Verwalter-Brief 6/2020
Der WEG-Senat erwähnt die Energieeffizi- enz-Richtlinie (EED) nicht. Es wäre aber auch anhand dieser zu fragen gewesen, ob es im Einzelfall erlaubt ist, einen Verbrauch nicht er- mitteln zu müssen. 3.2. Anwendbarkeit von § 9a Abs. 1 HeizkostenV Der WEG-Senat klärt mit der Entscheidung ferner, dass § 9a Abs. 1 HeizkostenV auf das Phänomen „Rohrwärme“ nicht anwend- bar ist. Dies hatte man jüngst im Karlsruher Landgericht noch anders gesehen (LG Karls- ruhe, Urteil v. 25.9.2018, 11 S 8/18). Dieses sah einen „zwingenden Grund“ im Sinne der Bestimmung, wenn nur ein sehr geringer An- teil der abgegebenen Wärme von den Ver- brauchserfassungsgeräten erfasst wird. Denn dann seien die ermittelten Verbrauchswerte selbst bei ordnungsgemäßer Funktionsweise der Messgeräte und ohne Ablesefehler nicht zuverlässig und belastbar. Dieser Überlegung tritt der BGH mit dem Argument entgegen, die Messinstrumente funktionierten doch fehlerfrei. 4. Möglichkeiten zur Reduzierung einer erhöhten Rohrwärme Die Wohnungseigentümer können dem Phä- nomen „Rohrwärme“ teilweise begegnen. Der BGH weist auf 3 Möglichkeiten hin: Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV könnten die Wohnungseigentümer einen Umlage- schlüssel 50% Verbrauchskosten zu 50% Grundkosten bestimmen. Die Wohnungseigentümer könnten bestim- men, dass die Vorlauftemperatur abgesenkt wird. Die Wohnungseigentümer könnten bestim- men, dass für die Erfassung der Rohrwärme geeignetere Messgeräte angebracht wer- den. Es wurde insoweit z. B. vorgeschlagen, an den freiliegenden Heizungsrohren (elek- tronische) Heizkostenverteiler anzubringen und auf diese Weise die abgegebene Rohr- wärme zu erfassen. Ferner ist an den Einbau von Verdunstungsgeräten zu denken. 4. Verhaltensempfehlungen für Verwalter ! Weiterführende Informationen: Heizkostenabrechnung 636688 ■ ■ ■ www.haufe.de/immobilien 11 Deckert/Elzer kompakt WEG-Rechtsprechung kompakt Bauliche Veränderung: Rückbau AG Kassel, Urteil v. 24.10.2019, 800 C 2005/19 Der Beschluss, nach dem ein 87-jähriger Woh- nungseigentümer zum Rückbau eines Trep- penliftes im gemeinschaftlichen Treppenhaus verpflichtet wird, dessen Einbau gestattet wor- den war, um der mittlerweile verstorbenen Ehefrau dieses Miteigentümers den notwendi- gen barrierefreien Zugang zu den Räumen des Sondereigentums zu ermöglichen, verstößt gegen Treu und Glauben. ! Weiterführende Informationen: Bauliche Veränderung: Beseitigung 2720315 Verwalter: Verkehrssicherungspflicht AG Moers, Urteil v. 11.7.2019, 564 C 9/19 Der Verwalter kann einem Wohnungseigentü- mer wegen des Zustands einer Treppe Scha- densersatz schulden. ! Weiterführende Informationen: Überwachungspflichten des Verwalters, Verkehrssicherungspflicht 637290 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer: Wissenszurechnung OLG Frankfurt, Urteil v. 19.9.2019, 1 U 233/18 Eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann von einer anderen dasjenige nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB zurückfordern, was der gemeinsame Verwalter zur Verschleierung betrügerischer Entnahmen dorthin überwie- sen hat. Die beklagte Gemeinschaft kann sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung beru- fen, weil ihr die Kenntnis des Verwalters als ihres Vertreters zuzurechnen ist, § 166 Abs. 1, § 818 Abs. 4 und § 819 Abs. 1 BGB. ! Weiterführende Informationen: Wissenszurechnung des Verwalters 7227586 Jeder Verwalter muss wissen, dass das Phänomen „Rohrwärme“ für viele Woh- nungseigentümer von großer Bedeutung ist und Potenzial für Ärger birgt. Jeder Verwalter sollte die BGH-Recht- sprechung kennen, wann §§ 7, 9a Heiz- kostenV anwendbar sind – und wann nicht. Ferner sollte er wissen, dass das Ermessen, von § 7 Abs. 1 Satz 3 Heizkos- tenV Gebrauch zu machen, im Einzelfall auf null reduziert ist. Hiervon sollte er den Wohnungseigentümern berichten und Vorschläge machen. Jeder Verwalter sollte mit den Wohnungs- eigentümern besprechen, ob man dem Phänomen „Rohrwärme“ mit einem an- deren Umlageschlüssel oder technischen Maßnahmen teilweise begegnen kann. ■ ■ ■ anfallenden Kosten tragen. Ebenso ist es mit dem Kürzungsrecht des Mieters nach § 12 Abs. 1 HeizkostenV. Denn zwischen den Wohnungseigentümern ist eine solche Kürzung nicht vorstellbar. Die Möglichkeit, den Wärmeverbrauch der Nutzer nach den anerkannten Regeln der Technik zu bestimmen, besteht im Übrigen auch nicht, wenn Wärmemengenzähler und nicht Heizkostenverteiler verbaut sind (LG Dortmund, Beschluss v. 8.6.2018, 17 S 33/18). Im Gegensatz zu Heizkostenver- teilern ermitteln Wärmemengenzähler die abgegebene Wärmeenergie anhand von Volumenstrom sowie aus der Differenz aus Vor- und Rücklauftemperatur, so dass sie auch den wesentlichen Teil der Rohrwär- me erfassen. HINWEIS: Die dem § 9a Abs. 1 HeizkostenV unter- liegenden Sachverhalte haben Fallgestal- tungen zum Gegenstand, in denen aus zwingenden Gründen (namentlich eines Geräteausfalls) eine ordnungsgemäße Er- fassung des Verbrauchs nicht möglich ist. Derartige Sachverhalte sind nicht mit den hier in Rede stehenden Fällen vergleich- bar, die dadurch gekennzeichnet sind, dass eine Verbrauchserfassung sehr wohl mög- lich ist und auch erfolgt. HINWEIS: Oliver Elzer, Forde- rungsmanagement für WEG-Verwalter, 309 Seiten, ISBN 978-3-648- 13638-6, 59,95 Euro, Haufe Dieses Buch stellt Verwaltern detailliert die Abläufe des Forderungsmanagements vor: von der Mahnung bis zur Durchführung der Zwangsvollstreckung im Wohnungseigentum. BUCHTIPP:
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