wohnungspolitische informationen 38/2019

BUNDESPOLITIK Fortsetzung von Seite 1 Grundsteuerreform: Niedrige Mieten der sozial verantwortlichen Wohnungswirtschaft müssen im Bundesmodell berücksichtigt werden Berlin – Anlässlich einer Verbändeanhörung zur Grundsteuerreform im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages am 11. September 2019 hat sich die Wohnungswirtschaft erneut dafür ausgesprochen, ein unbürokratisches und praktikab- les Flächenmodell einzuführen. „Wir begrüßen es, dass endlich Bewegung in die Grundsteuerreform gekommen ist. Wir bewerten es als sehr hilfreich, dass die Länder nun über eine Abweichungsklausel vom Bund unterschiedliche Regelun- gen zur Ermittlung der Grundsteuer treffen können. Nun sind die Länder aufgefordert, sich bei einer Abweichung vom ertragsorientierten Bundesmodell einheitlich auf ein einfaches Flächenverfahren als Alternative zu einigen”, erklärte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Fabian Viehrig, Axel Gedaschko (beide GdW), Michael Groschek (DV), Lukas Siebenkotten (DMB), Jürgen Pöschk (EUMB) und Christian Huttenloher (DV) (v. l.) GdW-Präsident Axel Gedaschko im Interview Fotos: GdW und dafür muss die Agenda deutlich enga- gierter sein, als die der Bundesregierung”, sagte Michael Groschek , Präsident des Deutschen Verbandes für Wohnungswe- sen, Städtebau und Raumordnung. „Der Deutsche Verband hat in seinem Kurs- buch Klimaschutz im Gebäudebereich die Route skizziert, wie wir das erreichen: Es muss um die Betrachtung der CO 2 -Bilanz und um technologieoffene Sanierungen gehen und nicht nur um Effizienz. Das Kli- makabinett muss jetzt endlich Fördermit- tel in einer völlig neuen Größenordnung mobilisieren. Oder wir vergessen die Kli- maziele.” „Wer es mit der Umsetzung der Klimaziele ernst meint, der muss sich die Dimension vor Augen führen”, erklärte Axel Gedaschko , Präsident des Spitzenverbandes der Woh- nungswirtschaft GdW. „In den kommen- den 10 Jahren müssten zur Zielerreichung je nach Tiefe der Sanierung mehr als zwei von drei Wohngebäuden energetisch saniert werden. Das gilt im Übrigen sowohl für ver- mietete Wohnungen als auch für den Eigen- tumsbereich. Wenn man so hohe Ziele an Eigentümer und Mieter stellt, muss man diese auch politisch absichern. Das bedeu- tet in diesem Fall: Es muss wesentlich mehr Geld in den Klimaschutz von Gebäuden flie- ßen, als bisher.”„Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudebereich gibt es nicht zum Null- tarif. Im Gegenteil: Energetische Moderni- sierungen werden für Mieter immer mehr zum Synonym für drastisch steigende Mie- ten und sogar Verdrängung”, so Lukas Siebenkotten , Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB). „Schon eine einfache energetische Modernisierung auf den Effizi- enzhaus-100-Standard führt zu einer Miet- erhöhung von mindestens zwei Euro pro Quadratmeter und Monat, die auch nicht ansatzweise durch eingesparte Heizkosten refinanzierbar ist. Bei durchschnittlichen Wohnkostenbelastungen von 29 Prozent, bei einkommensschwächeren Haushalten von 46 Prozent, sind derartige Mietsteige- rungen nicht bezahlbar, sie gefährden den sozialen Frieden in Deutschland.” Weder eine CO 2 -Bepreisung noch ord- nungsrechtliche Initiativen lösen die Frage der Refinanzierung der energetischen Gebäudesanierung. Die Verbände fordern die Bundesregierung eindringlich dazu auf, bei den Beratungen des Klimakabinetts die wirtschaftlichen und sozialen Handlungs- spielräume der Betroffenen angemessen zu berücksichtigen. Die Nöte der Mieter und Vermieter dürfen nicht gegeneinander aus- gespielt werden. (burk/rop/hut/pösch/schi) Die Pressemappe zum Download finden Sie unter https://bit.ly/2lNL8ct Gelöst sieht die Wohnungswirtschaft die Problematik bei dem jetzt zur Debatte ste- henden Gesetzentwurf zur Grundsteuerre- form aber dennoch nicht. Das Bundesmodell sieht für die Bewertung von Wohnimmobi- lien ein vereinfachtes Ertragswertverfahren vor, das Durchschnittsmieten auf der Basis der Wohngeldmietstufen und Bodenricht- werte berücksichtigt. Der Nachweis und Ansatz tatsächlich niedrigerer Mieten soll dagegen nicht möglich sein. Damit würden Wohnungsbestände entlastet, die höhere Mieten als die Durchschnittsmiete haben. Belastet werden dagegen die Wohnungsbe- stände, die niedrigere Mieten als die Durch- schnittsmiete aufweisen. Damit sind vor allem die Wohnungsbestände der GdW-Mit- glieder benachteiligt, die Garanten für das bezahlbare Wohnen in Deutschland sind. „Wir fordern daher weiterhin Nachbesse- rungen am Bundesmodell”, so Gedaschko. Die Bodenwerte müssen aus der Berech- nung für die Grundsteuer raus. Als Grund- lage für die Grundsteuer müssen in einem ertragsorientierten Modell die tatsächlichen Mieten dienen. Außerdem wehren wir uns dagegen, dass einzelne Eigentümergruppen durch eine verringerte Grundsteuermesszahl bevorzugt werden sollen, da die Kriterien hierfür völlig willkürlich sind. Maßgeblich kann für eine solche Besserstellung nur sein, ob sich die Vermieter sozial verantwortlich verhalten.” In Zusammenhang mit der Reform warnte Gedaschko davor, die Umlagefähigkeit der Grundsteuer über die Betriebskosten abzu- schaffen. Einen entsprechenden Bundes- ratsantrag aus Berlin bezeichnete er als Farce. „Erst ein völlig überzogener Mie- tendeckel und jetzt ein neues Projekt mit ähnlich schlimmen Auswirkungen für die Wohnungswirtschaft. Berlin entwickelt sich zum Investorenschreck”, so Gedaschko. „Die Abschaffung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer würde die Investitionsfähig- keit unserer Mitgliedsunternehmen drama- tisch schwächen und geplante Neubau- und Modernisierungsprojekte sowie soziale Leis- tungen gefährden. Allein in Berlin würden bei unseren Mitgliedern rund 130 Millionen Euro jährlich an Eigenkapital für Investitio- nen fehlen. Bei Annahme einer Eigenkapi- talquote von 20 Prozent wären das Inves- titionen in Höhe von 650 Millionen Euro jährlich”, erklärte der GdW-Präsident. „Das ist mit uns nicht zu machen.” (burk/schi) 2 38/2019

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