effizienzhausstandards zu starre Wärmeschutzstandards vor. Der Gebäudebestand ist aber ex- trem heterogen: So lässt sich eine umfassende Dämmung bei man- chen Häusern vielleicht gut und kostengünstig realisieren, wäh- rend dies bei anderen Gebäuden zu einer Kostenexplosion führen kann. Entscheidend ist es, dass wir die „träge Masse“ an Gebäudeei- gentümern in den Quartieren erreichen und mobilisieren. Dafür brauchen Kommunen deutlich mehr finanzielle Unterstützung für ein umfassendes Sanierungsmanage- ment und Beratungsnetzwerke, die in den Quartieren aktiv sind. Nur mit aufsuchender Energieberatung sowie einer kompetenten, vertrauenswürdigen Baubegleitung wird die Energiewende im Gebäudebestand gelingen. (mage/zeis) Der DV hat dazu bereits im Frühjahr 2019 ein umfassendes Kursbuch „Klimaschutz im Gebäudebestand“ formuliert (www.deutscher-verband.org.) Zweite Konferenz zum Thema „Genossenschaftliches Wohnen in der Ukraine” Lviv – Die Cooperative Housing International, eine Sektororganisation der Internationalen Genossenschaftsorganisation (ICA), veranstaltete Mitte November gemeinsam mit dem Institut für Wohnen in Osteuropa (IWO) und mit Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung und des Kompetenzzentrums Großsiedlungen bereits die zweite Konferenz zum Thema „Ge- nossenschaftliches Wohnen in der Ukraine”. Nach dem großen Erfolg der ersten gemeinsamen Konferenz im November 2018 in Kiew zum Thema Wohnungsge- nossenschaftsgründung in der Ukraine fanden nun in Lviv die zweite Konferenz und ein Fachsymposium statt. Das Modell der Wohnungsgenossenschaft stößt in der Ukraine auf großes Interesse, denn im Zuge des Bürgerkrieges im Land und einer dar- aus resultierenden massiven Wanderungs- bewegung sind alle Wohnungsmärkte im Land unter erheblichem Druck. Mehr als eine Million Menschen drängen als soge- nannte interne Vertriebene durch den Bür- gerkrieg zusätzlich auf die sowieso schon angespannten Wohnungsmärkte, insbe- sondere in den Großstädten. Wohnungsgenossenschaften können hier gemäß der internationalen Genos- senschaftsorganisation, des Instituts für Wohnen in Osteuropa und des Kompe- tenzzentrums Großsiedlungen in Ber- lin eine wirksame Abhilfe für diese akute Wohnungsnot sein und den Mietwoh- nungsmarkt zugleich langfristig erheblich bereichern. Auf Interesse stoßen dabei unterschiedliche Modelle: Wie in nahezu allen Staaten Osteuropas werden Genos- senschaftsformen mit Eigentumsbildung bevorzugt, versprechen sie doch im Alter bei unsicheren Altersversorgungen zumin- dest ein sicheres Zuhause.  Angesichts der großen aktuellen Probleme auf dem Woh- nungsmarkt bietet sich mittelfristig die Gründung von Vermietungsgenossenschaf- ten als eine weitere mögliche Entlastung. Auf der Fachkonferenz in Lviv in der West- ukraine konnten gemeinsam mit Genossen- schaftsexperten aus Norwegen und den USA die Vor- und Nachteile von Wohnungsge- nossenschaften, gerade als Vermietungsge- nossenschaft, diskutiert und in Arbeitsgrup- pen vertieft werden. Das Interesse daran ist insgesamt groß und eine Fortsetzung dieses Konferenzformats wurde von den Teilneh- mern ausdrücklich gewünscht. Auch von Seiten der zuständigen Ministerien in der Ukraine – aber auch der Regionalverwal- tung – gibt es hierzu bereits Signale, diese Entwicklung zu unterstützen. (schw/zeis) 50/2019 3 Bundesfinanzminister Olaf Scholz auf dem Wohnungspoli- tischen Forum Ende November.

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