WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 41/2019

EXPO REAL 2019 Fortsetzung von Seite 1 tik kann nur als Gemeinschaftsprojekt von Bund, Ländern und Gemeinden gelingen.“ Eine sehr gemischte Bilanz mit deutlicher Halbzeitkritik zieht Axel Gedaschko , Prä- sident des Spitzenverbandes der Woh- nungswirtschaft GdW und Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobi- lienwirtschaft Deutschland (BID): „Einige Maßnahmen für mehr bezahlbaren Woh- nungsbau sind auf dem Weg, in ande- ren Punkten knirscht es gewaltig“, so Gedaschko. Zu begrüßen seien beispiels- weise die beschlossenen Verbesserungen bei der Mobilisierung von Bauland, dem sozialen Wohnungsbau und dem Wohn- geld. Aber: „Diese positiven Punkte können über eines nicht hinwegtäuschen: Mit wei- teren deutlichen Verschärfungen im Miet- recht schießt die GroKo massiv über das Ziel hinaus. Ständige Diskussionen über Mieten- deckel und Enteignung setzen nicht nur das bezahlbare Wohnen, sondern den komplet- ten Investitionsstandort Deutschland aufs Spiel. Rufe nach starken Mietbegrenzun- gen klingen vielleicht in einigen Ohren auf Anhieb gut, aber solche einfachen Lösun- gen haben am Ende auch eine einfache Folge: keine Investitionen mehr in den Kli- maschutz und den altersgerechten Umbau, weil die nachhaltig wirtschaftenden Woh- nungsunternehmen sich das schlicht nicht mehr leisten können. So bleibt die Zukunft Deutschlands auf der Strecke.“ „Wenn die Kommunen nicht mehr Bauland zu bezahlbaren Preisen ausweisen, werden wir den Wohnraummangel nicht lösen können. Die zurückgehenden Baugeneh- migungszahlen zeigen: Eine Trendwende ist dringend nötig“, erklärte Andreas Ibel , Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW). „Wer bezahlbaren Wohnraum will, muss mehr Neubau ermöglichen! Akuter Wohnraummangel muss daher zu einer Pla- nungspflicht der Kommunen führen. Zudem muss die Vorschriftenflut verringert werden. Die Baukostensenkungskommission hat hierzu zahlreiche Maßnahmen empfohlen, die noch immer auf ihre Umsetzung warten. Kompetenz zeigt sich in Einfachheit – nicht in immer komplizierteren Vorgaben!“ Auch Dr. Andreas Mattner , Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), sieht deutliche Kritikpunkte: „Das letzte Jahr seit dem Wohngipfel war für die Immobilienwirtschaft kein einfaches Jahr. Die Branche sieht sich größtenteils mit überregulierenden Maßnahmen kon- frontiert, die dem bezahlbaren Bauen und Wohnen in Deutschland nicht zuträglich sind. Mietrechtsanpassungsgesetz, Verlän- gerung des Betrachtungszeitraums bei der ortsüblichen Vergleichsmiete, grunderwerb- steuerliche Anpassung bei Share Deals, eine Grundsteuerreform, deren Berechnungsme- thoden auf Werten basiert – zumindest für Wirtschaftsimmobilien konnten wir hier in zahlreichen Gesprächen mit der Poli- tik eine neutrale Behandlung herausho- len. Auch wenn es positive Entwicklungen gab – etwa die Anhebung des Wohngelds und die Aufnahme der Typengenehmigung in die Musterbauordnung – so stellt man am Ende doch ernüchternd fest: Es fehlen entscheidende Dinge, die eine wirkliche Bauoffensive auszeichnen. Vor allem ein Planungs- und Beschleunigungsgesetz für den Baubereich und eine intelligente Bau- landpolitik. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch, die Politik muss sie nur anpacken.