Verwalterbrief 12/2019
www.haufe.de/immobilien Uralter Mietspiegel kann Mieterhöhung nicht begründen Existiert in einer Stadt oder Gemeinde kein aktueller Mietspiegel, kann der Vermieter auf einen veralteten Mietspiegel oder den Mietspiegel ei- ner vergleichbaren Gemeinde (dazu nebenstehende Meldung) zurück- greifen, um ein Mieterhöhungsverlangen zu begründen. Das sieht § 558a Abs. 4 Satz 2 BGB ausdrücklich vor. Allerdings hat das Grenzen, so der BGH in einem aktuellen Urteil: Ein 20 Jahre alter Mietspiegel ist nicht geeignet, um ein Mieterhöhungsverlangen formell wirksam zu begründen. Maßgeblich ist für die Bundesrichter der Zweck des Begründungserfor- dernisses: Dieses soll dem Mieter ermöglichen, das Erhöhungsverlangen inhaltlich zu prüfen. Aus der Begründung müssen daher konkrete Hin- weise auf die sachliche Berechtigung einer Mieterhöhung hervorgehen. Einem 20 Jahre alten Mietspiegel fehle hierfür der Informationsgehalt, so der BGH. Die Bewertung von Wohnwertmerkmalen könne sich im Laufe der Jahre ebenso ändern wie die Bewertung der Lage, sodass ein so alter Mietspiegel nicht mehr aussagekräftig sei. Eine allgemeine zeitliche Grenze, bis zu welchem Alter ein Mietspiegel herangezogen werden kann, stellten die Richter nicht auf. Ein Vermieter werde auch nicht beeinträchtigt, wenn er sich nicht auf einen veralteten Mietspiegel berufen könne, denn ihm stünden andere Begründungsmittel, etwa die Benennung von Vergleichswohnungen, zur Verfügung. (BGH, Urteil v. 16.10.2019, VIII ZR 340/18) ! Weiterführende Informationen: Mietspiegel 668296 Rechtsmittelbeschwer bei Rückbau von baulicher Veränderung Lässt ein Landgericht in seinem Berufungsurteil über eine wohnungseigen- tumsrechtliche Streitigkeit keine Revision zu, stellt sich die Frage, wie die- se Angelegenheit trotzdem noch juristisch weiterverfolgt werden kann. Um das Landgerichtsurteil vor den BGH zu bringen, kommt eine Nichtzu- lassungsbeschwerde in Betracht. Voraussetzung hierfür ist allerdings eine Beschwer des Betroffenen von mehr als 20.000 Euro. Lautet das Urteil auf Rückbau einer baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums, rich- tet sich die Beschwer im Grundsatz nach den Rückbaukosten. In einem aktuellen Beschluss hat der BGH nun eine wichtige Ausnahme definiert: Übersteigt das Interesse des zum Rückbau verurteilten Woh- nungseigentümers am Erhalt des Bauwerks die Abrisskosten, ist regel- mäßig dieses Interesse maßgeblich. Das Interesse am Erhalt bemisst sich grundsätzlich nach den für den Bau aufgewendeten Kosten. Im entschiedenen Fall hatte ein Eigentümer für mehr als 20.000 Euro eine Heizung in seinem Sondereigentum eingebaut und ein Kaminrohr durch das Gemeinschaftseigentum geführt. Er wurde zum Rückbau des Rohres verurteilt, was mit deutlich unter 20.000 Euro zu bewerkstelli- gen war. Da hierdurch aber die gesamte Heizung obsolet wurde, waren die Einbaukosten für die Beschwer maßgeblich. Bei der Bemessung der Beschwer nicht zu berücksichtigen sind dagegen mittelbare wirtschaftliche Folgen des Urteils, etwa eine Wertminderung der Wohnung durch den Rückbau oder die Kosten für andere Baumaß- nahmen, die durch das Urteil erforderlich werden. (BGH, Beschluss v. 26.9.2019, V ZR 224/18) ! Weiterführende Informationen: Nichtzulassungsbeschwerde 2703292 Vergleichbarkeit benachbarter Gemeinden bei Mieterhöhung Fehlt in einer Stadt oder Gemeinde ein aktueller Mietspiegel, kann der Vermieter auf den Mietspiegel einer anderen Gemeinde zurückgreifen, um eine Mieterhöhung zu begründen – vorausgesetzt, die Gemeinden sind vergleichbar. Mit den Kriterien, aus denen sich die Vergleichbarkeit ergibt, hat sich kürz- lich der BGH befasst. Demnach sind zwei Gemeinden nicht schon dann vergleichbar, wenn die Auffassung des Vermieters, es handele sich um vergleichbare Gemeinden, nicht offensichtlich unbegründet ist. Vielmehr komme es auf eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse des Einzelfalls sowie deren Gewichtung und Abwägung an. Wichtige Kriterien hierbei seien Einwohnerzahl, Infrastruktur und das jeweilige kulturelle Angebot. Im konkreten Fall ging es darum, ob die beiden westlich an Nürnberg angrenzenden Städte Fürth (125.000 Einwohner) und Stadt Stein (15.000 Einwohner) vergleichbar sind. Dies verneinten die Bundesrichter unter Hin- weis auf deutliche Unterschiede im Hinblick auf die genannten Kriterien. Dass beide Städte direkt an Nürnberg angrenzen und Nürnberg von beiden Städten aus gut erreichbar sei, reiche nicht aus, um eine Vergleichbarkeit annehmen zu können. (BGH, Urteil v. 21.8.2019, VIII ZR 255/18) ! Weiterführende Informationen: Mieterhöhung bei Wohnraum – ortsübliche Vergleichsmiete 625744 Erbe haftet nicht allein deshalb für Miete, weil er nicht kündigt Ist der Mieter einer Wohnung verstorben, endet das Mietverhältnis nicht ohne Weiteres. Je nach Konstellation im Einzelfall wird das Mietverhält- nis mit den verbleibenden Mietern fortgesetzt oder es treten Haushalts- angehörige des Mieters oder dessen Erben in das Mietverhältnis ein. Bei Eintritt des Erben haben sowohl dieser als auch der Vermieter ein fristgebundenes Sonderkündigungsrecht. Für Forderungen aus dem Mietverhältnis haftet der Erbe grundsätzlich sowohl mit dem Nachlass als auch persönlich. Er kann seine Haftung aber auf den Nachlass beschränken, etwa durch Anordnung der Nach- lassverwaltung. Eine solche Haftungsbeschränkung erstreckt sich allerdings nicht auf Forderungen, für die der Erbe auch persönlich haftet, so bei Verbind- lichkeiten, die er bei der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses eingeht. Sie haben eine Doppelnatur und sind sowohl Eigenverbindlich- keiten des Erben als auch Nachlassverbindlichkeiten. Eine Verwaltungsmaßnahme, die eine persönliche Haftung des Erben zur Folge hat, liegt nicht bereits darin, dass der Erbe untätig bleibt und nicht von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch macht. Das hat der BGH klargestellt. Demnach ist dem bloßen Verstreichenlassen der Mög- lichkeit zur außerordentlichen Kündigung kein Erklärungswert beizu- messen, der mit einem stillschweigenden Abschluss eines Mietvertrags gleichzusetzen wäre. 2 Meldungen
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==