Verwalterbrief 12/2019
berufen (ob dem so ist, kann in der Regel erst in der Versammlung der Eigentümer geprüft werden). Etwa auf eine Vereinbarung, dass sich ein Wohnungseigentümer nur durch seinen Ehe- gatten, den Verwalter oder einen anderen Wohnungseigentümer vertreten lassen kann, sollen sich die anderen Wohnungseigentümer dann nicht berufen können, wenn der Ehegatte zur Vertretung aus gesundheit- lichen Gründen nicht in der Lage ist, der Wohnungseigentümer mit den übrigen Wohnungseigentümern völlig zerstritten und erst unmittelbar vor der Versammlung ein neuer Verwalter bestellt worden ist, den der – verhinderte – Eigentümer (noch) nicht kennt. Eine Vertreterklausel soll ferner nicht anzu- wenden sein, wenn der durch sie beschränkte Wohnungseigen- tümer im Ausland lebt, nicht verheiratet ist, es sich um eine kleine Wohnungseigen- tumsanlage handelt, die anderen Wohnungseigentümer mit dem Verwalter „identisch“ und die Eigentümer schließlich zerstritten sind. Entsprechendes gilt, wenn die Wohnungseigen- tümer über mehrere Jahre die Vertretung durch Dritte hingenommen haben, obwohl diese – was bekannt war – gegen eine Vertreterklau- sel verstieß. Denn die Wohnungseigentümer dürfen ihre Handhabung nur in einer Weise „ändern“, die gewährleistet, dass der betroffe- ne Wohnungseigentümer rechtzeitig für seine ordnungsgemäße Vertretung sorgen kann. 3. Schriftliche Vollmacht Die Vertreterklausel im Fall sah vor, das ein Vertreter einer schriftlichen Vollmacht bedarf, die dem Verwalter spätestens vor Beginn der Versammlung auszuhändigen ist. Liegt es so, muss der Verwalter dafür Sorge tragen, diese Vollmachten, die nach h. M. nicht gefaxt sein oder als Anhang einer E-Mail angefügt sein dürfen, einzusehen. Ferner muss er sie als An- lage zur Niederschrift nehmen. ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ 4. Verstöße gegen Vertreterklausel Ist ein Vertreter wegen einer Vertreterklausel nicht zur Vertretung befugt, ist ein mit seiner Stimme zustande gekommener Beschluss formell nicht ordnungsmäßig und anfechtbar, aber nicht nichtig. Auch der unrechtmäßige Ausschluss eines Ver- treters, der eigentlich berechtigt wäre, einen Wohnungseigentümer zu vertreten, ist grund- sätzlich nur anfechtbar, macht den entspre- chenden Beschluss aber grundsätzlich nicht nichtig. Anders könnte es aber sein, wenn der Ausschluss vorsätzlich geschieht. Hier ist also Vorsicht geboten. 5. Verhaltensempfehlungen an Verwalter ! Weiterführende Informationen: Vertretung in der Eigentümerversammlung 2118129 WEG-Rechtsprechung kompakt Eigentümerversammlung: Minderheiten- quorum muss notfalls noch im gericht- lichen Verfahren erfüllt sein (LG Koblenz, Beschluss v. 7.6.2018, 2 S 16/18) Das Minderheitenquorum des § 24 Abs. 2 WEG muss nicht nur im Zeitpunkt des Zugangs des www.haufe.de/immobilien 11 Deckert/Elzer kompakt Einberufungsverlangens beim Verwalter er- füllt sein, sondern auch noch bis zur tatsäch- lichen Einladung zur Eigentümerversammlung. Kommt der Verwalter einem Einberufungsver- langen nicht nach und wird er von einem Woh- nungseigentümer gerichtlich auf Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung in Anspruch genommen, muss das Minderhei- tenquorum bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung fortbestehen. ! Weiterführende Informationen: Eigentümerversammlung: Vorbereitung und Einberufung 636406 Umsetzung eines Sonderwunsches nach Entstehen der werdenden Eigentümer- gemeinschaft stellt i. d. R. eine bauliche Veränderung dar (LG Itzehoe, Urteil v. 10.4.2018, 11 S 129/15) Mit der Entstehung einer werdenden Woh- nungseigentümergemeinschaft verliert der Bauträger seine uneingeschränkte Verfü- gungsbefugnis. Sofern er auf Veranlassung eines künftigen Wohnungseigentümers eine Änderung am Gemeinschaftseigentum vor- nimmt, handelt es sich dabei um eine bauliche Veränderung nach § 22 Abs. 1 WEG. Der Er- werber von Wohnungseigentum, der mit dem teilenden Bauträger eine partiell planwidrige Errichtung der Wohnungseigentumsanlage vereinbart, ist weder mittelbarer Handlungs- störer noch Zustandsstörer. ! Weiterführende Informationen: Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft 637548 Bauliche Veränderung: Grundsätze 636256 Durchführung beschlossener Sanierungs- maßnahmen erst, wenn auch Finanzierung gesichert ist (LG Hamburg, Beschluss v. 15.2.2018, 318 S 76/16) Dem Verwalter ist keine Pflichtverletzung zum Vorwurf zu machen, wenn er zunächst einen Beschluss über eine größere Sanierungsmaß- nahme nicht durchführt, weil die Finanzierung dieser Maßnahme nicht gesichert ist. ! Weiterführende Informationen: Beschluss 636307 Jeder Verwalter sollte sich für jede von ihm verwaltete Wohnungseigentumsan- lage mit den dort getroffenen Vereinba- rungen zur Versammlung befassen. Eine Vereinbarung kann u. a. regeln, wann ein- zuberufen ist, auf welche Art und Weise einzuberufen ist, wer Vertreter sein darf. Jeder Verwalter muss wissen, dass eine Vertreterklausel im Einzelfall auszulegen ist. Mit den „gängigsten“ Fällen und ih- rer Lösung durch die aktuelle Rechtspre- chung sollte er sich vertraut machen. Jeder Verwalter sollte sich und seine Mit- arbeiter regelmäßig in Bezug auf die auf eine Versammlung einzuhaltenden For- malien schulen und die aktuelle Recht- sprechung beobachten, ob sich nachhal- tige Veränderungen zeigen. ■ ■ ■ Nicht allen Wohnungseigentümern dürf- te eine solche Vollmachtsklausel stets bewusst sein. Der vorsorgliche Verwalter sollte daher auf den Umstand, dass es einer schriftlichen Vollmacht bedarf, die ihm auszuhändigen ist, mit der Ladung hinweisen. In der Regel werden ihm die Wohnungseigentümer dieses Vorgehen danken. Jedenfalls aber kann sich kein Wohnungseigentümer überrascht zeigen. HINWEIS: Ein Verstoß gegen eine Vertretungsbeschrän- kung ist letztlich bedeutungslos, wenn die Stimmabgabe eines bevollmächtigten, indes einer Vertreterklausel nicht unterfallenden Vertreters, nicht beanstandet wird. HINWEIS:
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==