Seite 2 - WOHNUNGSPOLITISCHE_INFORMATIONEN_2012_24

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bundespol itik
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Voraussetzung, um die Funktionsfähigkeit
der regionalen Wohnungsmärkte wieder
herzustellen. Allerdings ist das Rückbau-
geschehen in erheblichem Maße rückläu-
fig. Vor allem deshalb, weil für immer mehr
Wohnungsunternehmen Abrisse ohne Ent-
lastung von Altschulden nicht mehr wirt-
schaftlich tragbar sind.
„Das nicht gelöste, aus DDR-Zeiten stam-
mende Altschuldenproblem stellt für den
zukünftigen Erfolg des Programms Stadt-
umbau Ost ein gravierendes Hemmnis
dar“, betonte
Ronald Meißner
, Verbands-
direktor des Verbands der Wohnungsge-
nossenschaften Sachsen-Anhalt (VSWG).
Vor allem mit Blick auf die in den nächs-
ten Jahren bevorstehende demografisch
bedingte zweite Leerstandwelle sei die Alt-
schuldenentlastung oder eine in ihrer wirt-
schaftlichen Wirkung vergleichbare Lösung
zwingend erforderlich, und zwar für alle
Wohnungsunternehmen, die sich am Rück-
baugeschehen beteiligen.
(hung/schi)
n
enger Partnerschaft zwischen Wohnungs-
wirtschaft und Kommunen erstmals ein
Schrumpfungsprozess systematisch gestal-
tet und mit nachhaltiger Aufwertung der
Wohn- und Stadtquartiere verbunden
wurde. Wohnungswirtschaftliche und städ-
tebauliche Anliegen werden so eng mit-
einander verzahnt wie in keinem anderen
Förderprogramm. Die Marktbereinigung
durch den Rückbau von circa 300.000 leer
stehenden Wohnungen war eine wichtige
Dr. Bernd Hunger
GdW-Referent für Wohnungs-
und Städtebau
nachgefragt
Wie schätzen Sie die bisherigen Ergebnisse
des Stadtumbaus Ost ein?
Hunger:
Der Stadtumbau Ost war erfolgreicher als
so mancher anfangs gedacht hat. Eine weitreichen-
de Marktbereinigung ist gelungen, Wohnquartiere
wurden stabilisiert und aufgewertet, Stadtplanung
und Wohnungswirtschaft haben voneinander ge-
lernt. Notwendiger Rückbau wurde von den Woh-
nungsunternehmen so sensibel vorbereitet, dass er
sozialverträglich, unter Wahrung der Mieterinteres-
sen erfolgte. Die Zukunft des Stadtumbaus bedarf
aber neuer Weichenstellungen.
Was genau meinen Sie damit?
Hunger:
In der zweiten Phase des Stadtumbaus
bis 2020 wird von den Experten ein weiterer Rück-
bau von bis zu 250.000 Wohnungen als erforder-
lich erachtet, um einen erneuten deutlichen An-
stieg der Leerstandszahlen zu verhindern. Allerdings
wird die Realisierung des Abrisses schwieriger, da sich
der Leerstand deutlich disperser verteilt und damit
flächenhafte Ansätze des Rückbaus künftig nur in we-
nigen Fällen möglich sein werden. Damit steigen die
Kosten für den Abriss, das Umzugsmanagement und
die Bereitstellung von Umsetzwohnungen. Zudem
schiebt die Politik die Lösung des Altschuldenprob-
lems vor sich her, was den Rückbau für viele Woh-
nungsunternehmen wirtschaftlich untragbar macht.
Die Ziele des Stadtumbaus in seiner bevorstehenden
Phase können so nicht erreicht werden.
Was schlagen die Experten vor?
Hunger:
In zwei Expertenrunden wurde dieses Prob-
lem unter Beteiligung aller wichtigen Akteure disku-
tiert. Das Ergebnispapier ‚Anreizinstrumente für Rück-
bau und Aufwertung von Beständen und Quartieren‘
kommt zu einem Vorschlag, der hoffentlich von der
Politik aufgegriffen wird: Alle Eigentümer, die in in-
nerstädtischen oder anderen zukunftsfähigen Quar-
tieren investieren, können im Rahmen der Wohn-
raumförderung der Länder Investitionshilfen erhalten,
welche vorrangig jenen Eigentümern gewährt wird,
die sich am Rückbau beteiligen. Dieser Investitions-
vorrang müsste für die Wohnungsunternehmen als
wirtschaftlich adäquater Ausgleich für die bisherige
Altschuldenentlastung gestaltet sein.
