Verwalterbrief 11/2019
3. Organisation einer Erhaltungsmaßnahme Die Entscheidung verschärft im Ergebnis die Pflichten des Verwalters. Denn noch mehr als bisher muss er dafür Sorge tragen, dass das gemeinschaftliche Eigentum durch alle Woh- nungseigentümer erhalten wird. Dabei ist im Überblick grob Folgendes zu beachten: Der Verwalter muss den Wohnungseigen- tümern in einer Versammlung über Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums berich- ten. Das können Mängel sein, die er selbst bei der Begehung der Wohnungseigentums- anlage wahrgenommen hat. Das können aber auch solche Mängel sein, auf die ein Wohnungseigentümer oder ein Mieter den Verwalter hingewiesen haben. Den Wohnungseigentümern ist dann auf- grund von aktuellen Angeboten und gege- benenfalls nach vorheriger Einholung eines Gutachtens, welche Mängel vorliegen und wie diesen entgegenzutreten ist, ein Vor- schlag zu unterbreiten, mit welchen finan- ziellen Mitteln, zu welchem Zeitpunkt und auf welche Art und Weise dem Missstand entgegengetreten werden kann. Kommt – in der Regel nach mehreren Ver- sammlungen – dann ein Beschluss zustande, muss ihn der Verwalter zeitnah ausführen. Kommt kein Beschluss zustande, wird ein Wohnungseigentümer gegebenenfalls ge- gen den „Negativbeschluss“ eine Anfech- tungsklage erheben müssen und zugleich im Wege der Beschlussersetzungsklage versu- chen müssen, das Gewollte durch Ausübung richterlichen Ermessens zu erzwingen. 4. Verständnis einer Vereinbarung Die Vereinbarung im Fall ist im Übrigen auch insofern für Verwalter von einem besonderen Interesse, weil sie ein „Zwitter“ ist. Denn es handelt sich zum einen um eine Umlageverein- barung. Diese Vereinbarung ist ein vom Gesetz abweichender Umlageschlüssel. Er ordnet an, dass die Kosten für eine Instandsetzung oder Instandhaltung oder die Kosten für beides nicht alle Wohnungseigentümer tragen sollen, son- dern nur ein bestimmter Wohnungseigentümer oder bestimmte Wohnungseigentümer, z. B. solche, deren Sondereigentum in einem Haus einer Mehrhausanlage liegt. Zum anderen wird durch die Vereinbarung aber auch bestimmt, wen die „Instandhaltungslast“ trifft. Damit ■ ■ ■ ■ meint man die Frage, welcher im gemein- schaftlichen Eigentum stehende Bauteil, wann, auf welche Art und Weise von wem und mit welchen Mitteln repariert wird. Diese Vereinba- rung weicht von der Regel ab, dass grundsätz- lich alle Wohnungseigentümer die Antworten auf die entsprechenden Fragen geben müssen. 5. Verhaltensempfehlungen an Verwalter WEG-Rechtsprechung kompakt Kosten einer Veräußerungszustimmung können verursacherbezogen in der Jahres- einzelabrechnung umgelegt werden (LG Berlin, Urteil v. 23.1.2018, 55 S 162/17 WEG) Die Wohnungseigentümer können auf Grund- lage der Bestimmung des § 21 Abs. 7 WEG www.haufe.de/immobilien 11 Deckert/Elzer kompakt durch die Gemeinschaft der Wohnungs- eigentümer ein Ersatz geleistet wird und in welcher Höhe. Ist der Notgeschäftsführer mit diesem Ergebnis nicht zufrieden, muss er die Gemeinschaft der Wohnungseigen- tümer auf Zahlung verklagen. grundsätzlich beschließen, dass eine Belas- tung mit den Kosten einer vereinbarten Ver- äußerungszustimmung verursacherbezogen auch im Rahmen der Jahreseinzelabrechnung der betreffenden Sondereigentumseinheit er- folgen kann. Dass der neue Wohnungseigen- tümer diese Kosten ggf. als Bestandteil der Abrechnungsspitze zu tragen hat, steht dem nicht entgegen. ! Weiterführende Informationen: Veräußerungszustimmung 637319 Orga-Beschluss 636947 Bei fehlender Prozessführungsbefugnis können Verfahrenskosten Verwalter und Rechtsanwalt auferlegt werden (AG Berlin-Mitte, Beschluss v. 28.5.2018, 26 C 13/18) Anders als bei Passivprozessen besteht bei Aktivprozessen keine gesetzliche Vertretungs- macht des Verwalters zur Prozessführung. Der Verwalter kann demgemäß nicht kraft Geset- zes Ansprüche der Gemeinschaft gerichtlich geltend machen. Wird der Verwaltungsbeirat mit dem Abschluss des Verwaltervertrags na- mens der Eigentümergemeinschaft beauftragt, muss den Wohnungseigentümern entweder bekannt sein, dass der Verwalter nach dem Inhalt des Vertrags auch zum Führen von Ak- tivverfahren für die Gemeinschaft ermächtigt ist oder sie müssen dem Verwaltungsbeirat im Delegationsbeschluss ausdrücklich die Ermäch- tigung zur entsprechenden Vertragsgestaltung erteilen. Bei einer fehlenden wirksamen Be- vollmächtigung sind die Prozesskosten grund- sätzlich dem aufzuerlegen, der den nutzlosen Verfahrensaufwand veranlasst hat. ! Weiterführende Informationen: Prozessführungsbefugnis 636985 Verwaltervertrag 637468 Psychotherapeutische Praxis ist in einer kleinen Wohnanlage unzulässig (LG Frankfurt/Main, Urteil v. 15.3.2018, 2-13 S 36/17) Sieht die Teilungserklärung nur eine Wohn- nutzung vor, ist im Regelfall eine psychothe- rapeutische Praxis in einem kleinen Objekt unzulässig. ! Weiterführende Informationen: Teilungserklärung 637212 Nutzungsarten der Wohnung 636933 Nutzungsbeschränkungen 636934 Ruht die Instandhaltungslast auf allen Woh- nungseigentümern, kann sie nach h. M. nicht aufgrund einer Öffnungsklausel dauer- haft auf einen Wohnungseigentümer über- tragen werden. Für die Erhaltungskosten könnte nichts anderes gelten. HINWEIS: Jeder Verwalter sollte sich für jede von ihm verwaltete Wohnungseigentumsan- lage mit den dort getroffenen Vereinba- rungen zum Sondereigentum befassen und klären, wie diese zu verstehen sind. Kommt ein Verwalter zu dem Schluss, dass eine Umlagevereinbarung wegen Unklarheit unwirksam ist, sollte er die- sen Schluss den Wohnungseigentümern mitteilen und um eine Weisung bitten, wie er die Vereinbarung umsetzen soll. Jeder Verwalter muss wissen, dass nach einer Vereinbarung die Instandhaltungs- last einen einzelnen Wohnungseigen- tümer treffen kann. Liegt es so, ist es grundsätzlich allein an diesem Woh- nungseigentümer, das entsprechende Bauteil zu „verwalten“. Kommt der Woh- nungseigentümer dieser Pflicht nicht nach, kann er jedenfalls zu einem „Tun“ verklagt werden. Unklar ist hingegen, ob es eine Art „Rückholkompetenz“ gibt und die Wohnungseigentümer beschlie- ßen könnten, die Verwaltung eines Bau- teils wieder selbst zu übernehmen. Ein solcher Beschluss könnte vereinbarungs- widrig sein, im Einzelfall sogar nichtig. ■ ■ ■
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