Verwalter-Brief 6/2020
www.haufe.de/immobilien 14 Tage vor Verwalterwahl müssen Eigentümer Vergleichsangebote kennen Wollen die Wohnungseigentümer einen neuen Verwalter bestellen, müssen vor der Beschlussfassung – anders als bei der Wiederbestel- lung des bisherigen Verwalters – mehrere Vergleichsangebote einge- holt werden, so der BGH im Jahr 2011. Anderenfalls widerspreche die Verwalterbestellung ordnungsgemäßer Verwaltung. Nun hat der BGH in einem aktuellen Urteil präzisiert, dass den Wohnungseigentümern die Angebote innerhalb der Ladungsfrist – im Regelfall also spätestens 14 Tage vor der Eigentümerversammlung – bekannt gemacht werden müssen. Nur so hätten die Eigentümer die Möglichkeit, Erkundigungen über die Bewerber um das Verwalteramt einzuholen, sich ein Bild über deren Eignung zu machen und die Angebote, die möglicherweise auf- grund unterschiedlichen Leistungsumfangs oder unterschiedlicher Ver- gütungsstruktur nicht auf die Schnelle in der Eigentümerversammlung vergleichbar sind, miteinander zu vergleichen. Im entschiedenen Fall wurden den Eigentümern zwei der drei vorlie- genden Angebote erst in der Eigentümerversammlung vorgestellt. Dies erachtete der BGH für nicht ausreichend und gab der Anfechtungsklage gegen den Bestellungsbeschluss statt. Wenn den Eigentümern mit der Einladung zur Eigentümerversamm- lung nicht die kompletten Angebote übersandt werden, sondern nur deren Eckdaten wie Laufzeit und Vergütung, reiche dies prinzipiell aus. Allerdings müssten Eigentümern in diesem Fall auf Wunsch auch die vollständigen Angebote mitgeteilt werden. (BGH, Urteil v. 24.1.2020, V ZR 110/19) ! Weiterführende Informationen: Bestellung und Abberufung des Verwalters (FAQs) 1519423 Begriff der „Betriebskosten“ in der Gewerbemiete Auch in einem Gewerbemietverhältnis muss der Mieter die Betriebskos- ten nur tragen, wenn dies im Mietvertrag vereinbart ist. Dabei ist eine Vereinbarung, wonach der Mieter „sämtliche Betriebskosten“ tragen muss, hinreichend bestimmt. Der Begriff „Betriebskosten“ besagt auch in einem Gewerbemietvertrag, dass alle in der Betriebskostenverordnung genannten Kostenarten gemeint sind. Das hat der BGH klargestellt. Zwar sei § 556 BGB, der auf die Betriebskostenverordnung verweist, auf Gewerbemietverhältnisse nicht anwendbar. Gleichwohl könne die gesetzliche Definition dafür herangezogen werden, wie der in einem gewerblichen Mietvertrag verwendete Begriff „Betriebskosten“ zu ver- stehen ist, zumal der Begriff seit vielen Jahrzehnten durch Rechtsver- ordnung und später durch Gesetz definiert sei. Die Umlage sämtlicher in der Betriebskostenverordnung aufgeführten Kostenpositionen scheitere auch nicht, wenn einzelne Kostenarten ge- nannt sind, die „insbesondere“ vom Mieter zu tragen seien. Durch eine Einleitung mit „insbesondere“ sei klar, dass nicht nur diese Kosten um- gelegt werden sollen, sondern es sich lediglich um eine beispielhafte Aufzählung handle. Gegen dieses Verständnis des Begriffs „Betriebskosten“ spreche auch nicht, dass in der Gewerberaummiete auch Kostenpositionen auf den Mieter umgelegt werden können, die im Katalog des § 2 Betriebskos- tenverordnung nicht aufgeführt sind. Über die Umlage weiterer Kosten müssen sich die Vertragsparteien nämlich jeweils konkret einigen. Für die Wohnraummiete hatte der BGH bereits früher entschieden, dass der in einem Mietvertrag verwendete Begriff der „Betriebskosten“ ohne Weiteres die in der Betriebskostenverordnung genannten Betriebskos- tenarten umfasst. (BGH, Urteil v. 8.4.2020, XII ZR 120/18) ! Weiterführende Informationen: Betriebskostenarten nach § 2 BetrKV 2736386 Berliner Mietendeckel landet vor dem Bundesverfassungsgericht Mit dem Mietendeckel des Landes Berlin muss sich jetzt das Bundesver- fassungsgericht befassen. Bundestagsabgeordnete von Union und FDP im Bundestag haben in Karlsruhe einen Antrag auf Normenkontrolle eingereicht. Strittig ist, ob das Land Berlin über die Gesetzgebungskom- petenz verfügt, Regelungen zu Mietobergrenzen zu erlassen oder ob dies dem Bund vorbehalten ist. Das Berliner Abgeordnetenhaus hatte das Gesetz mit rot-rot-grüner Mehrheit gegen die Stimmen der Opposition beschlossen. Dieses sieht unter anderem vor, dass die Mieten vieler Wohnungen in Berlin für die Dauer von fünf Jahren auf dem Stand vom 18.6.2019 „eingefro- ren“ werden. Zudem werden Mieten, die eine bestimmte Obergrenze überschreiten, abgesenkt. Bei ab dem 23.2.2020 neu abgeschlossenen Mietverträgen darf die Miete nicht über der bisherigen Miete bezie- hungsweise der gesetzlichen Mietobergrenze liegen. Vom Mietende- ckel ausgenommen sind unter anderem Neubauwohnungen, die seit dem 1.1.2014 erstmals bezugsfertig wurden. Mit der sogenannten abstrakten Normenkontrollklage vor dem Bundes- verfassungsgericht in Karlsruhe können die Antragsteller – unabhängig von einem konkreten Rechtsstreit und von eigener Betroffenheit – die Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm überprüfen lassen. 2 Meldungen Für einen neu bestellten Verwalter ist es ärgerlich, wenn seine Be- stellung an fehlenden Vergleichsangeboten oder deren fehlender Bekanntgabe scheitert. Er sollte in eigenem Interesse insoweit vor- beugen, dass er Wohnungseigentümer, die etwa im Rahmen der Verwaltersuche an ihn herantreten, auf die Rechtslage hinweist und diese bittet, weitere Angebote einzuholen und den Eigentümern zur Verfügung zu stellen. Bereits dies kann für einen Vertrauensvor- schuss bei den Eigentümern sorgen. Eine Pflicht, den Eigentümern schon in der Einladung zur Eigen- tümerversammlung Informationen zur Verfügung zu stellen, kann auch vor anderen Beschlussfassungen bestehen. Wann dies der Fall ist, hängt vom Beschlussgegenstand im Einzelfall ab. So wird es er- forderlich sein, den Eigentümern vor der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung und den Wirtschaftsplan oder über eine namhafte Sonderumlage für umfangreiche Sanierungsmaßnahmen vorab die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung zu stellen. PRAXIS-TIPP:
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