WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 42/2019

BUNDESPOLITIK gen, die Lebensqualität in den Regio- nen zu stärken?“, erklärte Dr. Christian Lieberknecht , Geschäftsführer des Spit- zenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. „Die ersten Erkenntnisse aus den regionalen Projekten haben wir in die Arbeit der Regierungskommission ‚Gleich- wertige Lebensverhältnisse’ eingebracht und bei einem Werkstattgespräch bereits mit Vertretern aus dem Deutschen Bun- destag und dem Bundesinnenministe- rium erörtert. Im Rahmen des Nationalen Stadtentwicklungskongresses im Septem- ber 2019 hat der GdW die vielschichtigen Themen einer breiten Öffentlichkeit prä- sentiert. Als Ergebnis der aufwändig kon- zipierten Projektarbeit entstehen unter Einbindung aller relevanten Akteure kon- krete Handlungsempfehlungen mit eige- nen Abschlussberichten.“ Maren Kern , Vorständin des BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsun- ternehmen, kennt die Herausforderungen ebenfalls aus ihrer alltäglichen Arbeit. In wohl keiner anderen Region in Deutsch- land liegen Wachstum und Schrumpfung so unmittelbar nebeneinander wie in Ber- lin-Brandenburg. Während Berlin, Pots- dam und ihr Umland seit Jahren anhaltend und kräftig wachsen und dringend zusätz- licher bezahlbarer Wohnraum gebraucht wird, liegt der Leerstand in vielen Städ- ten außerhalb des Speckgürtels bei 10 und mehr Prozent – Tendenz vielfach stei- gend. Für sie liegt deshalb auf der Hand: von einer besseren Verteilung des Wachs- tums hätten alle etwas – dafür müssen aber die Bedingungen stimmen: „Gleich- wertige Lebensverhältnisse müssen mehr als nur eine Floskel in Sonntagsreden sein, sondern Teil der alltäglichen politischen Arbeit. Das gebietet der entsprechende Auftrag des Grundgesetzes und in vielen Landesverfassungen. Auf diese Weise las- sen sich aber auch die Wachstumsschmer- zen in Boom-Regionen ebenso abmildern wie die Schrumpfungsschmerzen in struk- turschwächeren Regionen. Die zwingende Voraussetzung dafür: massive Investitio- nen in den Ausbau der Infrastruktur – in den Nahverkehr ebenso wie in die digitale oder die medizinische Infrastruktur – und die klare Orientierung der Politik nicht nur an den Bedürfnissen der Metropolen, son- dern auch der ländlichen Regionen.“ Dem stimmte Axel Kasterich , Bereichs- leiter Infrastruktur bei der Deutschen Kre- ditbank (DKB), zu: Ein mangelndes Inf- rastrukturangebot dürfe nicht über die Wohnortwahl entscheiden. Ländliche Regionen gerieten ins Hintertreffen, wenn Schulen, Busse oder schnelles Internet fehlen. Mit einem Kreditvolumen von 42 Milliarden Euro sei man der größte Finan- zierer von Kommunen und Unternehmen der Daseinsvorsorge – und finanziere Inf- rastruktur, die wirklich benötigt wird in Stadt und Land. Zudem haben Vereine und Genossenschaften mit Bürgerbeteili- gungsmodellen die Möglichkeiten, selbst vor Ort zu gestalten. Auch Dirk Salewski , geschäftsführen- der Gesellschafter der beta Eigenheim- und Grundstücksverwertungsgesellschaft mbH, pflichtete dem bei: Das Wohnungs- bauproblem könne nicht allein in den Bal- lungszentren gelöst werden. Es brauche lebenswerte Klein- und Mittelstädte. Ob dafür der Begriff der «Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse” richtig ist, zweifle er allerdings an. Zu unterschiedlich seien die Lebensentwürfe der Menschen. Was aber gewährleistet werden müsse: Mindestan- forderungen bei Bildung, Mobilität und Infrastruktur wie schnelles Internet. Da gebe es noch einiges aufzuholen. Die Teilnehmer der Runde waren sich einig, dass es wohl für viele verlockend sei, sich vor allem mit Wachstum und Neubau zu befassen. Mindestens genauso wichtig sei aber die aktive Gestaltung von posi- tiven Rahmenbedingungen in ländlichen Regionen. Hierfür könnten auch Bünd- nisse für Wohnen und Kooperationsver- einbarungen zwischen Städten und deren Umlandgemeinden noch stärker genutzt werden. (schi/lie/ebe) „Die Wohnungswirtschaft unterstützt die Grünen bei ihrer Forderung nach einem Landesförderprogramm Klimaschutz. Auch ein Pilotprojekt zur Nutzung der Solarther- mie für Nahwärmenetze ist überfällig. Glei- ches gilt für die Förderung kommunaler Wärmepläne. Die steuerliche Förderung energetischer Gebäudesanierungen muss endlich umgesetzt werden, damit die seit Jahren engagierte und innovative Moder- nisierungsstrategie unserer Mitgliedsunter- nehmen auch künftig auf hohem Niveau fortgesetzt werden kann“, sagte vdw-Ver- bandsdirektorin Dr. Susanne Schmitt. „Fraktionsvorsitzende Piel hat richtiger- weise festgestellt, dass die Klimaemissio- nen im Gebäudebereich von 1990 bis 2014 AUS DEN VERBÄNDEN Wohnungswirtschaft in Niedersachsen begrüßt Gesetzesinitiative der Grünen – warnt aber vor Zielkonflikten Hannover – Der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Niedersachsen Bremen (vdw) begrüßt grundsätzlich die Initiative der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen zur Energiewende im Gebäudebereich. Gleichzeitig warnt der Verband vor Zielkonflikten. bereits um 43 Prozent gesenkt werden konnten. Da die Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften im vdw auch in den vergangenen Jahren Tausende von Häusern und Wohnungen energetisch optimiert haben, dürfte die Quote mittlerweile noch höher liegen. Die vdw-Mitglieder werden auch in diesem Jahr rund 600 Millionen Euro in den Wohnungsbestand investieren – ein Großteil davon fließt in die Verbesse- rung der Energieeffizienz. Herausragendes Beispiel ist sicherlich das fast energieaut- arke Mehrfamilienhaus der Wohnungsge- nossenschaft Spar + Bau in Wilhelmsha- ven“, so Schmitt. Die Verbandsdirektorin sieht jedoch auch Hindernisse beim eingebrachten Gesetz- entwurf: „Die angestrebte Wärmewende und der bis 2040 nahezu klimaneutrale Gebäudebereich werden ohne zusätzliche Kapazitäten in Bauindustrie und Hand- werk nicht zu erreichen sein. Viele Inves- toren haben sich derzeit auch auf den Neubau verlegt, damit das mit dem Land vereinbarte Ziel, bis 2030 zusätzlich 40.000 neue bezahlbare Wohnungen zu bauen, erreicht werden kann. Das bindet natürlich auch das Bauhandwerk. Wir müssen auf- passen, hier nicht das eine Ziel gegen das andere auszuspielen. Verstärkter Neubau und umsichtige, sozialverträgliche und kli- mafreundliche Modernisierungen müssen gleichzeitig möglich sein. (ens/schi) 42/2019 5 Fortsetzung von Seite 4

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