Kann es im Interesse des GdW sein, dass
die von ihm vertretenen Unternehmen auch
in Zukunft nahezu allein die Rückbaulast
schultern?
Hunger:
Die Praxis zeigt, dass die modernisierten
Bestände in den Wohnsiedlungen stark nachge-
fragt sind, weil sie bezahlbares und qualitätsvolles
Wohnen bei professionellen Vermietern bieten. Da-
rüber hinaus leisten sie einen überdurchschnittlich
hohen Beitrag zum Klimaschutz und zur Energie-
einsparung. Die von uns vertretenen Unternehmen
werden deshalb sehr genau abwägen, wo und in
welchem Umfang weiterer Rückbau erforderlich
ist. Und sie werden sehr daran interessiert sein,
dass ihr Marktanteil nicht zugunsten Dritter weiter
wie bisher überproportional schrumpft. Auch an-
dere Marktteilnehmer müssen endlich am Rück-
baugeschehen mitwirken und dürfen nicht nur
Profiteure sein.
„Der Bund muss sich auch nach 2013 min-
destens im bisherigen Umfang an der sozi-
alen Wohnraumförderung beteiligen. Sonst
drohen erhebliche soziale Probleme in den
Quartieren, bis hin zu einer sozialen Segre-
gation.“ Bis 2013 zahlt der Bund für die
soziale Wohnraumförderung jährlich 518,2
Millionen Euro an die Länder. Derzeit ver-
handeln Bund und Länder über die Fortfüh-
rung dieser Transferleistungen.
„Der demografische Wandel, die Not-
wendigkeit energetischer Sanierungen im
Gebäudebestand und der strukturelle Wan-
del der Wohnungsmärkte, der sich regional
unterschiedlich vollzieht, erfordern sogar
ein höheres Maß an Engagement in der
BSI: Bezahlbarer Wohnraum wird knapp – Soziale Wohnraumförderung auch
nach 2013 fortsetzen
Berlin – „Wohnraum für sozial schwächer gestellte Menschen wird in einigen Ballungsregionen und wirtschaftlich star-
ken Städten zunehmend knapp. Daher ist die Förderung von Wohnraum in diesen Regionen unverzichtbar“, erklärte
Axel Gedaschko, Vorsitzender der Bundesvereinigung Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft (BSI) und Präsident des
GdW Bundesverbandes anlässlich der Beratung eines Antrags der SPD-Fraktion zur Zukunft der Sozialen Wohnraumför-
derung im Haushalts- und Bauausschuss des Deutschen Bundestages am 13. Juni 2012.
Förderpolitik“, so Gedaschko. Zudem sei
in den meisten Wohnungsteilmärkten der
Umbau von Bestandswohnungen für das
bezahlbare familien- oder altengerechte
Wohnen erforderlich. Auch dadurch wer-
den die Mieten steigen, was vor allem
einkommensschwache Bevölkerungsteile
trifft. Gegenwärtig zählen rund 20 Pro-
zent der Haushalte in Deutschland zu den
Niedrigeinkommensbeziehern, Tendenz
steigend. Vor allem die zukünftigen Senio-
renhaushalte werden ein deutlich geringe-
res Einkommen haben als die heutigen. Der
soziale Wohnungsbestand, der vor allem in
den alten Ländern liegt, baut sich jedoch
sukzessive weiter ab. Laut einer Erhebung
der Fachkommission Wohnungsbauförde-
rung/SUBVE Bremen bei den Landesförder-
instituten ist der Bestand an gebundenen
Mietwohnungen zwischen 2002 und 2008
in fast allen Bundesländern gesunken – teil-
weise um mehr als die Hälfte.
„Es gilt jetzt, die Weichen für eine sichere
Wohnraumförderung auch nach 2013
zu stellen“, so der BSI-Vorsitzende. „Wir
appellieren an die Länderchefs, die sich am
14. Juni 2012 zu einer Ministerpräsidenten-
konferenz treffen, eine freiwillige Selbstver-
pflichtung zur Fortsetzung der investiven
Zweckbindung auf Länderebene einzuge-
hen.“ Das würde bedeuten, dass die Mit-
tel durch Zweckbindung auch zukünftig
Foto: Sebastian Schobbert
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