WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 42/2019
STUDIE Fortsetzung von Seite 1 bewertet, laufen aber im Zeitablauf eher synchron. So ist seit 2015 in allen Berei- chen wieder ein stärkerer Aufwärtstrend zu verzeichnen. Hervorzuheben ist die hohe Zufriedenheit der Mieter mit dem Service und der Kundenorientierung der Wohnungsunternehmen. Dieser Aspekt wird von den Mietern sehr positiv bewer- tet, wenn es auch bei den Befragungen in diesem Jahr zu einer leichten Eintrübung kam, die sich aber auf das Gesamtergebnis nicht negativ auswirkte. Überdurchschnitt- lich stieg in diesem Zeitraum die Zufrieden- heit der Mieter sowohl mit der Wohnung als auch mit dem sozialen Wohnumfeld. Mieterzufriedenheit hat in den letz- ten Jahren signifikant zugenommen Bei zwei repräsentativen Befragungen, die das InWIS 2013 und 2018 im Auftrag des Spitzenverbandes der Wohnungswirt- schaft GdW durchgeführt hat, zeigte sich eine Verbesserung der Mieterzufriedenheit in allen Kategorien. Danach sind die Mie- ter der Meinung, dass sich ihre Mietsitu- ation allgemein verbessert hat, in Noten ausgedrückt ist eine Verbesserung von 2,05 auf 1,86 festzustellen. Während die Gruppe der Unzufriedenen (auch der sehr Unzufriedenen) sich fast halbiert hat, ist die Gruppe der Zufriedenen deutlich ange- stiegen. Insbesondere der Anteil der sehr zufriedenen Mieter wuchs um 30 Prozent besonders stark. Die Mieterzufriedenheit korreliert eng mit der Dauer des Wohnens in einem Quartier. Insgesamt 79 Prozent aller Befragten gaben an, bereits länger als fünf Jahre in einem Wohnviertel zu wohnen. Überproportional hoch ist der Anteil natürlich bei den über 65-Jährigen. Hingegen weist die Gruppe der 18- bis 30-Jährigen die höchste Wohn- mobilität auf. So planen viele von ihnen schon ihren Umzug für die nächsten Jahre. Je älter die Mieter sind, desto geringer ist ihr Wunsch, ihre Wohnung zu verlassen. Mietbelastung hoch, aber leicht rückläufig In diesem Zusammenhang wurden vom InWIS auch die Mieter bezüglich der Bewer- tung der Wohnkosten befragt. Dabei sind zwei Ergebnisse herausgekommen, die angesichts der Stimmung in der Öffent- lichkeit doch überraschen. Zum einen hat sich die zusammenfassende Bewertung zwischen 2013 und 2018 nicht verändert. Zum anderen hält die Hälfte der jeweils rund 1.500 befragten Mieter die Wohn- kosten für angemessen und es bewerten mehr Mieter ihre Mietbelastung als günstig als für zu hoch. Im Zeitvergleich beklagen sich nach wie vor nur circa 20 Prozent der Mieter über zu hohe beziehungsweise viel zu hohe Wohnkosten. Eine Analyse des Statistischen Bundesam- tes weist ähnliche Ergebnisse auf. Regelmä- ßig wird von amtlicher Seite der Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Haushalts- einkommen erhoben. Dabei werden die Nebenkosten berücksichtigt sowie keine Unterscheidung zwischen Eigentümern und Mietern gemacht. In den letzten 10 Jahren ist festzustellen, dass nach dieser amtlichen Statistik der Anteil der Wohnkosten bei der gesam- ten Bevölkerung in Deutschland rückläu- fig ist. Diese allgemeine Aussage ist jedoch zu relativieren und zu interpretieren. Zum einen sind sowohl Eigentümer als auch Mieter berücksichtigt. Gerade die Eigen- tümer konnten von den stark gesunkenen Zinsen profitieren, sodass deren Belastung auch gesunken ist. Zum anderen werden die deutschlandweiten Durchschnittsmie- ten herangezogen. Diese sind nur um knapp zwei Prozent pro Jahr angestiegen und waren niedriger als der allgemeine Ein- kommensanstieg, sodass der Anteil abge- nommen hat. Differenziert nach den Haushaltstypen ergibt sich schon ein wenig anderes Bild. Besonders betroffen von den Wohnkosten ist die armutsgefährdete Bevölkerungs- gruppe, die seit Jahren rund die Hälfte ihres Einkommens für Wohnen ausgeben muss. Dieser relativ hohe Anteil der Wohnkosten ist aber langfristig konstant geblieben und nicht gestiegen. Diese differenzierte Sicht spiegelt sich auch in den Ergebnissen der InWIS-Befragungen wider, wie die Aufgliederung in städtische und ländliche Gebiete zeigt. Danach ist der Anteil der Miete am Haushaltsnetto- einkommen zwischen 2013 und 2018 um gut ein Prozentpunkt gestiegen. In den städtischen Gebieten war die Mietbelas- tung schon immer überdurchschnittlich und ist auch noch einmal außerordent- lich angestiegen. Dies ist auf die starken Mietsteigerungen im Vergleich zu den Ein- kommenserhöhungen zurückzuführen. Im ländlichen Bereich dagegen war die Miet- belastung schon 2013 unterdurchschnitt- Foto: Sascha Kreklau Dr. Günter Vornholz, Prof. für Immobilien- ökonomie an der EBZ Business School in Bochum ANALYSE Quelle: InWIS-Befragungen Die zusammenfassende Bewertung der Wohnkosten hat sich zwischen 2013 und 2018 nicht verändert. lich und ist auch noch weiter gesunken, was durch die schwierige Situation auf den Wohnungsmärkten (Leerstand, stag- nierende Mieten) verursacht wurde. Fazit: Hohe Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Tatsachen Es ist auffallend, wie stark sich die öffent- liche Wahrnehmung und die tatsächliche Beurteilung der Situation durch die Mieter unterscheiden. Die Mieterproteste haben sich in den letzten Monaten verschärft. Die InWIS-Befragungen ergeben jedoch eine eher steigende Mietzufriedenheit und dif- ferenzierte Belastungen mit Wohnkosten. Zur Methode Das InWIS führt seit rund 20 Jahren Befra- gungen insbesondere bei Mietern nach deren Wohnsituation und Wohnzufrieden- heit durch. Jährlich werden circa 12.000 Einzelinterviews in standardisierter Form schriftlich, telefonisch und online durchge- führt, sodass diese als repräsentativ ange- sehen werden können. Erhoben wurden und werden Informationen zur Zufrie- denheit von eigenen Mietern (wenn zum Beispiel Wohnungsunternehmen als Auf- traggeber auftreten), aber auch zur Wohn- zufriedenheit und Wohnwünschen von Menschen, die innerhalb des Marktgebie- tes noch nicht in ihren Beständen wohnen. In den letzten Jahren hat sich aus insge- samt rund 70 durchgeführten Befragun- gen ein Basisdatensatz von über 70.000 Interviews ergeben. Nicht jede einzelne der durchgeführten Studien ist überregional repräsentativ, aber der große Datensatz erlaubt das Ableiten von Entwicklungen, die ihrerseits durch andere Studien bestä- tigt wurden. 2 42/2019
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