WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 40/2019

BUNDESPOLITIK Fortsetzung von Seite 1 „Zugespitzt könnte man sagen, dass die Maßnahmen, die Mieterinnen und Mie- ter schützen sollen, auch dazu führen, dass diese immer weniger werden – sie werden gewissermaßen aus dem Markt gedrängt“, fasst Studienautor Konstantin Kholodilin zusammen. „Diese Erkenntnis muss die Politik bei den aktuellen Dis- kussionen um Maßnahmen wie einen Mietendeckel selbstverständlich im Blick haben, sonst könnte man unter Umstän- den das Gegenteil von dem erreichen, was man bezweckt – so wichtig Regulie- rungen des Wohnmarkts sozialpolitisch auch sind.“ Teilung des Markts in zwei Segmente Der Zusammenhang zwischen intensi- ver Mietmarktregulierung und steigen- der Wohneigentumsquote kann zwei Gründe haben, so Kholodilin und Ko- Autor Sebastian Kohl. Einerseits kann es sein, dass die Vermieter der regulierten Wohnungen diese nicht mehr profitabel vermieten können und sie zum Verkauf anbieten, was das Angebot an Mietwoh- nungen reduziert. Andererseits führt die Regulierung, die nur einen Teil der Woh- nungen und Häuser betrifft, zu einem zweigeteilten Markt: auf der einen Seite ein regulierter Markt mit niedrigen Mie- ten, in dem die Mieter ihre Wohnungen nicht aufgeben und in den Wohnungs- suchende vergeblich versuchen einzutre- ten; auf der anderen ein freier Markt mit sehr hohen Mieten, die sich nur wenige leisten können.   „In einer solchen Konstellation müssen sich viele Menschen trotz hoher Kosten Wohneigentum zulegen, sie haben prak- tisch keine Wahl“, so Kholodilin. „Das ist zum Beispiel in Schweden der Fall, wo die Wohneigentumsquote folglich rund 62 Prozent beträgt.“ In den skandinavischen Ländern wurden Mietpreise in der Ver- gangenheit intensiv reguliert und sind es vergleichsweise immer noch. Auch in Nor- wegen leben 78 Prozent der Menschen in einer Immobilie im Eigenbesitz. In Deutschland ist die Wohneigen- tumsquote mit 46 Prozent vergleichsweise niedrig. Die Intensität der Mietpreiskont- rolle war hierzulande in den 1940er bis Anfang der 1960er Jahre sehr hoch – das entsprach einer Phase der starken Steige- rung der Wohneigentumsquote. Seitdem ist die Regulierungsintensität trotz Einfüh- rung der Mietpreisbremse im Jahr 2015 deutlich zurückgegangen. „Maßnahmen wie ein Mietendeckel wür- den die Regulierungsintensität wieder ansteigen lassen und zu einem anderen Gleichgewicht zwischen Miet- und Eigen- tumswohnungen führen,“ so Kholodilin. „Wichtig bei der Ausgestaltung neuer Regulierungsmaßnahmen ist, dass die Politik die Interessen aller Parteien, also auch der Investoren und Vermieter, im Blick hat, damit das Angebot an Wohn- raum nicht zu sehr schrumpft,“ fügt der Studienautor hinzu. (ri/burk) Weitere Informationen finden Sie im DIW Wochenbericht 38/2019: https://bit.ly/2kRHz55 Energiewende in die Städte bringen – Verbändebündnis legt Sieben-Punkte-Plan für mehr Mieterstrom vor Berlin – Mit dem Mieterstromgesetz sollten Bewohner von Mehrfamilienhäusern kostengünstig mit Solarstrom versorgt werden. Die Bundesregierung stellte am 18. September 2019 in ihrem Mieterstrombericht jedoch fest, dass das Mieter- strommodell „weit hinter den Erwartungen“ zurückbleibt. Damit wurde das Ziel, die Solarenergie in die Städte zu bringen, verfehlt. Ein Bündnis aus 12 Verbänden macht Vorschläge, wie es besser geht. „Klimaschutz wird ohne Photovol- taik-Anlagen und Blockheizkraftwerke (BHKW) in den Wohnquartieren nicht funktionieren. Solange die Stromerzeu- gung vor Ort und der direkte Verbrauch in den Quartieren durch die Mieter für die Wohnungsunternehmen den Verlust der Gewerbesteuerbefreiung für die Vermie- tungstätigkeit bedeutet, bleibt die urbane Energiewende aus. Voraussetzung für die Wirksamkeit des Mieterstromgesetzes sind damit Folgeänderungen im Gewer- besteuergesetz dahingehend, dass auch der Betrieb von Solaranlagen auf Hausdä- chern grundsätzlich wie der Betrieb von Heizungsanlagen anerkannt wird. Damit auch Quartierslösungen funktionieren, muss dies auch für Blockheizkraftwerke gelten”, erklärte Axel Gedaschko, Prä- sident des Spitzenverbandes der Woh- nungswirtschaft GdW. Sieben-Punkte-Plan für ein besseres Mieterstromgesetz 12 Verbände haben sieben konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen Mieterstrom endlich attraktiver wer- den kann. Dazu gehört, dass die Förde- rung von Mieterstrom und Eigenstrom der Hauseigentümer gleichgestellt wird und dass ein großer Anteil der Mieter- stromvergütung auch bei den Haushal- ten ankommt. Die bürokratischen Hürden müssen abgebaut werden, sodass Mieter- strom auch für kleine Mehrfamilienhäuser bis zu sechs Wohnungen attraktiv wird. Die enge räumliche Begrenzung des Mie- terstroms muss erweitert werden. Nur so können auch Bewohner von Nachbarge- bäuden, auf denen keine Photovoltaik- Anlagen installiert werden können, in den Genuss von günstigem Mieterstrom gelangen. Nicht zuletzt müssen steuer- liche Hemmnisse für Vermieter abge- baut und Genehmigungsfristen verkürzt werden. Die Bundesregierung muss jetzt endlich handeln, das Mieterstromgesetz grundlegend verbraucherfreundlich über- arbeiten und damit die Energiewende in die Städte bringen. (burk/schi) Das Positionspapier der Verbände finden Sie unter https://bit.ly/2nn6FK1 2 40/2019

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