WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 42/2019
AUS DEN VERBÄNDEN Foto: Bilder © VdW südwest / Kristina Schäfer Heute schon an morgen denken – Innovatives Bauen und Wohnen Kassel – Am 11. und 12. September 2019 fand der diesjährige Verbandstag des Verband der Südwestdeutschen Woh- nungswirtschaft (VdW südwest) in Kassel statt. Unter dem Motto „Heute schon an morgen denken“ gingen die Referen- ten aus Wissenschaft und Praxis den Fragen nach, wie Menschen in Zukunft leben, und wie Digitalisierung, Klimaschutz und altersgerechtes Wohnen das Bauen und Wohnen prägen. Am zweiten Tag stellte der Hessische Wohnungsbauminis- ter Tarek Al-Wazir die Wohnungspolitik der neuen Hessischen Landesregierung vor. Die Mitgliederversammlung machte den Auftakt der Veranstaltung. Die Vorstände Dr. Axel Tausendpfund und Claudia Brünnler-Grötsch berichteten über die Schwerpunkte der Tätigkeiten in den Berei- chen Interessenvertretung sowie Prüfung und Steuern. Der Vorsitzende des Ver- bandsrats, Uwe Menges , informierte die Mitglieder über die Arbeit des Verbandsra- tes und verkündete, dass der Verbandsrat einstimmig beschlossen hat, den Vertrag von Dr. Axel Tausendpfund vorzeitig zu ver- längern. Nach einem Grußwort von VdW saar-Präsident, Volker Leers , konnte sich Gerd Müller , Generalsekretär der DES- WOS, über eine Spende des VdW südwest anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der DESWOS freuen. Der Kasseler Oberbürger- meister, Christian Geselle , hieß die Woh- nungswirtschaft in seiner Stadt willkom- men und schilderte die Situation auf dem nordhessischen Wohnungsmarkt. Innovative Ideen zum Wohnen Der Frage, wie wir in Zukunft leben und welche Anforderungen Menschen an ihre Wohnungen stellen, ging Professor Dr. Tors- ten Bölting , Geschäftsführer des Instituts für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung, nach. Der Trend sei klar: Wohnen werde kleiner, smar- ter, gemeinschaftlicher. Die Wohnfläche ginge zurück und Tiny Houses und Micro- Appartments werden beliebter. Die Digita- lisierung sei in die meisten Wohnungen ein- gezogen und bringe Möglichkeiten mit sich, auf die niemand mehr verzichten wolle. Eine dritte Charakteristik, die sich abzeichne, sei das gemeinschaftliche Wohnen. In Anbe- tracht einer alternden Gesellschaft seien gemeinschaftliche Wohnformen verbun- den mit angeschlossenen Service-Leistun- gen hoch im Kurs – ein klarer Vorteil für die Genossenschaften, die das gemeinschaftliche Wohnen bereits in ihrer DNA haben, so Bölting. Wie sich das Bauen verändert, berichtete Ditmar Joest , Ge- schäftsführer der Kom- munalenWohnungsbau GmbH Rheingau Tau- nus. Als erstes Wohn- ungsunternehmen in Deutschland hat es die GdW-Rahmenvereinba- rung zum seriellen und modularen Bauen genutzt und in Idstein ein Mehrfamilienhaus errichtet. Bei dieser Bauweise entstehen ganze Raummodule mit einem hohen Vorfertigungsgrad in einer Fabrik und werden auf der Baustelle am Zielstandort miteinander verbunden. In wenigen Wochen entsteht so ein Mehr- familienhaus. Das serielle und modulare Bauen sei ein innovativer Beitrag für mehr bezahlbaren Wohnraum, so das Fazit. Seriell und modular könne aber auch saniert werden, wie Emanuel Heisen- berg von ecoworks präsentierte. Er war einer von drei Finalisten des Start-up-Wett- bewerbs von Hubitation, dem Accelerator der Nassauischen Heimstätte/Wohnstadt. Seine