“ „Die Hälfte der Legislaturperiode ist schon wieder vorüber und die groß angekün- digte Wohnraumoffensive ist ausgeblie- ben. Stattdessen werden privaten Inves- toren immer mehr Steine in den Weg gelegt. Dabei ist klar, dass Wohnen und Bauen Geld kosten und es ohne privates Kapital nicht geht“, sagte Jürgen Michael Schick , Präsident des Immobilienverban- des IVD. „Das bisschen Vertrauen, das durch die jüngsten Beschlüsse etwa im Hinblick auf die steuerliche Förderung des Mietwohnungsneubaus aufgebaut wurde, wird mit immer neuen Regulierungsvorha- ben wieder verspielt. Die verbleibende Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl sollte also intelligent genutzt werden. Die ange- spannten Mietmärkte in den Metropolen brauchen eine massive Ausweitung des Wohnungsbaus. Das geht nur zusammen mit der privaten Wohnungswirtschaft. Deshalb brauchen wir ein Miteinander statt Gegeneinander.“ „Für eine tatsächliche und nachhaltige Entlastung der Mietwohnungsmärkte muss der Gesetzgeber seine Marsch- richtung ändern“, sagte Martin Kaß- ler , Geschäftsführer des Verbandes der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV). „Immer neue Regulierungen führen nicht zum Ziel. Stattdessen muss er die Attrakti- vität von Wohneigentum spürbar steigern. Die Vergabe von Erbbaurechten mit lan- gen Laufzeiten für Selbstnutzer sind eine sinnvolle Option, ebenso wie zinsgüns- tige Kredite für den Aufbau von Wohnei- gentum an Familien. So kann die eigene Immobilie für deutlich mehr Bürger finan- zierbar werden – und die Nachfrage nach Mietwohnungen gesenkt werden.“ (schi) Der Vermieter als Prügelknabe München/Berlin – Die öffentliche und politische Debatte rund um den Wohnraummangel spitzt sich immer weiter zu – und das nicht nur in den sieben A-Städten. „Der Vermieter als Prügelknabe“ lautete vor diesem Hintergrund der Ti- tel einer Diskussionsrunde am ersten Tag der Expo Real am Stand der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID). Ein Schwerpunkt der Diskussion unter der Moderation von Dirk Labusch, Chefredakteur der Zeitschrift „Immobilienwirtschaft“: Das „Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin“ („BerlinerMietenWoG“). „Bei dem Gesetz gibt es im Großen und Ganzen nur Verlierer: Eigentümer, Hand- werker, Menschen, die eine Wohnung suchen und Mieter, die umziehen müssen“, sagte Ivonne Kutzner , Geschäftsführerin der Ivonne Kutzner Immobilien Consulting und Vorstand des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) sowie des BFW-Landesverbandes Berlin/Brandenburg. Für sie ist klar: „Den Umfang der Misere hat in weiten Teilen der Berliner Senat zu vertreten. Die landeseige- nen Immobilienbestände wurden in großen Paketen veräußert, der soziale Wohnungs- bau kam zum Erliegen, und ein Gesetz, das Investoren den Erwerb von Immobilien in Berlin untersagt, gibt es nicht.“ Kutzner betonte, dass sich die dramatische Ent- wicklung auf dem Wohnungsmarkt seit geraumer Zeit abzeichnet: „Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften zu verpflich- ten, ausreichend neuen Wohnraum zu schaffen, kommt dem Berliner Senat aber nicht in den Sinn. Es erscheint ja auch viel einfacher, aus Steuereinnahmen vormals veräußerte Immobilien zurück zu kaufen!“ Weniger Polarisierung, mehr lösungs- orientierte Kooperation notwendig Bei dem Thema stehen die privaten und die kommunalen Immobilienunternehmen Seite an Seite. „Enteignung, Mietende- ckel, Diskussion um die Umlagefähigkeit der Grundsteuer: Gegen die Wohnungs- wirtschaft wird derzeit Breitseite auf Breitseite abgegeben“, so Maren Kern , Vorstand des Verbandes Berlin-Branden- burgischer Wohnungsunternehmen (BBU). „Das Image macht sich mittlerweile viel- 2 41/2019 Weiter auf Seite 3

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