Verwalterbrief 9/2019
werden, dass ein Bewerber bereits gewählt ist, wenn er die einfache Mehrheit erreicht hat. Ein höheres Quorum kann wegen der Be- stimmung des § 26 Abs. 1 Satz 5 WEG hinge- gen nicht vereinbart werden. 2.3. Stimmrecht Bei der Abstimmung, wer Verwalter sein soll, hat jeder Wohnungseigentümer ein Stimm- recht. Dies gilt auch dann, wenn sich ein Wohnungseigentümer selbst darum bewirbt, Verwalter zu sein; selbst dann, wenn die Woh- nungseigentümer zugleich über den Abschluss des Verwaltervertrages abstimmen. 3. Beginn des Amtes Eine Person wird noch nicht durch den Bestel- lungsbeschluss Verwalter. Dies ist erst dann der Fall, wenn sie – gegebenenfalls auf schlüs- sige Weise – die Wahl annimmt. 4. Anfechtung des Bestellungsbeschlusses 4.1. Geschäftsführung Wird ein Bestellungsbeschluss angegriffen und hat – wie im Fall – die entsprechende Anfech- tungsklage Erfolg, ist der Bestellungsbeschluss mit Rechtskraft der Entscheidung als von An- fang an ungültig anzusehen. Die Geschäftsführung des bis zur Rechtskraft der Entscheidung tätigen Amtsträgers ist hier- von allerdings nicht betroffen. Die Geschäfts- führung ist vielmehr bis zu diesem Zeitpunkt als wirksam anzusehen, beispielsweise seine im Zusammenhang mit einer Versammlung der Eigentümer entfalteten Tätigkeiten oder eine von ihm nach § 28 Abs. 3 WEG erstell- te Abrechnung. Denn der Amtsträger ist vom Zeitpunkt seiner Bestellung an berechtigt und verpflichtet, Beschlüsse auszuführen, Finanzen zu verwalten und Zustellungen und Willenser- klärungen entgegenzunehmen. Auch während des Verfahrens über die Anfechtung seiner Bestellung darf der Verwalter seine Tätigkeit nicht ruhen lassen. 4.2. Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Umstritten ist hingegen, was in Bezug auf die Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungsei- gentümer gilt: Nach wohl herrschender Meinung müssen sich die Gemeinschaft der Wohnungseigen- tümer und die Wohnungseigentümer die Rechtsgeschäfte entgegenhalten lassen, die der Verwalter im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geschlossen hat. Nach einer Minderansicht gelten für den Schutz eines Dritten hingegen ausschließ- lich die Bestimmungen der §§ 168 ff. BGB. Dies bedeutet, dass Verträge grundsätzlich nur dann ihre Wirksamkeit behalten, wenn ■ ■ sich der Verwalter durch eine Vollmachtsur- kunde ausgewiesen hat. Solange dieser Streit nicht rechtsverbindlich durch den BGH geklärt worden ist, sollte vor diesem Hintergrund kein Verwalter zum ei- genen Schutz und zum Schutz Dritter darauf verzichten, sich von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und den Wohnungsei- gentümern eine – wie es in § 27 Abs. 6 WEG heißt – Vollmachts- und Ermächtigungsurkun- de ausstellen zu lassen, aus der der Umfang seiner Vertretungsmacht ersichtlich ist. 5. Nichtigkeit des Bestellungsbeschlusses Ist der Bestellungsbeschluss ausnahmsweise nichtig, ist der Bestellte faktischer Verwalter oder Scheinverwalter – also in Bezug auf seine Amtsgeschäfte grundsätzlich so zu behandeln, als sei er nie Verwalter gewesen. 6. Verwaltervertrag Wird der Bestellungsbeschluss für ungültig erklärt, wirkt sich dies unmittelbar auf einen Beschluss aus, mit dem die Wohnungseigen- tümer den Verwaltervertrag mit dem Bewer- ber genehmigt haben. Ein solcher Beschluss ist dann ebenfalls unwirksam, selbst wenn er nicht mit einer Anfechtungsklage angegriffen worden ist. Allerdings behält der Verwalter seine Vergütungsansprüche. 7. Verhaltensempfehlungen an Verwalter www.haufe.de/immobilien 11 Deckert/Elzer kompakt WEG-Rechtsprechung kompakt Duldung auf Beseitigung bauli- cher Veränderung kann auch in Zweiergemeinschaft nur von der Eigentümergemeinschaft geltend gemacht werden (LG Frankfurt/Main, Urteil v. 7.6.2018, 2-13 S 98/17) Ist der Individualanspruch des einzelnen Woh- nungseigentümers auf Beseitigung einer un- zulässigen baulichen Veränderung verjährt, kann die Wohnungseigentümergemeinschaft die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands beschließen. Für den Anspruch auf Duldung der Störungsbeseitigung ist auch in Zwei-Personen-Gemeinschaften nur die Ge- meinschaft anspruchsberechtigt. ! Weiterführende Informationen: Zweiergemeinschaft 950814 Bauliche Veränderung: Beseitigung 2711858 Kein Anspruch auf Genehmigung eines Klimageräts im Bereich des Balkons (AG Charlottenburg, Urteil v. 12.1.2018, 73 C 70/17). Werden im Zuge der Montage eines Klimage- räts Leitungen durch Gemeinschaftseigentum gebohrt und wird der optische Eindruck der Gesamtwohnanlage beeinträchtigt, besteht kein Anspruch auf Genehmigung dieser bau- lichen Veränderung. In einem derartigen Fall sind nämlich Eigentümer vorhanden, deren Belange über das in § 14 Nr. 1 WEG genannte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Eine be- schlussweise Aufforderung, ein bereits mon- tiertes Gerät zurückzubauen, ist rechtmäßig. Ausnahmen sind allenfalls denkbar, wenn der Rückbauanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen kann und dessen Gel- tendmachung alleine zusätzliche Kosten ver- ursachen würde. ! Weiterführende Informationen: Bauliche Veränderung: Beseitigung 2711858 Gemeinschaftseigentum 636555 Im Einzelfall lässt sich im Wege der Aus- legung ermitteln, dass die Bestellung des Verwalters unter der auflösenden Bedin- gung der Ungültigerklärung des Bestel- lungsbeschlusses gewollt war. Denn dann endet die Bestellung erst mit der Ungültig- keitserklärung des Bestellungsbeschlusses. HINWEIS: Jeder Verwalter muss sich mit den Grund- lagen, wie ein Verwalter zu bestellen ist, immer wieder vertraut machen. Jeder Verwalter muss wissen, was zu be- achten ist, wenn auf der Versammlung als Gegenstand die Wahl oder Wieder- wahl eines Verwalters ansteht. Jeder Verwalter muss wissen, wie bei der Abstimmung über die Person des Verwalters zu verfahren ist und welche Mehrheiten zu erreichen sind. Jeder Verwalter sollte sich eine Voll- macht- und Ermächtigungsurkunde aus- stellen lassen und diese aktuell halten. ■ ■ ■ ■
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