Mitstreiter brachten ebenfalls inno- vative Ideen für die Wohnungswirtschaft zum Verbandstag mit. So wollen Florian Waubke und seine Kollegen von FairFleer mit Hilfe von Drohnen, Bestandsaufnah- men und Analysen von Gebäuden und Flächen ermöglichen. Der smarten Ver- netzung von Mobilität und Energie im Quartier widmen sich hingegen die Grün- der von inno2grid, wie Mariem Khemir präsentierte. Bei den anwesenden Unter- nehmen stießen die Ideen auf großes Inte- resse. Um in Zukunft die klügsten Köpfe für die Wohnungswirtschaft zu gewinnen, ehrt der VdW südwest gemeinsam mit dem EBZ auf dem Verbandstag die jahrgangs- besten Auszubildenden zur/m Immobilien- kauffrau/mann. Mit Verena Trarbach von der GAG Ludwigshafen und KimManning von der Nassauischen Heimstätte Wohn- statt auf dem zweiten sowie Carlotta Roth von der GAG Ludwigshafen auf dem ersten Platz mangelt es der Branche in diesem Jahr nicht am weiblichen Nachwuchs. Wohnungswirtschaft fordert daher Denken statt Deckeln Am zweiten Tag in Kassel stand die Woh- nungspolitik im Fokus. In „Gedaschkos Morgen“ skizzierte der GdW-Präsident die Herausforderungen der Branche. Sin- kende Baugenehmigungen und Fertigstel- lungszahlen stehen einem nach wie vor enormen Bedarf an neuen bezahlbaren Wohnungen entgegen. Anstatt die Rah- menbedingen zu verbessern, um den Bau bezahlbarer Wohnungen voranzutreiben, reagiere die Politik mit restriktiven Maß- nahmen wie Mietpreisbremse und Mieten- deckel. Die Wohnungswirtschaft sei sich einig, dass solche Pläne keinen Beitrag zur Entspannung auf den Wohnungsmärkten leisten. Sie würden hingegen die ohnehin enormen Anstrengungen, die für den Kli- maschutz im Gebäudesektor nötig sind, zusätzlich erschweren. Dr. Axel Tausendpfund stimmte seinem Kollegen zu: „Wohnungsmangel lässt sich nicht wegverordnen“. Die Politik müsse die Bremse lösen und Vollgas für bezahlbares Bauen und Wohnen geben. „Hier sitzt das bezahlbare Wohnen in Hessen und Rhein- land-Pfalz“, wendete er sich an den Woh- nungsbauminister und die anwesenden Landtagsabgeordneten. Als zentrale Her- ausforderung der nächsten Jahre benennt Tausendpfund den Klimaschutz. Bei der Bewältigung dieser Mammutaufgabe müsse klar sein, dass gesamtgesellschaftli- che Verantwortung gefragt sei. Weder der Mieter noch der Vermieter können die Mil- liardeninvestitionen alleine stemmen. Man brauche einen Klimafonds. Staatsminister Tarek Al-Wazir stimmte sei- nen Vorrednern zu, dass sich Wohnungs- mangel langfristig nicht mit staatlichen Ein- griffen lösen lasse. Gleichwohl verteidigt er aber die kürzlich verabschiedeten Maßnah- men der Landesregierung. Sein Ziel sei es aber, gemeinsam mit der Wohnungswirt- schaft dafür zu sorgen, dass mehr Woh- nungen entstehen können. Dafür würden derzeit alle Möglichkeiten geprüft, um Flä- chen gerade in Ballungszentren zu mobi- lisieren: Vom Neubaugebiet über inter- kommunale Zusammenarbeit bis hin zur Innenentwicklung und Aufstockung von Supermärkten. Um den hohen Bedarf an neuen Wohnungen decken zu können, brauche das Land aber die Wohnungswirt- schaft als Partner an seiner Seite, so der Minister abschließend. 6 42/2019 Axel Gedaschko (GdW), Uwe Menges, Claudia Brünnler-Grötsch (beide VdW), Staatsminister Tarek Al-Wazir, Dr. Axel Tausendpfund (VdW), Dr. Thomas Hain (Nassauische Heimstätte) (v. l.)
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