WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 41/2019

„Finanzminister Olaf Scholz hat ein gerech- tes und praktikables Gesetz vorgelegt”, erklärte Bernhard Daldrup , bau- und wohnungspolitischer Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion. „Die von der CSU gewollte Öffnungsklausel für die Länder ist Ausdruck von Kleinstaaterei, nicht von einheitlichem Steuerrecht. Das ist nicht im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse. Wir lassen nicht zu, dass die Abweichung vom Bundesrecht auch noch auf Kosten anderer Länder im Länderfinanzausgleich geht. Eine reine Flächensteuer, wie in man- chen Ländern diskutiert, ist nicht gerecht und verursacht nicht weniger Bürokratie. Der Hausbesitzer auf einem großen Grund- stück am Stadtrand muss beim Flächenmo- dell mehr Grundsteuer zahlen als der Vil- lenbesitzer auf einem teuren Grundstück.” „Unabhängig davon, dass das vorgeschla- gene Bewertungsmodell des Bundes ein ‚bürokratisches Monster’ ist, bleiben auch Sachthemen unbefriedigend”, erklärte Ingeborg Esser , Hauptgeschäftsführe- rin des Spitzenverbandes der Wohnungs- wirtschaft GdW. „Erstens soll eine Durch- schnittsmiete zur Bewertung herangezogen werden, die in den meisten Fällen deutlich über den Ist-Mieten der Wohnungsunter- nehmen liegt. Das führt zu einer Benach- teiligung der sozial verantwortlichen Ver- mieter in Deutschland. Zweitens gibt es im Bewertungsmodell einen Mindestwert, der 75 Prozent des Bodenrichtwertes betragen soll. Das ist für die sozial verantwortlichen Vermieter in den Ballungsräumen eine Kata- strophe, da zum Beispiel in München über 80 Prozent der Bestände unter den Min- destwert fallen. Dritter Kritikpunkt: Dieses Problem soll dadurch gelöst werden, dass es für bestimmte Wohnungsunternehmen eine verminderte Grundsteuermesszahl gibt. Allerdings ist der Kreis der begüns- tigten Unternehmen sehr willkürlich gezo- gen. So muss beispielsweise der Kreis der berechtigten Wohnungsgenossenschaften auf alle erweitert werden. Ob die Klausel am Ende des Tages verfassungsgemäß ist, bleibt zu bezweifeln. Grundsätzlich ist für die Branche ein Flächenmodell die beste Lösung, denn nur dieses Modell erlaubt es, künftig nicht alle sieben Jahre komplizierte Neubewertungen vornehmen zu müssen. Es bleibt also zu hoffen, dass das nieder- sächsische Modell – das zusätzlich zu den Flächen- auch Lagefaktoren berücksichtigt Flickenteppich bei der Grundsteuer Berlin/München – Seit der Veröffentlichung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Grundsteuer sind fast einein- halb Jahre vergangen. Seit Juni 2019 liegen nun drei Gesetzentwürfe der Bundesregierung vor: einer zur Änderung des Grundgesetzes, einer zur Reform der Grundsteuer und einer zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken – der soge- nannten Grundsteuer C. Wie sind diese Entwürfe einzuordnen und wie geht es nun weiter mit der Grundsteuer? Droht angesichts der sehr gegensätzlichen Positionen vor allem der Länder gar ein Chaos? Darüber diskutierten am Stand der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) bei der Expo Real Experten aus der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft sowie der Politik. – für gut befunden wird und, wenn mög- lich, von einer Vielzahl der Länder ange- wandt wird.” „Das Gesetzgebungsverfahren zur Grund- steuerreform ist nun auf der Zielgeraden. Wichtigster Punkt: Über eine Öffnungsklau- sel sollen die Länder weitreichende Gestal- tungsspielräume erhalten”, sagte Mario Mühlbauer von der Dr. Hanns Maier GmbH & Co. Beteiligungs-KG. „Jedes Bundesland kann bei der Grundsteuer seinen eigenen Weg gehen, ohne dem komplizierten und bürokratischen Wertmodell von Finanzmi- nister Scholz folgen zu müssen. Die nun- mehr vereinbarte Länderöffnungsklausel eröffnet die Chance auf echten Wettbe- werbsföderalismus. Es wird somit ein poli- tischer Wettbewerb um das beste, prak- tikabelste und den Bürgern am meisten nutzende Modell in den Ländern ermög- licht. Die Zuständigkeit für die Grund- steuer landet dort, wo sie hingehört – die Kommunen sind Teil der Länder und damit sind diese für eine aufgabenangemessene Finanzausstattung der Kommunen verant- wortlich. Dazu gehört auch die Verantwor- tung für den Fortbestand einer praktikablen Grundsteuer. Dass daraus in den kommen- den Jahren 16 verschiedene Gesetze entste- hen können, ist natürlich nicht unbedingt sinnvoll. Im Wesentlichen sollten sich die Bundesländer darauf verständigen, sich ent- weder dem wertabhängigen Scholz-Modell oder dem bayerischen Flächenmodell anzu- schließen. Mit zwei Modellen sollte auch in der Praxis umgegangen werden können.” „Bei der Reform der Grundsteuer haben wir eine große Chance zur Vereinfachung des Steuerrechts verpasst”, so das Fazit von Hans-Joachim Beck , Steuerexperte beim Immobilienverband IVD. „Der Ver- waltungsaufwand wird in keinem Verhält- nis zu dem relativ geringen Aufkommen an Grundsteuer stehen. Hoffentlich werden die Länder die Chance ergreifen, die ihnen die Öffnungsklausel im Grundgesetz bietet und vereinfachte Regelungen einführen. (schi) Foto: Büro Roman Lorenz Quelle: GdW Serielles und modulares Bauen – erste Praxisberichte „Haute Couture vom Band“: Der Spitzen- verband der Wohnungswirtschaft GdW hat gemeinsam mit dem Bundesbaumi- nisterium, der Bundesarchitektenkam- mer und der Deutschen Bauindustrie eine Rahmenvereinbarung für Wohnungsun- ternehmen für serielle und modulare Mehrfamilienhäuser geschaffen, aus der sie – wie aus einem Katalog – das für sie passende Wohngebäude auswählen kön- nen. Am Expo-Dienstag diskutierten am Stand der BID Vertreter der Partnerver- bände und Wohnungsbau-Experten über die ersten Praxisberichte beim seriellen und modularen Bauen. (schi) Mehr dazu in einer der nächsten wi-Ausgaben Die seriellen und modularen Wohnungsbau- konzepte der Wohnungswirtschaft sowie alles Weitere rund um das Themenfeld finden Sie unter https://web.gdw.de/wohnen-und-stadt/ serielles-bauen GdW-Hauptgeschäftsführerin Ingeborg Esser mit Mario Mühlbauer (Dr. Hanns Maier GmbH), Moderator Hans-Joachim Beck (IVD), Bernhard Daldrup (SPD) und Dr. Hans Volker Volckens (KPMG) EXPO REAL 2019 41/2019 7

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